Anschwimmen bei 18 Grad im Wasser

Der Sprung ins kalte Wasser zur Freibad-Saisoneröffnung: Mit Entschlossenheit und Eleganz stürzt sich ein Marktplatzbewohner als einer der ersten Badegäste im Außenbereich des Taunabads vom Dreier in das kühle Nass. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Die ersten Frühschwimmer treffen schon um kurz nach acht Uhr vor dem Taunabad ein. Tradition verpflichtet eben, mag es auch noch so frisch draußen sein. Sieben Grad Außentemperatur zeigt das Thermometer am Morgen des „Vatertags“, den die Stadtwerke als Eröffnungstag der Freiluftsaison auserkoren haben. Zum Glück kommt die Sonne schon ein bisschen raus. Hilft aber kaum beim Sprung in die blauen Fluten, es ist „arschkalt“, wie der Orscheler sagt. Ohne Neopren-Anzug jedenfalls, das ist der Dresscode bei den Härtefällen unter den Frühschwimmern.

Steffen Czwiklinski verspricht 20 Grad Wassertemperatur, das stimmt aber nur für die Stelle im großen Becken, wo das auf jene 20 Grad aufgeheizte Wasser einströmt. „Gegen die Kälte der Nacht können wir nicht ankämpfen“, räumt Czwiklinski ein. Durch die kalte Luft und dann im großen Becken kühlt das Wasser schnell ab, auf ehrliche 18 und gefühlte 16 Grad. „Da muss man durch“, sagt der gestählte Schwimmer in seinen 60ern, die anderen am Beckenrand nicken still.

Steffen Czwiklinski ist der neue Mann auf der Kommandobrücke im Taunabad, draußen wie drinnen. Seit Anfang des Jahres ist der ausgebildete Meister für Bäderbetriebe und im Betriebsmanagement versierte 36-Jährige Nachfolger von Frank Achtzehn im beliebten Bad an der Altkönigstraße. Kam von der Bodensee-Therme in Konstanz in den Taunus, sieht noch „riesiges Potenzial“ in seinem neuen Arbeitsrevier. Noch fehle ja die Sauna im Obergeschoss des Hallenbereichs, die aus Geldmangel beim Bau 2014 erstmal auf Eis gelegt wurde. Die nächste Baustelle wird das Kinderbecken im oberen Bereich sein, da wird es um mehr als eine Million Euro gehen. Aber nicht dieses Jahr, das Kleinkinder-Eldorado bleibt während der gesamten Saison 2023 geschlossen und von einem Zaun umgeben. Planen verhindern jegliche Sichtbeziehung vom Becken aus. Aus „technischen und hygienischen Gründen“ wird es hier einen Neustart geben, heißt es bei den Stadtwerken. Der Neubau verzögere sich, weil noch weitere Gutachten zu Lärmbelästigung und Bodenqualität gefordert sind. Wenn gebaut werden kann, muss der benachbarte Spielplatz für den Bauverkehr gesperrt werden. „Das will man vermeiden“, so Czwiklinski, deswegen keine Neueröffnung zum Kinderplanschen vor der Saison 2024.

Beim Anschwimmen sind keine Kinder dabei, schon gar nicht Planschkinder. Die sind alle in der Halle, der Raum für Warmduscher und Warmbader ist ziemlich gut gefüllt am Feiertag Christi Himmelfahrt. Draußen wird kalt geduscht und kalt gebadet. Auf den Bänken am Beckenrand sitzen die Stammgäste, die immer kommen, natürlich auf der Bank, auf der sie immer sitzen. Man kennt sich, man grüßt sich, auch wenn man den Namen des Gegenüber meist nicht kennt. „Schwimmbäder sind immer mit Emotionen verbunden“, weiß „Bademeister“ Czwiklinski. Mit Emotionen und manchmal auch seltsamen Angewohnheiten, die aber mit Respekt geachtet werden. Bei einem Marktplatz-Bewohner gehört der abschließende Sprung vom „Dreier“ zum Ritual. Dafür öffnet das Sicherheitspersonal gerne den Mini-Sprungturm, auch wenn Herr vom Marktplatz den Kopfsprung bei der Saisonpremiere noch auslässt.

Im Bad ist alles bereitet für den Ansturm der Badegäste. Die Beckenwände geschrubbt und neu abgedichtet, offene Fugen geschlossen, damit nicht so viel Wasser unnötig abfließt, die Wege rund ums integrierte Becken mit Nichtschwimmer, „Dreier“ und „Einer“ vom Unkraut befreit, der Rasen gemäht, die Beachvolleyball-Plätze vorbereitet. Hinten, Richtung Duschen und Toiletten, sind Diana Schmidt und ihre Schwester Wendy Bellaid am Eröffnungstag mit der Vorbereitung der „Bluebox“ beschäftigt. Sie wurde im vergangenen Sommer eingeführt, ein kleiner „Beach-Club“ zum Chillen in Liegestühlen im extra davor aufgeschütteten Sand. Liegestühle für den gesamten Außenbereich wird es wohl weiterhin zum Nulltarif geben, auch wenn Steffen Czwiklinski, sein Kollege Leon aus Wehrheim und die anderen Kollegen es nicht so prickelnd finden, dass sie abends meist die Liegestühle wieder einsammeln müssen. Da wünscht man sich beim Personal ein wenig mehr Aufmerksamkeit und Mithilfe der Badegäste, die den besonderen Service nutzen. Zumal die Eintrittspreise stabil sind.

!Erwachsene zahlen sechs Euro, mit Ermäßigung oder für die Kurzzeitkarte vier Euro, Kinder drei Euro. Familien zahlen bei der „Kombikarte“ 1,50 Euro pro Kind. Das Freibad ist montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr geöffnet, am Wochenende und an Feiertagen von 8 bis 18 Uhr. Die Schwimmhalle ist dienstags bis freitags von 11 bis 21 Uhr und am Wochenende von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Ab Juni sind Freibad und Schwimmhalle am Wochenende von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Beim Kauf von Tickets an der Kasse sind die Öffnungszeiten der Information ab 11 Uhr zu beachten. Weitere Informationen im Internet unter www.stadtwerke-oberursel.de.

Weitere Artikelbilder



X