Oberursel. Die erste Bürgermeisterin in der Geschichte der Stadt, Antje Runge, ist offiziell in ihr Amt eingeführt. Kurz und knapp der offizielle Akt im Stadtparlament, erledigt in ein paar Minuten. Verpflichtung per Handschlag durch Parlamentsvorsteher Lothar Köhler, Überreichung der Ernennungsurkunde durch Noch-Bürgermeister Hans-Georg Brum), staatstragend der Amtseid, den Antje Runge mit zum Schwur erhobener Hand sprach. „Ich bin gerührt, freue mich auf gute, respektvolle, konstruktive Zusammenarbeit“, so die 51-jährige neue Rathauschefin unter Beifall.
Die eigentliche Geschichte der Amtseinführung wurde etwa eine Stunde später beim Empfang mit Publikum in der schnell ein wenig umgeräumten Stadthalle geschrieben. Für die Ewigkeit festgehalten in Ton und Bild durch einen Live-Stream in den sozialen Medien, damit möglichst viele Menschen daran teilnehmen konnten. Festgehalten und damit immer wieder überprüfbar die Antrittsrede und die darin definierten Zielsetzungen, Versprechungen und politischen Leitmotive, die Antje Runge nicht nur für die Politik, sondern für die Gesamtgesellschaft formuliert hat, so diese denn bereit sei, mit der Politik zusammenzuarbeiten. Und Runges Leitmotiv „Mit mir regiert das Wir“ als Versprechen und Einladung zum „Einmischen, Mitmachen, Entscheiden“ zu verstehen und anzunehmen.
Festgehalten auch die Stimmung während der knapp halbstündigen Grundsatzrede der Sozialdemokratin, der starke Zwischenbeifall bei vielen Themen, der vielen Beobachtern mehr zu sein schien als höfliche Geste. Festgehalten der am Ende stehende Applaus für die erste Frau an der Spitze der Verwaltung und erste Repräsentantin der Stadt. Er klang wie ein Bekenntnis zu der vorgegebenen Richtung und deutete Bereitschaft und Verpflichtung an, sich mit auf den Weg machen zu wollen. Sie schätze das offene Wort, neue Ideen, respektvolle politische Diskussion, frei von Ideologien, um das Beste zu erreichen, hatte die neue Rathauschefin zuvor gesagt und immer wieder Gemeinsamkeit eingefordert. Bei den wichtigen Themen wie Klimaschutz, Wohnungsbau und Wirtschaftsstandort Oberursel sei „keine Zeit für parteipolitisches Geplänkel“. Gemeinsamer Beifall, auch von handelnden Akteuren in der Stadt, die dann vielleicht ein bisschen an ihrer Denkrichtung feilen müssen.
Unter den rund 250 Gästen örtliche und überörtliche Politik-Prominenz, Vertreter von Handel und Handwerk, Kunst und Kultur, Vereinspräsidenten und Frauen und Männer unterschiedlichster Organisationen und Gruppierungen, Kirchenleute und Vertreter der Schule, eine bunte Mischung Menschen, die alle etwas von der Aufbruchstimmung mitnahmen, die Antje Runge durchaus auch einfordern will. Menschen, die sie brauchen wird, um ihre Vorstellungen vom Oberursel der näheren Zukunft zu verwirklichen, die sie in einer spannenden, kämpferischen, bisweilen flammenden Rede formulierte. Soziale Gerechtigkeit, nachhaltig denkende Stadtgesellschaft, Wohnungspolitik mit Raum für Wohnungsgenossenschaften, bezahlbaren Wohnraum und innovative Wohnkonzepte, die „der Markt allein nicht lösen werde“, konsequente ganzheitliche Digitalisierungsstrategie und eine Wirtschaftsförderung, die eindeutig „Chefinnensache“ sein werde. Runge: „Wir müssen Innenstadt mehr als Ganzes denken.“ Und vor allem ein „starkes überparteiliches Klimanetzwerk bilden.“
Die Augen Hessens werden sich bei all diesen Bemühungen auf Oberursel richten, sagte der Direktor des Hessischen Städtetages, Jürgen Dieter, in seiner Glückwunschrede. Denn ab Mitte Dezember, wenn die Aktuelle Gießener Oberbürgermeisterin aus dem Amt scheide, sei Oberursel, diese „schöne, bunte, bedeutende Stadt“, die größte Stadt in Hessen mit einer Bürgermeisterin an der Spitze. „Mit Demut und stolz trete ich das Amt an“, sagte Antje Runge. „Es ist mir eine große Ehre, Oberursel dienen zu dürfen.“
