Gemeinsam zu musizieren, das ist einfach wunderbar

Musizierten gemeinsam: zwei Chöre, dirigiert von Anja Stahl, und das „Fehlgriff Orchester“ unter Pit Weigand in der Kirche St. Sebastian in Stierstadt. Fotos: bg

Oberursel (bg). Das neue Format „Gospel meets Big Band“ stieß auf großes Interesse. Die katholische Kirche St. Sebastian im Herzen von Stierstadt war sehr gut gefüllt. Fans des „Fehlgriff-Orchester“ das auch im Orscheler Sommer zu hören war, und des jungen Chors Liebfrauen hatten sich auf den Weg gemacht. Big Band Sound und Gospelmusik – ob das passt? Dieses Zusammentreffen wollten sie alle miterleben, der Eintritt war frei, aber Spenden ausdrücklich erlaubt und willkommen, um die Kosten einzuspielen.

Experimentelle Wege, dafür steht der Junge Chor Liebfrauen, der sich gerne mit neueren Kompositionen aus dem großen Fundus der Kirchenmusik beschäftigt und sich mit seinen Auftritten in Oberursel einen Namen gemacht hat. Gospels und Spirituals gehörten bisher nicht zu seinem Programm. Unter der Leitung von Anja Stahl wagten sich die Sänger jetzt auf das neue Terrain. Unterstützt wurden sie dabei von dem Pop- und Gospelchor „Rejoice“ aus Neu-Isenburg, angeführt von Nyka Foidl. In einem Ortsteil von Neu-Isenburg, Gravenbruch, wurde das Konzert von den Musikern ein zweites Mal aufgeführt.

Gospelmusik – das war wirklich eine große Herausforderung für den Liebfrauen-Chor, der einmal etwas Anderes ausprobieren wollte. Gospel kommen gerne mit einer gewissen Leichtigkeit daher, aber das ist schwieriger als gedacht. Sie stecken voller Emotionen, Bewegung und vermitteln ein ganz neues Lebensgefühl. Die religiösen Texte erzählen von der Beziehung, dem Hoffen und Vertrauen auf Gott und reißen mit ihrem Rhythmus, dem Drive und Swing die Zuhörer einfach mit. Wenn klassische Chorsänger sich an Gospel heranwagen, müssen sie einen Schalter umlegen. Vieles ist erlaubt, was sonst nicht üblich ist, Bewegung, Mitswingen ist angesagt, und Noten werden am besten weggelassen. Die Geschwindigkeit mancher Songs ist atemberaubend, ruhigere Passagen müssen sängerisch ausdruckstark gestaltet werden und haben ebenfalls ihre Tücken.

Ein toller Mix

Das Programm bot einen guten Mix von Chorauftritten und Instrumentalstücken der legendären Oberurseler Big Band unter der Leitung von Pit Weigand. Sie ist inzwischen in die Jahre gekommen, hat sich aber musikalisch zu einem erstklassigen Klangkörper mit Top-Solisten entwickelt und begeistert immer wieder mit ihrem groovigen Sound. Dabei wurde das „Fehlgriff-Orchester“ mit Augenzwinkern und sich selbst auf die Schippe nehmend als „Faschings-Gag“ mal eben so aus der Taufe gehoben. Vor über 30 Jahren plante der Verein „Kunstgriff“ eine etwas andere, alternative Faschingssitzung, und das ging natürlich nicht ohne Musik. Die originelle Sitzung fand damals im Haus Bommersheim statt, und die bunten zusammengewürfelten Musiker sorgten für schräge Unterhaltung und einige „Fehlgriffe“, aber inzwischen ist die Big Band ein Aushängeschild für Oberursel.

Gemeinsam zu musizieren ist wunderbar, so die einhellige Meinung aller Mitwirkenden. Nach dem ersten starken Auftritt der Big Band mit „DeFunk Motel“ zu Beginn, starteten die zwei Chöre, dirigiert von Anja Stahl mit dem Gospel „He Reigns“ aus der Feder von Kirk Franklin noch etwas verhalten. Das Werk des erfolgreichen amerikanischen Gospelmusikers besticht durch seine Vielfalt und reicht von ruhigeren Balladen bis hin zu Latein- und Salsamusik.

Stephan Lenz vom Jungen Chor Liebfrauen glänzte als Solist bei „Gonna Be A Lovely Day“, ebenfalls von Kirk Franklin. Und die Männer beider Chöre setzten sich hervorragend in Szene, ebenso wie die Solistin Silvia Clöer vom Jungen Chor Liebfrauen bei dem Gospel „Born Again“. Die Musik stammt von dem Norweger Tore W Aas, dem berühmten Gründer und Leiter des Oslo Gospel Chors. Er schrieb viele Gospels für seinen Chor, meist mit englischem Text, manche auch auf Norwegisch, die inzwischen auch Eingang in das neue Gesangbuch der norwegischen Kirche gefunden haben. Für Gospelchöre bietet sein umfangreiches Werk einen großen Fundus an Ohrwürmern und bewegenden Songs.

Im Verlauf des Konzerts klatschte sich das Publikum langsam warm. Besonderer Beifall und Bravo-Rufe gab es für das „Fehlgriff-Orchester“ beim groovigen „The Chicken“. Ein Titel mit starken Soli für Posaune, Saxophon und Trompete, hier überzeugte Katja Freitag. Gegen Ende des Konzerts näherten sich Stimmung und Begeisterung in der Kirche dem Höhepunkt. Viel Beifall heimsten die beiden Chöre mit Beethovens „Joyful, Joyful“, arrangiert von Pit Weigand, ein, nicht zuletzt durch die wunderbare Solistin Christina Maul vom Jungen Chor Liebfrauen. Auch die letzten Titel „He Is Always Close To You“ und „God, Great God“ wurden von Pit Weigand für das Zusammenspiel Big Band/Gospelchor arrangiert und brachten die Zuhörer in Bewegung, sie klatschten und swingten mit. Zum Abschluss legten Sylvia Clöer und Ulrike Iller vom Jungen Chor Liebfrauen bei „God Great God“ noch einen tollen Solopart hin. Das Publikum war bewegt und ergriffen zugleich, erklatschte sich eine Zugabe und trat mit einem Lächeln im Gesicht den Heimweg an. Zuvor aber hatten die Besucher tief ins Portemonaie gegriffen, um sich mit ihrer Spende für das wunderbare Konzerterlebnis zu bedanken.

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