Monumentales Chorprojekt ergreift und fordert die Sänger

Selbst engagiert im Einsatz motiviert Holger Pusinelli (links) die zwei Chöre und die Streicher

des Orchesters „Capella Ursellis“ in der Taunushalle zu Höchstleistungen. Foto: bg

Oberursel (bg). Die Taunushalle in Oberstedten ist erfüllt von eindringlicher, monumentaler Musik. Hier wird geprobt für „The Armed Man – A Mass for Peace“ („Der bewaffnete Mann – Eine Friedensmesse“). Geschrieben hat sie der walisische Komponist Karl Jenkins im Jahr 1999. Ein Jahr danach wurde sie in der Royal Albert Hall in London uraufgeführt. Sein Werk hat er den Opfern des Kosovokriegs gewidmet. Mit diesem ergreifenden Konzertprojekt „Gegen das Vergessen“ will die Musikschule an den Beginn des Zweiten Weltkriegs erinnern, der vor 80 Jahren, am 1. September 1939, mit dem Überfall Deutschlands auf Polen begann und über 60 Millionen Menschen den Tod brachte.

Die große Taunushalle reicht gerade aus für die Chöre „CHORiosum“ und „TonArt“. Seit gut neun Monaten bereiten sich die Sänger durch wöchentliche Proben in Oberursel und Schwalbach auf den großen Auftritt vor. Vor gut acht Jahren wurde „CHORiosum“ von der Musikschule ins Leben gerufen. Für das ambitionierte Projekt sind neue Kräfte hinzukommen wie Monika Seidenather-Gröbler. „Mir hat singen schon immer Spaß gemacht, aber erst nach meiner Pensionierung finde ich die nötige Zeit dazu. Das neue Hobby ist eine wunderbare Bereicherung, es gibt manche Herausforderung, zugleich ist es aber auch sehr bewegend. Ich tue etwas für mich und bin dabei Teil einer großen Gemeinschaft, das tut richtig gut“, sagt sie. Die zwei Chöre stellen für das Projekt jeweils 60 Mitwirkende auf die Beine. Jetzt proben sie zum ersten Mal gemeinsam mit Teilen des Orchesters und mussten dazu in die Taunushalle ausweichen. Beide Chöre stehen unter der Leitung von Holger Pusinelli. Der engagierte Leiter der Musikschule ist obendrein als Geigenlehrer, Orchesterleiter und sowie als Leiter von zahlreichen Kinderchören tätig.

Bei der großen Gemeinschaftsprobe ist er leidenschaftlich und konzentriert bis in die Haarspitzen im Einsatz. Mit vollem Körpereinsatz dirigiert er die großer Sängerschar und die Streicher des Orchesters „Capella Ursellis“. Bei dieser Probe fehlen noch die Bläser, Trommeln und das Schlagzeug. „So, alle 240 Augen schauen jetzt zu mir,“ sagt er auffordernd. Dann intonieren alle Musiker das „Sanctus“. Nach wenigen Tönen winkt der Mann an der Spitze ab. „Beim ,Sanctus’ muss mehr ,A’ zu hören sein“, befindet er, und alle heben von neuem an. Jetzt ist Holger Puisinelli mit dem Klangbild zufrieden. Die wichtigste Regel für jeden Chorleiter: „Hast du heute schon deinen Chor gelobt?“ hat er verinnerlicht. „Das war jetzt richtig gut“, stellt er begeistert fest.

Alle Sänger sind hoch motiviert und sehr aufmerksam bei der Sache. Die Komposition von Karl Jenkins bewegt sie. Geschrieben wurde sie für einen vierstimmigen, gemischten Chor mit Orchester sowie zwei Solisten – Sopran und Muezzin. Den Solopart für die weibliche Singstimme wird Diana Nagel vortragen. Sie ist Fachbereichsleiterin für Gesang an der Musikschule. Hassan Sadeghi wird die Rufe des Muezzin übernehmen. Als Sprecher konnte Willy Praml gewonnen werden. Er wird Texte von Rudyard Kipling, Alfred Lord Tennyson und Töge Sankichi, der den Atombombenabwurf auf Hiroshima überlebte, aber einige Jahre später an Leukämie verstarb, lesen. Musikalisch basiert das Antikriegsstück auf Texten der katholischen Messliturgie, die der Komponist mit anderen Quellen, vor allem dem zum Volkslied gewordenen Soldatenlied „L’homme armé“ aus dem 15. Jahrhundert, dem islamischen Gebetsruf, Texten aus der Bibel, Psalmen und der Offenbarung des Johannes sowie des indischen Mahabharata verknüpft hat.

Inferno in Töne gegossen

Die Friedensmesse zu singen, ist eine Herausforderung. Die Texte sind in Englisch, Deutsch, Französisch und Latein verfasst. Musikalisch ist das Werk sehr kontrastreich: Disharmonisches trifft auf Kirchenmusik oder farbige Melodien mit Tiefgang. Es setzt ein mit „The Armed Man“, lautmalerisch hört man dabei marschierende Füße. Es folgt der Gebetsruf des Muzzein, bevor das Kyrie einsetzt. Zum Schluss erklingt nach dem „Benedictus“ das versöhnliche „Better is peace“. In diesem Stück wird zum einen der Hoffnung Ausdruck verliehen, das Gott alle Tränen wegwischt, zum anderen gelangt der Zuhörer zu der schwer erkämpften Einsicht, dass Frieden besser ist als Krieg. Bei der Probe folgt auf das „Sanctus“ ein aggressives „Charge“-Rufen (Angriff). Immer lauter intonieren die Chöre dieses Wort, es wirkt wie ein Trommelfeuer, danach folgen musikalisch die Schreie der Sterbenden, die Gesänge gehen unter die Haut, bis abrupt Stille eintritt.

Das Inferno einer Schlacht hat Karl Jenkins damit in beeindruckende Töne gegossen. Zu der aufrüttelnden Musik werden während des Konzerts in der Stadthalle Bilder von Städten und Menschen aus Frankfurt, dem Hochtaunus- und Main-Taunus-Kreis aus der Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg auf Großbildleinwand zu sehen sein.

!Am Samstag, 18. Mai, führt die Musikschule Oberursel die Messe „Armed Man – A Mass for Peace“ des walisischen Komponisten Karl Jenkins in der Stadthalle auf. Karten für dieses Konzertprojekt gibt es zum Preis von neun und 15 Euro in der Buchhandlung Libra, Rathausplatz 7, in der Buchhandlung Bollinger, Hohemarkstraße 151, im Büro der Musikschule, Hollerberg 10, oder in F. Supp’s Buchhandlung, Louisenstraße 83a, in Bad Homburg.



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