Herbsttreiben mit John Degenkolb

Das Highlight des diesjährigen Herbsttreibens ist das Lastenrad-Rennen. Auch fokus O.-Vorstand Dirk Velte nimmt teil.Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Hessendorf mit Apfelweinkönigen und schweren Landmaschinen, Musik auf dem Rathausplatz, Handwerk auf dem Epinay-Platz, ein bisschen Fairtrade und viel Jahrmarkt-Atmosphäre. Dazu jede Menge für Gaumen und Bauch, etwas Brot und Spiele, das traditionelle Herbsttreiben hat Tausende in die City gelockt. Ein „wunderbares Fest“ und den Herbst von der „allerschönsten Seite“ hat die Vorsitzende des Fokus O. Claudia Kaczinski erlebt. Das offene Motto: „Oberursel entdecken – Tradition und Naturerlebnis“ hat Besucher aus der Region angezogen.

Wo ist eigentlich das Zentrum des Treibens, wenn das Forum der Selbstständigen alle Jahre wieder zur Präsentation von Kunst und Können, Handwerk und Geschäftswelt in die Stadt lädt? Das hängt wohl vom Interesse des Flaneurs ab. Klar aber ist, der Markt der Handwerker auf dem Epinay-Platz bleibt das Herzstück des Herbsttreibens, denn der Beiname „Traditionelle Leistungsschau von Handel und Handwerk“ wurde dem Fest inklusive Party-Vorabend von Anfang an gegeben. Dafür ist das Handwerk gut geeignet, mit Live-Acts beim Schleifen, Fräsen, Hämmern und Schweißen vor und in ihren Zelten und Hütten sorgen die Protagonisten jedes Jahr für besondere Momente.

Herrliches Spätsommerwetter passend zum Kalender an diesem Samstag, der Herbst hat ja noch gar nicht angefangen. Der Zunftbaum der Handwerker glänzt in der Morgensonne vor strahlend blauem Himmel. Es könnten mehr Werbeschilder daran wachsen, aber wie fast jedes Jahr sind die da, die immer da sind. Treue Firmen, man trifft sich, man kennt sich, das Herbsttreiben ist neben Arbeit auch ein Fest. Und man weiß, was man den potenziellen Kunden schuldig ist. Präsenz zeigen, Gesicht zeigen, ansprechbar sein. Irgendwann erinnert man sich, holt bei Bedarf die Visitenkarte wieder hervor. Die von Alexander Bohn etwa, Chef des Unternehmens, das seinen Namen trägt und in Holzbau und Dachdeckerei unterwegs ist. Inzwischen natürlich auch Dachgestaltung anbietet, mit Photovoltaikanlagen etwa.

Zu dritt sind sie am Stand, alle in traditioneller Kluft der Zimmerleute, das sieht gut aus. Im Hintergrund die Werbewand mit Fotos und kurzem Text, Stichwort „Unsere Referenzen“. Der Kunde sieht, was er bekommen kann. Alex Bohn ist guter Dinge, auch „wenn man nicht weiß, wie es weiter geht“, sagt er vorsichtig. Aktuell sei die Lage gut, Material ist da, die Preise fallen wieder, und vor allem ist Arbeit da für seine Leute, „die nächsten sieben, acht Monate sind wir ziemlich ausgebucht“. Jammern ist kein Thema, gutes Handwerk ist branchenübergreifend gefragt, ob Heizungsmonteure, Fliesenleger oder Schreiner, Schmied Dirk Velte und Elektriker René Ressler gehören auch zu denjenigen, die immer dabei sind. Und jedes Jahr neue kreative Ideen fürs Rahmenprogramm mitbringen. Im vergangenen Jahr eine sensationelle Modenschau der Handwerker, nun ein Lastenfahrradrennen am Epinay-Platz. Und nebenbei noch eine Autogrammstunde bei Velte mit Radweltstar John Degenkolb. Der Wahl-Oberurseler ist jetzt auch Botschafter der Aktion „Orscheler helfen Orschelern“.

Auf dem Weg zum Rathausplatz muss man die politische Meile überwinden. Im Oktober wird gewählt, Präsenz ist auch in der Politik Pflicht. Zwischen Rathaus und Stadthalle machen die Bürgermeisterin und Claudia Kaczinski Werbung für Oberursel, im Wahlmonat soll ein neues Format aufgelegt werden. Die Gastronomie und Hotellerie wollen sich ins Zeug legen mit dem Motto „Zu Gast in der eigenen Stadt“. Um die Stadt, in der man wohnt, einfach mal anders zu erleben, sagt die Fokus O.-Chefin. Nach gechillter Übernachtung mit persönlichen Gästen etwa durch Stadtführung oder Wanderung auf dem Keltenrundweg, ach, es gibt noch so viel zu entdecken in Oberursel. „Komm, wir gehen zum Bratwurststand“, sagt die Mutter zum dreijährigen Sohn.

Der Handel jedenfalls wäre froh, wenn auch nur ein Teil der Menschenmenge, die vor allem am Sonntag durch die Stadt spaziert ist, mal häufiger vorbeischauen würde. In der Unteren Hainstraße hat er traditionell und symbolisch einen roten Teppich ausgerollt, dort fährt auch wie immer die alte Dampfeisenbahn ihre Runden, um den Nachwuchs nachhaltig an die Stadt zu binden. Das funktioniert auch mit alten Treckern, die der Landwirtschaftliche Förderverein vor der Stadtbücherei am Rand des „Hessendorfes“ zur Schau stellt.

Tradition und Naturerlebnis offenbart getreu dem Motto das Keltern. Das Beste, was ein Apfel werden kann? „Apfelwein natürlich“, sagen die, die ihn gerne trinken und die, die gerne mal Apfelweinkönig werden wollen. Rund um den Ursula-Brunnen wird dafür reichlich getrunken. Hier wählt das Volk den König. Und für Tanja Bingenheimer und Yvonne Meirer ist schon am Samstag klar, dass nur die Produzenten der Probe-Nr. 11 oder 12 den Königstitel verdient haben. Ob’s stimmt, lesen Sie auf Seite 3.

Tanja Bingenheimer und Yvonne Meirer probieren direkt am Brunnen am Marktplatz die verschiedenen Gläser mit Apfelwein. Für die beiden ist dabei die Sache eindeutig. Sie haben ihre Favoriten bereits gefunden.

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