Oberursel. Immer wieder sind es Trommeln, die den Takt vorgeben am letzten Feier-Wochenende des „Orscheler Sommers“ im Rushmoor-Park. Hier lässt es sich träumen, von Gott und der Welt, Orschel und Afrika. Ist vielleicht deswegen einst das „Afrikafestival“ erfunden worden? Im Jubiläumsjahr 40 Jahre „Kunstgriff“-Kultursommer hat das Fest im Fest auch ein kleines Jubiläum gefeiert. Hat zum 10. Mal bereits viele Menschen angezogen, die den Traum von Afrika in sich tragen.
Heiß brennt die Sonne, und der Rhythmus der Trommeln klingt zwischen den Bäumen und über die Wiesen des unteren Maasgrunds. Gut, dass auch ein leichtes Lüftchen weht an diesem heißen Wochenende. Jedenfalls immer mal wieder, und zack, dann weht es auch mal einen Kleiderständer mit bunter Ware um. Der Takt der Trommel, es ist ein Mantra mit Wiederholung, so ist das traditionell beim Afrikafestival. Wo die Wiese unterhalb der Christuskirche zwischen Weiher, Urselbach und Schulzentrum im aktuellen Zustand an einigen Stellen schon an die afrikanische Savanne erinnert. Kaum noch grüne Grashalme, eher gelbbraunes Steppengras. Auf der Händlermeile im improvisierten Runddorf mit meist guten deutschen Marktzelten ist der Boden schon reichlich trocken, die Erde dürstet, bekommt aber nur am späten Samstagabend einen kleinen Guss von oben. Passt schon, irgendwann ist es ja dann doch Zeit, ins heimische Zelt zu gehen.
In angenehm entspannter Atmosphäre lagern die Besucher auf dem Festgelände am Urselbach, lassen sich afrikanisch bekochen, mit Gbofloto etwa, frittierten Teigbällchen mit Ananas, und lauschen der Musik am frühen Nachmittag am liebsten von einem Platz unter den Bäumen, auf jeden Fall irgendwo im Schatten. Die Bänke vor der Bühne werden entsprechend verrückt, wie es eben gefällt. Eine feine Klangmischung für die Ohren ergibt der Sound am ehesten, wenn man im flimmernden Sonnengrün lagert, blauen Himmel über sich und Träume von Afrika im Kopf hat. Und dann noch die Glocken vom Kirchturm zur Nachmittagsstunde dazu, ein einzigartiges Klangerlebnis.
Marc Mildenberger hat das übrigens mal geklärt mit dem Wetter. Hat fein recherchiert und das letzte August-Wochenende als besten Sommer-Sonne-Afrika-Termin ausgemacht. Seitdem wird das Fest immer an diesem Wochenende gefeiert, so einfach ist das, klappt meistens. Miltenberger ist Mitorganisator des Fests, er kümmert sich vor allem um den Handel im Wandel, um den Markt im Runddorf und dessen Macher. Er hat die Kontakte auch außerhalb der Region, große Überraschungen im Angebot sind nicht zu erwarten. Die bunten Farben vor den Verkaufszelten, all die Waren vom afrikanischen Kontinent, aus Indien, China und Bangladesh und sonstwoher, Kunst und Klamotten, Stoffe und Taschen, viel Kunsthandwerk und ganz viel Schmuck, bieten schöne Kontraste, die später am Tag im sanften Frühabendlicht für angenehme Weichzeichnung sorgen. Dazwischen die Kenia-Kinder-Hilfe, die sich mehr als 20 Jahre kümmert, Waisenhäuser und Kindergarten wurden gebaut, eine Schneiderschule in Langobaya. Auf der anderen Seite das Projekt Karanjorro, um eine Schule in der Savanne geht es. Für solche Projekte und andere gute Taten werden Gras-Körbe aus Ghana und Sisal-Körbe aus Senegal verkauft, man kann auch Bisap trinken, ein Extrakt aus der Hibiskusblüte, mit Saft oder Sekt, es wird als senegalesisches Nationalgetränk angeboten.
Alles in bester Ordnung eben. „Hakuna Matata“, wie es in der afrikanischen Sprache Swahili heißt. Im einen Zelt wird Haargestaltung mit Rastalocken angeboten, im anderen kann man sich einen knallengen Kornkranz in vielen engen Bahnen um den gesamten Schädel drehen lassen. Birte ist begeistert, wie akribisch Emma das macht, im Handspiegel kann sie die gesamte Prozedur live mitverfolgen. „Ich bin jetzt eine Ähre“, freut sich die junge Frau. Nie würde hier jemand über kulturelle Aneignung sprechen, das Afrikafestival ist ein Fest für alle, ein Fest für die an diesem Wochenende ganz große Familie. Mit einem Moderator mit Wurzeln in Afrika, der auch nett mal seinen kölschen Dialekt ins Geplauder einbaut, mit richtig toller Musik, um die sich wie immer Baye Cheikh Matala, der Trommelmeister und Mitveranstalter des Festivals gekümmert hat. Aus einem Afro-Drummingkurs an der Volkshochschule ist einst die Gruppe „ImPuls“ hervorgegangen, ihr Auftritt in veränderten Formationen mit dem Meister als Frontmann ist immer ein Highlight im Orscheler Kral am Bach. Irgendwann gibt es kein Halten mehr, wenn die Tanzlust nach vorne vor die Bühne zieht, der Puls mit dem Trommelschlag vibriert. Es sind dies die Momente, für die manch einer zum Afrikafestival in die Rushmoor-Savanne kommt. Jedes Jahr wieder.