Oberursel. Pünktlich um 11 Uhr eröffneten die „New Orleans Joymakers“ mit ihrer Dixieland Marching Band die Veranstaltung „Jazz meets Mühle“ an der Schuckardtsmühle. Bürgermeisterin Antje Runge begrüßte die Gäste, die sich bei kühlem Wetter am Bachpfädchen versammelt hatten. Einige von ihnen waren sogar aus Épinay-sur-Seine angereist. Sie bedankte sich bei den Sponsoren, den Gastronomen und den Gastgebern der Mühlenstandorte, die ihre Türe für den Tag geöffnet hatten.
19 Bands traten an acht Standorten auf – neun, wenn man den Marktplatz zum Schluss mitzählt. Die Marching Band machte sich auf den Weg, und die Gruppe „Brassette“ kletterte die Leiter – ja, es ist wirklich eine Leiter, weil es an dieser Bühne am Naturfreundehaus keine Treppe gibt – hoch, um Swing, Blues, Latin und Evergreens zu spielen. Die Naturfreunde hatten wie immer die Bewirtung übernommen und warteten unter anderem mit leckerem Spundekäs und Laugenbrezeln auf. Etwas weiter entlang des Bachpfädchens wartete bereits der nächste Standort: die Kürtellsmühle, einst die Mühlenbauanstalt von Adam Koch, heute die Halle des Sanitärbetriebs. Sie wurde leergeräumt und mit einer Bühne versehen, auf der als erstes das „Powerhouse Swingtett“ mit Wolfgang Zöll, dem Mitinitiator und künstlerischen Leiter der Veranstaltung, spielte. Zu hören waren Hits aus dem American Songbook wie „Fly Me To The Moon“.
Weiter unten an der Bleiche hatte die Familie Usinger die Tore zur Herrenmühle geöffnet. Hier spielten die „Passion Friends“ Interpretationen von Standards der 60er-Jahre mit Mitja Skoberne, während das Publikum in diesem Jahr mit „Hessisch Hot Dogs“ verköstigt wurde. Zum Hot Dog gehörte eine Frankfurter Rindswurst mit Apfelweinsauerkraut, Röstzwiebeln und hausgemachter pikanter BBQ-Sauce. Alternativ gab es die Wurst mit Sieben-Kräuter-Pesto.
Langsam wurde es sonniger, und von der Herrenmühle aus führte der Weg zum Gasthaus „Zum Schwanen“ am Hollerberg, wo das „Duo Tempero“ Jazz aus Brasilien spielte. Die Speisekarte hier verwies ausdrücklich auf die regionalen Quellen der Zutaten. So kam etwa der Handkäse von der ältesten Sauermilchkäserei Deutschlands, der Käserei Horst in Groß-Gerau – die Stadt, in der Handkäse im Jahr 1813 erstmals hergestellt wurde. Außerdem gab es „Bullen-Bolognese“ mit Fleisch aus Limousin-Bullen von der Familie Hildmann in Oberhöchstadt. Passend zu den hessischen Gerichten gab es auf der Getränkekarte einen Rosé-Äppler. Währenddessen sang das Duo Lieder über die Küche aus ihrer Heimat.
Mit der Sonne kamen auch die Gäste, die aber gleich nach Schatten suchten. Nicht nur beim „Schwanen“ sondern auch beim Ratskeller im Hof des Vortaunusmuseums wurden sie fündig. Hier spielte „Quincy’s Quartett“ Gassenhauer aus dem Hard-Bop, aus Soul und modernem Jazz. Weniger schattig, aber genauso voll war es im Hof an der Hospitalkirche. Der Standort mag auf den ersten Blick nicht als Mühlenstandort zu erkennen sein, dennoch stand gegenüber früher die Lohmühle Baldes, auch Brauns Walkmühle genannt, und das Wasser floss im offenen Mühlengraben. 1962 wurde das Gebäude abgerissen, um Platz für das damals neue Alberti-Gebäude zu machen. Dort spielte am Montag in der ersten Runde das „Fehlgriff-Orchester“ Bigband-Jazz und nahm die Zuschauer mit auf eine musikalische Weltreise mit Hits wie „Fields Of Gold“ von Sting und „The Bare Necessities“ aus dem Film „Das Dschungelbuch“, während Mitglieder des Seniorentreffs „Altes Hospital“ Fleischbällchen (Köfte) aus Rind- und Lammfleisch grillten, um sie mit Brot, Zwiebeln, Tomaten und Petersilie zu servieren.
