Oberursel (bg). Im nächsten Jahr stehen Europa-Wahlen an. „Was machen die eigentlich in Europa?“ Das wird oft skeptisch gefragt. Wer einen Blick hinter die Kulissen werfen und sich näher informieren wollte, hatte dazu bei einer Fahrt nach Brüssel Ende Oktober beste Gelegenheit. Organisiert wurde dies von der Europa-Union Hochtaunus. Bereits im April hatte die Vorsitzende, Hildegard Klar, eine Gruppenreise nach Straßburg durchgeführt, die auf großes Interesse gestoßen war.
Jetzt stand ein dreitägiger Ausflug nach Brüssel auf dem Programm.
Während der Fahrt berichtete Klär von den Anfängen der Europa-Union: Sie wurde 1946 in der Schweiz – genauer in Hertenstein am Vierwaldstädter See – gegründet. Nach dem 2. Weltkrieg setzten sich junge Menschen in ganz Europa für eine Welt ohne Krieg und Hass ein und träumten von einem vereinten Europa, ohne Grenzen.
Das Interesse an dem Thema war groß, der Reisebus der sich aus dem Taunus auf den Weg in die belgische Hauptstadt machte, war rappevoll. Dort tagte zeitgleich der Europäische Rat. Immer wieder rasten von Eskorten begleitete Warenkolonnen durch die Straßen, als der Bus das Europa-Viertel ansteuerte.
Im Europäischen Parlament (EP) stand Udo Bullmann, der aus Gießen stammt, der Gruppe Rede und Antwort. Der langjährige Europa-Abgeordnete ist Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte. Er berichtete engagiert von seiner schwierigen Arbeit in diesen schlimmen Zeiten. „Menschenrechte bleiben in jeder kriegerischen Auseinandersetzung auf der Strecke“, stellte er fest, aber die Terroristen und Kriegsverbrecher dürften nicht davonkommen. Die hessische Landesregierung unterhält in Brüssel eine Landesvertretung. Dort wurde die Gruppe am zweiten Tag willkommen geheißen und ausführlich über die Arbeitsweise des EP informiert. Zudem gab es interessante Einblicke, welche Einflüsse es dabei auch auf Hessen hat. Alle fünf Jahre sind die rund 446 Millionen EU-Bürger zur Wahl des EP aufgerufen, dem derzeit 705 Abgeordnete aus den 27 Mitgliedstaaten angehören. Deutschland stellt 96 Parlamentarier, davon kommen sieben aus Hessen.
Neben Überregulierung geistert auch die Vorstellung vom „Bürokratie-Monster EU“ noch in so manchen Köpfen. Die Gruppe erfuhr: Für die Europäische Kommission arbeiten 32 000 Menschen – im Münchner Rathaus gibt es 40 000 Mitarbeiter.
Bei dieser Reise kam auch die Kultur nicht zu kurz. Ein Highlight war die Führung durch das Margritte Museum. Das zu den Musées des Beau-Arts gehörige Haus besitzt mit 230 Werken die weltweit größte Sammlung des belgischen Surrealisten. Und natürlich blieb auch noch Zeit für einen kleinen Bummel rund um den beeindruckenden Grand-Place im Herzen Brüssels und die historische Einkaufspassage, die 213 Meter langen „Galeries Royales St.-Hubert“.
Auf der Heimreise gab es noch einen Zwischenstopp kurz vor der Grenze in Eupen. Die Stadt in Ostbelgien ist der Regierungssitzung der „Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens“. Bis 1918 gehörte diese Region zum Deutschen Kaiserreich. Beim Besuch des Heimatmuseums erfuhr die Gruppe viel über die wechselvolle Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner, die vor mehr als 200 Jahren durch die Tuchherstellung eine große wirtschaftliche Blüte erlebt hatten.