Lesermeinung

Veröffentlichungen in dieser Spalte geben die Meinung des Einsenders wieder. Zuschriften ohne genaue Angaben des Namens und der Anschrift bleiben unbeachtet. Leserbriefe verhetzenden oder rein ideologisch-polemisierenden Inhalts werden nicht oder nur so gekürzt veröffentlicht, dass das Pressegesetz nicht verletzt wird. Die Redaktion behält sich grundsätzlich Kürzungen vor.

Unsere Leserin Sabine Kinkel aus Oberursel meint zur finanziellen Situation Oberursels:

Oberursel ist pleite, und der Stadtkämmerer berichtet in der Sitzung des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschusses (HFDA) über seine Schlafstörungen. Bei allem Respekt, das ist in einer Sitzung mit aufgeheizter Stimmung im Publikum äußerst ungeschickt. Ich vermag mir gar nicht vorzustellen, mit welchen Albträumen sich mancher Bürger des nächtens quält, weil er nicht mehr weiß, wie er bei all den Teuerungen in Zukunft noch seinen Lebensunterhalt bestreiten soll.

Aus den Reihen der Stadtverordneten war zu vernehmen, das sei nun das Erbe von Altbürgermeister Brum, das man in den Griff bekommen müsse. Das ist in meinen Augen allerdings ein bisschen zu einfach gedacht. Die CDU in Oberursel mit Jens Uhlig, der über zehn Jahre an der Fraktionsspitze stand und mit einer kurzen Unterbrechung in der Regierungsverantwortung war, hat die Oberurseler Politik, insbesondere auch die kostenträchtigen Entscheidungen, maßgeblich mitgestaltet. Die Überraschung, dass das Kartenhaus nun zusammenbricht, dürfte also nicht allzu groß sein. Diese Entwicklung konnte man schon vor Jahren voraussehen. Bereits Stadtkämmerer a. D. Peter Schneider hat vor vielen Jahren in einer Haushaltsrede auf den Pleitegeier, der über Oberursel kreist, hingewiesen.

Was mich aber am meisten ärgert ist, dass immer wieder die Kinderbetreuung als größter Kostenblock vorgeschoben wird. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass Kinderbetreuung wichtig ist und als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gesehen werden muss. Diese Aufgabe ist aus meiner Warte jeden Cent wert, den man dafür ausgibt. Es muss zwingend ein ausreichendes Angebot vorhanden sein, welches der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie dem Wohl und der Entwicklung des Kindes gerecht wird. Hierfür gibt es auch einen Rechtsanspruch. Und ja, die Kommune muss gewährleisten, dass dieses Angebot vorgehalten wird. Was aber nirgendwo geschrieben steht ist, dass die Kommune die Betreuungseinrichtungen auch in Eigenregie betreiben muss, hierzu habe ich bei meinen Recherchen zumindest nichts gefunden. Die Trägerschaft für die Kinderbetreuungseinrichtungen abzugeben, erfordert Mut und Änderungsbereitschaft, die Stadt müsste ihre Komfortzone verlassen und ein Stück weit die Kontrolle abgeben. Also kurzum, der politische Wille für solch eine Maßnahme muss vorhanden sein. Und genau da sind wir beim Knackpunkt angelangt – der politische Wille fehlt. Ebenso wie der politische Wille beim Sparen, folglich beim Verzichten auch in anderen Bereichen fehlt. Oberste Priorität müsste doch jetzt, über alle Parteigrenzen hinaus sein, die städtischen Finanzen wieder auf Kurs zu bringen, ohne dem Bürger noch tiefer in die Tasche zu greifen. Dafür muss man allerdings parteipolitische Befindlichkeiten und Spielereien sein lassen und neue Wege und andere Denkweisen zum Wohle aller einschlagen. Aber ob das gelingt, daran habe ich so meine Zweifel.



X