Die Stadtbücherei kann auf eine lange Geschichte zurückblicken

An der feierlichen Einweihung der Stadtbücherei am Marktplatz nahmen 1978 zahlreiche Vertreter aus Politik und Wirtschaft teil.Foto: Geschichtsverein Oberursel Sammlung Arbogast

Oberursel (bg). Im vergangenen Jahr konnte die Oberurseler Stadtbücherei ihr 120-jähriges Bestehen feiern. In Zeiten, in denen gespart werden muss, war das leider kein Anlass zum Feiern. Dafür startet der Büchertempel in das neue Jahr mit einer faustdicken Überraschung. Seit dem 2. Januar ist er zum ersten Mal in seiner langen Geschichte durchgehend geöffnet. Was für ein Überraschungs-Coup und tolles Angebot für die große Fangemeinde. Sie hatte lange darauf warten müssen.

Mit 80 000 Besuchern und 300 000 Ausleihen 2022 (für das Jubiläumsjahr 2023 liegen die Zahlen noch nicht vor) ist die Bücherei die am meisten besuchte Bildungsstätte in Oberursel. Sie präsentiert sich in ihrem Domizil am Marktplatz, das sie zu ihrem 75. Geburtstag im Jahr 1978 beziehen konnte, als moderne Einrichtung, auf neuestem Stand und hochdigitalisiert. Bekannt gemacht wurde das aber ganz traditionell mit Aushängen auf Papier, die neben und an der Eingangstür hingen. Im Eingangsbereich war zusätzlich – nicht zu übersehen – ein Aufsteller platziert worden. Schwarz auf weiß stand es da: Neue Öffnungszeiten: Montag geschlossen, Dienstag bis Freitag 10 bis 18 Uhr und Samstag 10 bis 14 Uhr. Plakate, Flugblätter und Aushänge sind eben auch im digitalen Zeitalter wichtig und effektiv.

Gleich am ersten Öffnungstag wurde das neue Angebot genutzt. Auch über die Mittagszeit tummelten sich Familien mit Kindern – es sind ja noch Ferien – ebenso wie ältere Herrschaften in der Einrichtung. Mit Beginn des Schulstarts hofft das gesamte Team auf viele junge Leute, die nach dem Unterricht oder in Freistunden sich eine Auszeit gönnen und einfach mal zum Lesen, Spielen oder Chillen in die Stadtbücherei kommen. Sie erwartet –wie alle Gäste – ein vielfältiges Angebot im Digitalbereich, Arbeitsplätze, freies Wlan, viele Tageszeitungen und Fachzeitschriften. In der gemütlichen Cafe-Ecke steht seit einiger Zeit nicht nur ein Kaffee- sondern auch ein Snack-Automat mit Knabbereien und Kaltgetränken.

Viele Werke aus dem Bestand kann man inzwischen digital downloaden. Daneben besteht immer noch wie vor über 120 Jahren die klassische Möglichkeit, sich aus dem großen Bestand quer durch alle Genres Bücher, dazu auch Spiele und Tonträger auszuleihen und mit nach Hause zu nehmen.

„Eine Bibliothek ist heute mehr als nur ein Ort zum Ausleihen von Büchern“, betont Maria Hergenreder, die seit zwei Jahren an der Spitze der städtischen Bildungseinrichtung steht. Der Anspruch an öffentlichen Büchereien hat sich um Laufe der vergangenen 120 Jahre stark verändert. Inzwischen sind sie wichtige kommerzfreie Aufenthalts- und Begegnungsorte mit Verweildauer in Café-Bereichen und unverzichtbare Orte des Austauschs der Kommunikation, der Kultur und Bildung für alle Bürger. Das gilt auch für die Oberurseler Bibliothek, die 1903 von fortschrittlich gesinnten Bürgern der Stadt durch private Initiative ins Leben gerufen wurde.

Zwei Herren prägten die Anfangsjahre. Der Arzt und Sanitätsrat Dr. Ferdinand Neuroth (1847 – 1903), der als Hauptinitiator der neuen öffentlichen Bibliothek als Grundstock die Hälfte seiner eigenen Bibliothek gestiftet hatte, sowie der langjährige Stadtarchivar und erste Leiter der neuen Stadt- und Volksbibliothek August Korf (1862 – 1936).

Die Anfänge waren bescheiden, aber heute kann die städtische Bücherei mit Stolz auf ihre lange Geschichte zurückblicken. Über ihre wechselvolle Geschichte wurde in Jubiläumsbroschüren zu ihrem 75. und 100. Geburtstag ausführlich berichtet. Viele Fakten aus den Gründerjahren wurden dabei von der langjährigen Bibliothekarin Irmela Minor wieder ans Tageslicht befördert: Oft musste die Bücherei ums Überleben kämpfen, sie hat zwei Weltkriege, die Inflation, viele Höhen und Tiefen überstanden und gemeistert; nicht zuletzt durch Menschen, die sich mit aller Kraft immer wieder für ihr Bestehen eingesetzt haben.

An diese Traditionen knüpft der Förderverein „Freunde der Stadtbücherei“ an. Durch regelmäßig stattfindende Flohmärkte unterstützt er seit vielen Jahren die wichtige Kultureinrichtung finanziell. Dafür bittet er regelmäßig um Buchspenden, die abgegeben werden können. Die Stadt Oberursel hat für die Finanzierung der Bücherei im Haushalt 2023 über eine Million Euro bereitgestellt. Über die hohen Kosten wurde im Stadtparlament heftig diskutiert, denn der städtische Haushalt ist in Schieflage, überall muss gespart werden. Im Herbst des vergangenen Jahres ist es durch die Verlängerung des Mietvertrages für das markante Haus am Marktplatz und die Verringerung der angemieteten Flächen gelungen, die Ausgaben zu senken. So konnte Stadtbücherei ihren Beitrag zur Einsparung leisten und wieder Planungssicherheit gewinnen.

!Wer ihr vielfältiges Angebot nutzen will, ist mit einem Jahresbeitrag von 15 Euro dabei, für Kinder ist die Ausleihe kostenfrei. In den Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Heimatkunde ist ein ausführlicher Bericht über die 120-jährige Geschichte der Stadtbücherei Oberursel von 1903 bis 2023 abgedruckt. Die neuen Mitteilungen, es ist das 62. Heft, sind im Dezember 2023 erschienen und kosten 11 Euro. Gekauft werden können sie im Buchhandel oder per E-Mail-Bestellung an marionsoberursel[at]icloud[dot]de



X