Ein festliches Neujahrskonzert

Sopranistin Jennifer Zein und Dirigent Witolf Werner verzaubern das Publikum beim Neujahrskonzert in der Stadthalle.Foto: bg

Oberursel (bg). Beschwingt ins neue Jahr starten mit Musik von Johann Strauß – mit seligen Walzerklängen, flotten Polkas und Märschen, das kommt gut an, weltweit und auch in Oberursel. Zur Einstimmung auf das bevorstehende Konzertereignis in der Stadthalle konnte man sich am Neujahrstag schon mal die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Christian Thielemann anhören. Das festliche Neujahrskonzert aus dem berühmten goldenen Saal des Wiener Musikvereins wurde weltweit in gut 90 Länder übertragen und von mehr als 40 Millionen TV-Zuschauern verfolgt.

Beim ersten musikalischen Höhepunkt im Jahr gab sich Orschels Stadtgesellschaft ein erstes Stelldichein. Sehen und gesehen werden und gemeinsam am Glas Sekt nippen, welch schöner Start in das neue Jahr; auch wenn durch Corona und andere Erkältungskrankheiten diesmal nicht alle Plätze besetzt waren.

2000 hatte der KSfO zum ersten Mal das Johann-Strauß-Orchester Frankfurt in die Stadthalle nach Oberursel eingeladen, damals noch mit dem legendären Günter Gräf an der Spitze, der den Klangkörper ins Leben gerufen hatte. Seit 2018 steht das Orchester unter der Leitung von Witolf Werner, der auch locker und charmant durch das Programm führte.

Er begrüßte die zahlreichen Ehrengäste und vermisste vor allem die Brunnenkönigin Felicitas I, die krankheitsbedingt fehlte. Aber noch schlimmer für ihn und die Musiker war die plötzliche Erkrankung der Sängerin. Erst einen Tag vor dem Konzert konnte Ersatz für Maren Schwier gefunden werden. Die bezaubernde Sopranistin Jennifer Zein sprang ein und reiste aus Berlin an. In Windeseile sich auf ein unbekanntes Programm vorzubereiten, ist eine große Herausforderung, die sie mit Bravour bewältigte und das Publikum im Sturm eroberte.

Das Konzert im taufrischen Jahr 2024 stand unter dem Motto „Von der Donau bis zur Spree – O Musi wie bist du so schee“ und das traf den Nagel auf den Kopf. Das Programm umfasste beliebte Werke aus der goldenen Wiener Operetten-Ära bis zu schmissigen Berliner Operettenmelodien aus der Feder von Paul Lincke, Eduard Künneke oder Theo Mackeben. Das Johann-Strauß-Orchester Frankfurt, die Herren alle im Frack und die Damen in festlicher Abendgarderobe, präsentierte sich gut aufgelegt und spielfreudig. Und im Programm gab es viel Neues zu hören, das gut gefiel.

Unter der souveränen Stabführung von Witolf Werner startete das Konzert mit der – warum auch immer – selten gespielten Ouvertüre von „Pique Dame“. Dabei stellte das Orchester seine Qualität und seine Vielseitigkeit eindrücklich unter Beweis. Das anspruchsvolle und vielseitige Stück gefiel durch einen dramatischen Auftakt, zarte Streicherklänge, schwungvolle Sequenzen und rasante Tempi zum Schluss. Durch die „Champagner-Polka“ von Johann Strauß nahm der Klangkörper das Publikum mit auf eine musikalische Zeitreise zurück in die Welt des 19. Jahrhunderts nach Wien. In die Heimat des Walzerkönigs und rauschender Bälle, wo der Champagner in Strömen floss. Dabei tanzte die Melodie über die Noten so wie die perlenden Blasen im Champagner-Glas. Die Polka kam gut an, ebenso der Walzer „Loreley-Rhein-Klänge“.

Musik verbindet die Menschen weltweit, sie ist international. Den Tenor Agustin Sanchez führte sie von Mexiko, wo er geboren wurde, bis zum Staatstheater Mainz. Dort gehört er zum festen Opernensemble des Hauses. Lasst Blumen sprechen, welche Frau freut sich nicht über „dunkelrote Rosen“. Selten wurde das zu Herz gehende Lied aus Carl Millöckers „Gasparone“ so schön dargeboten wie durch die schmelzende Stimme von Agustin Sanchez.

Jennifer Zein glänzte gleich bei ihrem ersten Auftritt durch die Tarantella „Anzoletto und Estrella“, ebenfalls aus der Operette „Gasparone“. Die deutsch-amerikanische Sopranistin ist musikalisch in der ganzen Welt zu Hause und eroberte das Oberurseler Publikum im Nu. Aus der Operette „Land des Lächelns“ von Franz Lehar erklang sehnsuchtsvoll und mit glockenklarer Stimme von ihr „Ich möcht‘ wieder einmal die Heimat seh’n“.

„Immer nur lächeln“ – und immer vergnügt, denn wie’s da drinnen aussieht, geht niemand was an – ergreifend wie diese innere Auseinandersetzung musikalisch von Agustin Sanchez in Szene gesetzt wurde. Dafür gab es besonders viel Applaus. Ebenso wie beim Duett der beiden Solisten, die beim Lied „Im Boudoir der schönsten Frau“ aus der „Zirkusprinzessin von Emmerich Kalman hervorragend harmonierten.

Für Freude sorgte das gut eingespielte Orchester gleich nach der Pause durch die flotte Ouvertüre von „Frau Luna“. Die berühmte Operette mit den vielen Ohrwürmern wie „Schlösser die im Monde liegen“ oder „Lass den Kopf nicht hängen“ aus der Feder von Paul Lincke feierte 1899 im Apollo-Theater ihre Uraufführung und wurde 2019 auch in Oberursel aufgeführt. Meisterlich spielte das Orchester bei dem rasanten Medley mit den schönsten Melodien aus der „Maske in Blau“ von Fred Raymond auf. Darunter die „Julischka aus Budapest“, „Am Rio Negro“ „Frühling in San Remo“ oder „Ja das Temperament“. Und erst recht bei dem Walzer von Paul Lincke „O Frühling, wie bist du so schön“. Gefühlt wünschten ihn sich wohl alle im Saal herbei.

Im zweiten Teil befand Witolf Werner, das neue Jahr habe alle Chancen, ein Gutes zu werden, und warb um mehr Gelassenheit und Optimismus. Er erinnerte außer dem 200. Geburtstag von Anton Bruckner und dem 100. Geburtstag Puccinis auch an sportliche Termine wie die Handball-EM oder die Olympischen Sommerspiele in Paris.

Agustin Sanchez bewies einmal mehr seine formidable Sprachkunst bei der zungenbrecherischen Arie „Am Manzanares“ aus „Clivia“. Jennifer Zein bekannte überzeugend „Ich bin verliebt“ aus der gleichnamigen Operette von Nico Dostal. Dafür gab es stürmischen Beifall und Bravo-Rufe. Das viel umjubelte Gesangspaar verabschiedete sich mit dem herrlichen Duett „Die Wahrheit liegt im Wein“.

Das Orchester spielte zum Schluss noch die flotte „Tritsch-Tratsch-Polka“ und kam nach dem begeisterten Applaus des ganzen Hauses ohne den traditionellen „Radetzkymarsch“ als Zugabe nicht von der Bühne.

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