Oberursel (HB). Es zischt und pfeifft nicht mehr. Es riecht nicht mehr nach Kohle, und der Rauch hat sich verzogen. Am vergangenen Sonntag sind Loks und Waggons zum vorerst letzten Male an der Mainstraße auf Strecke gegangen. Der Dampfbahnclub (DBC) Taunus dampfte in die Winterpause ab. Im April wird er wieder andampfen, zeigt sich davor aber beim Weihnachtsmarkt im Kleinformat auf dem Epinay-Platz.
Auf dem Vereinsgelände neben der Hans-Thoma-Schule herrschte ein Gewusel wie beim Samstag-Shopping in der Vorstadt. Innerhalb von sieben Stunden gingen knapp 250 Züge auf den 1500 Meter langen Kurs, und deren gut 50 Plätze waren meist voll besetzt.Der Spaßfaktor, das hat Vereinsvorsitzender Andreas Kahlert in den Gesichtern beobachtet, war bei Jung und Alt gleich groß. Am Familienausflug zu den Miniatureisenbahnen an diesem goldenen Oktobertag haben sich knapp 1000 Besucher beteiligt. Die Fahrt kostete einen Euro, die Würstchen waren Spitze, Brötchen und Kuchen schon lange vor Veranstaltungsschluss ausverkauft.
Für zwei Dutzend von insgesamt 64 Vereinsmitgliedern begann der Sonntag bereits um 8 Uhr mit dem Anheizen. Zwei Stunden später dampften drei Züge ab, die vor die wahren Raritäten unter den Miniloks gespannt waren. Zum Beispiel der Westernzug „Mogul,“, den Kahlert mit Vorstandskollegen in England für eine stattliche fünfstellige Summe erworben hat. Das Orginal fuhr einstmals durch den mittleren Westen der Vereinigten Staaten. Auf die maximal 18,2 Zentimeter schmale Spur wurde zudem der französische Couille gesetzt, und den Transport der Fans übernahm auch die V 200, eine im regionalen Bahnbetrieb eingesetzte Diesellok, gebaut von dem verstorbenen Vereinsmitglied Günter Schott. Auf dem 6600 Quadratmeter großen Terrain hat der abwechslungsreiche Kurs die Form einer Acht, schließt einen Tunnel und einen Hohlweg ein.
Nunmehr werden die Lokomotiven „eingewintert“, wie Vorsitzender Kahlert die Konservierung der Fahrzeuge nennt, die nicht im Lokschuppen eingelagert, sondern von Vereinsmitgliedern in der häuslichen Garage abgestellt werden. Das „Winterfest-Machen“ beschließt eine Saison, in der die DBC-ler ihr Gelände jeden zweiten Sonntag für das Publikum geöffnet hatten und an diesen Tagen 4000 Gäste begrüßen konnten. Im kommenden Jahr kann sich Andreas Kahlert den einen oder anderen zusätzlichen „Schnuppertag“ vorstellen, und überdies soll die Suche nach Sponsoren auf der Agenda stehen. Auf diese Weise soll ein Rollstuhlwagen für die Zugfahrt von Besuchern mit Behinderung finanziert werden.
Doch bereits im Oktober wird das ehrgeizigste Vereinsprojekt in Angriff genommen. Die ebenso handwerklich wie technisch versierten Mitglieder werden einen Bahnhof mit einer Grundfläche von 120 Quadratmetern mit Fachwerkfassade in Eigenleistung bauen, der einem real existierenden DB-Bahnhof nachempfunden wird. In dem Funktionsgebäude werden Toiletten, Küche und Kassenschalter untergebracht. Wenn es gut läuft, dann wird beim Maifest im kommenden Jahr die Vollendung gefeiert.