Auch am Rathausplatz stand früher eine Mühle. Bis 1936 war dort die Götz-Mühle im Einsatz, eine Mahlmühle. Als der Werkgraben 1966 verrohrt wurde, baute die Stadt das Wasserrad aus, 1981 wurden alle Gebäude abgerissen, um Platz für die Stadthalle zu machen. Dort spielte als erstes das „Harald Teichert Trio“ Jazz-Klassiker und Eigenkompositionen. Am Rathausplatz gab es auch einen Infostand der GIA Taunus und des VzF Taunus, die als Sponsoren für den Standort auftraten.
Als achter Standort kehrte in diesem Jahr die Aumühle zurück. Wer den Weg dorthin schaffte, wurde von den Jazz- und Acoustic-Pop-Liedern von „Evas Apfel“ unterhalten. Kühle Getränke gab es von den „Apfel Freunden Oberursel“, und die Hitze machte sich sogar bei den Instrumenten bemerkbar. Nach „It Don’t Mean A Thing“ musste die Gitarre der Band neu gestimmt werden. Ebenfalls an der Aumühle hatte die Lokale Oberurseler Klimainitiative (LOK) einen Infostand zum Thema „Wasser“. Sie informierte über die Notwendigkeit, Retentionsflächen zu schaffen, um das Wasser besser im Wald zu behalten. Dietrich Andernacht informierte, dass die Stadt mit einer eigenen Satzung im Fall von Starkregen die Gebühren für Feuerwehreinsätze erlassen könne, ohne dass der Landrat einen Katastrophenfall ausrufen müsse. Eine solche Feuerwehrgebührensatzung habe Bad Homburg.
Nach einer Stunde Umbauzeit und einem Stromproblem konnte die Gruppe „Tiefenrausch Klangkombinat“ immer noch nicht spielen, an anderen Standorten ging es mit der zweiten Jazzrunde weiter. Am Rathausplatz spielte das „Trevor Richards Trio feat. John Defferary & Gregor Kilian“, während sich einige Gäste am Ponto-Brunnen abkühlten. Im Hof der Hospitalkirche spielte Roman Kuperschmidt Klezmermusik, zu der auch einige Gäste tanzten. Am Ratskeller trat das „Sabine Baukal Quintett“ mit Swing, Blues und Liedern aus dem American Songbook auf. Am „Schwanen“ boten Yannick Monot und Held Oncale im nun eng besetzten Hof Jazz aus Louisiana auf französisch an, unter anderem „Toute La Nuit“. In der Herrenmühle bei der „Karma Jazz Group feat. Natalya Karmazin“ waren die Gäste mittlerweile auf Cocktails umgestiegen.
Zurück am Bachpfädchen ertönten die entspannten Töne von „one moment“ an der Kürtellsmühle, wo inzwischen außer Gegrilltem auch Kaffee und Kuchen angeboten wurde. Schließlich am Naturfreundehaus waren die schattigen Plätze etwa an „Karl’s Ruhe“ – das ist der Ort auf der Insel neben dem Wasserrad – neben dem plätschernden Bachpfädchen heiß begehrt, während „Duo Clarino“ den Nachmittag ausklingen ließen. Obwohl in diesem Jahr die doppelte Menge an Spundekäs zubereitet wurde, war er bereits um 15 Uhr ausverkauft.
Zum Abschluss des Tages ging es zum neunten Standort, dem Marktplatz. Hier spielte die Marching Band erneut und lockte viele Besucher an. Sie stellte sich mitten auf dem Platz, während die Gäste vor dem Vortaunusmuseum die Treppen besetzten. So entstand ein Spontankonzert mit über 100 Zuschauern.
Wem so viel Musik immer noch nicht reichte, freute sich über eine Neuheit: Im „Schwanen“ und im Ratskeller ging es mit „Sunny Seven“ und der „Anne Stolz Band“ nun mit Jazz in die dritte Runde!