Mehr „Kultur Gratis“ kostet Geld und braucht Sponsoren

Mit spannendem T-Shirt und Flyer wirbt der Trägerverein „Kommunikations-Zentrum Altstadt“ für seine Fundraising-Kampagne „Gratis kostet Geld“. Frontleute sind (v. r.) Martin Krebs vom KSfO, Susanne Degen von St. Ursula, Windrose-Vorsitzender Michael Behrent und Bürgermeisterin Antje Runge.Foto: js

Oberursel (js). Was gibt es Schöneres für einen Gastgeber: Wenn die Gäste sich wohlfühlen und beim Heimgehen von dem „tollen Ort“ schwärmen, den sie gerade besucht haben. „Coole Location“ sagt man heute, im Kopf ist der Wunsch zum Wiederkommen schon markiert. Susanne Degen hat das im vergangenen Jahr oft gehört, es macht sie und ihre Mitgastgeber stolz auf das, was da in so kurzer Zeit gewachsen ist.

Degen sagt das als Vorsitzende des Trägervereins Kommunikationszentrum Altstadt in Oberursel. Sie betont ganz deutlich das „Wir“, wenn es um Stolz und Freude und Dankbarkeit für das Erreichte geht, denn es sind vier Partner, die den ganz wichtigen Hintergrund für das Projekt „Kulturcafé Windrose“ bilden, was etwas netter und zugänglicher klingt. Neben dem Internationalen Verein Windrose, der Stadt Oberursel und ihrem Kultur- und Sportförderverein (KSfO) ist es noch die Katholische Kirchengemeinde St. Ursula, für die Degen auch spricht.

Der Lieblingssatz, den die bisher 35 Mitglieder des Trägervereins hören, geht so: „Können wir auch etwas bei euch machen?“ Da werden alle Fragenden ein unbedingtes Ja hören. Kulturschaffende, potenzielle Veranstalter, Vereine, Organisationen, Gäste, die sich auf der Bühne, im Kolleg, im Publikum oder, ganz wichtig, als neue Mitglieder im Trägerverein, als Förderer oder Sponsoren einbringen wollen.

Ein „Ort mit Strahlkraft“

Als der jetzige Treffpunkt bis zum Start im Oktober 2022 noch Baustelle war, haben die Initiatoren von einem „Ort mit Strahlkraft“ geträumt, von einem „Ort mit Körpertemperatur, der Vielfalt vereint“, von einem „Raum für die Vielgestaltigkeit des Lebens“. Da wurden ziemlich viele Träume wahr im ersten kompletten Betriebsjahr 2023.

In der ersten Bilanz ist vom entstandenen „Möglichkeitsraum“ die Rede, in dem „Vielfalt entsteht, ohne inszeniert zu werden“. Es sei ein Ort sei, der „Reflektionsraum für Lebenswirklichkeiten“ sei, wo eben Menschen am „Herdfeuer“ sitzen, wie es Michael Behrent gerne nennt. Der inzwischen Vorsitzende des Vereins Windrose mit dem von Anfang an internationalen Anspruch und ehrenamtliche Geschäftsführer des Kulturcafé Windrose, begleitet das Projekt seit den ersten vertraglichen Absprachen mit der Stadt 2020. Fast täglich trifft man ihn im Café. „Beglückend“ beschreibt er die Entwicklung des Kommunikationszentrums am Rand der Altstadt im einstigen Alberti-Haus in der Strackgasse, in dem direkt nebenan der Eine-Welt-Laden nur etwas später eingezogen ist. Noch so ein Puzzle-Teil im international inspirierten Denken und Handeln.

Die Zahlen des ersten Betriebsjahres sind beeindruckend, die „Selbstverständlichkeit, mit der der Ort angenommen wird, nimmt zu“, freuen sich auch Bürgermeisterin Antje Runge und Martin Krebs für den KSfO, die mit den beiden Partnern das Quartett bilden, das gemeinsam eine neue Fundraising-Kampagne inszeniert hat. Beeindruckend sind die blanken Zahlen mit Öffnungszeit an 300 Tagen im vergangenen Jahr und Nutzung an 340 Tagen (inklusive Geschlossene Veranstaltungen, Tagungen und Fortbildungsveranstaltungen) mit insgesamt rund 40 000 Menschen, die ins neue Kommunikationszentrum kamen.

Statistisch jeden Tag eine öffentliche Veranstaltung, immer wieder freitags etwa „Stefano’s Finest“ mit Rock- und Pop-Bands, jede Menge offene Rock-, Blues- und Jazzsessions, 15 Konzerte kleiner Musikensembles, knapp 20 Kleinkunst-Abende der unterschiedlichsten Art, Tanzveranstaltungen, 40 Lesungen, themenbezogene Diskussionsabende mit besonderen Gästen, viele private Feiern.

So schön das klingt, das alles kostet auch Geld, das durch den Gastronomieumsatz nicht erwirtschaftet werden kann. Trotz sparsamer Kalkulation müssen Kosten von rund 800 Euro pro Veranstaltung für Künstlerhonorar, Werbung, Technik und Organisation gedeckt werden. Und wichtige Maxime soll bleiben: „So viel wie möglich Gratis“, das ist der Anspruch. Damit jeder rein kann. Die vier Partner werfen zusammen 74 000 Euro im Jahr in den Topf, Stadt und Windrose jeweils 25 000 Euro, KSfO und Kirche je 12 000 Euro.

Aber: „Gratis kostet Geld“. So ist die Fundraising-Kampagne überschrieben, so steht es auch kleingedruckt auf den Bekenner-T-Shirts unter dem künstlerisch gestalteten Slogan MHR KLTR, der um ein E und ein U erweitert Sinn macht. Für „Mehr Kultur“ kann sich einsetzen, der so ein T-Shirt kauft und es tragend auch für den Gedanken wirbt. Oder Sponsor oder privater Förderer wird, zahlendes Mitglied im Trägerverein wird oder sich konkret für einzelne Kulturveranstaltungen engagiert.



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