„Wir wissen jetzt sehr gut, warum das GAZ erforderlich ist“

Oberursel (bg). Wenn’s brennt, kommt die Feuerwehr. Aber was tun, wenn in Oberursel bei Unwettern wie im Ahrtal Überschwemmungen drohen, heftige Stürme toben oder ein Industrieunfall passiert? Bei der Gefahrenabwehr muss die Feuerwehr ran. Wer aber ist zuständig bei allen anderen Katastrophen? Und wer arbeitet im Ernstfall mit wem zusammen? Darüber wollte sich die SPD-Fraktion informieren und hatte einen Termin zu diesem Fragenkomplex mit Stadtbrandinspektor Valentin Reuter vereinbart.

In Oberursel gibt es fünf Feuerwehrstandorte mit 256 freiwilligen aktiven Mitgliedern – alle freiwillig, ehrenamtlich. Nach Reuters Lehrstunde in Sachen Feuerwehr, Zivil- und Katastrophenschutz und über die Zuständigkeiten von Bund, Land und Kreis waren die Zuhörer voller Respekt und Anerkennung für die Arbeit der Orscheler Feuerwehrleute. Außer den Fraktionsmitgliedern saßen im Schulungsraum der Feuerwehr Mitte in der Marxstraße auch zahlreiche SPD-Mitglieder aus den Ortsbeiräten, schließlich hat jeder Ortsteil seine eigene Freiwillige Feuerwehr mit Gerätehaus und Einsatzwagen. Jeder Stadtteilwehr sind Spezialaufgaben mit entsprechenden Fahrzeugen zugeordnet, erläuterte Reuter. Alle arbeiten sehr vertrauensvoll zusammen. Das „Wir-Gefühl“ sei mit dem Hessentag entstanden. Da seien zum ersten Mal für alle Wehren ein gemeinsames Logo und eine gemeinsame Ausstattung entwickelt worden.

Wie komplex Brandbekämpfung, Gefahrenabwehr und Zivil- und Katastrophenschutz verzahnt sind und welche Aufgaben dabei die Feuerwehr zu übernehmen hat, erläuterte der Brandschutzinspektor anschaulich. Nach der Alarm- und Ausrückeordnung müsse die Feuerwehr zehn Minuten nach einem Alarm am Einsatzort sein. Dabei bereite den einrückenden freiwilligen Feuerwehrkräften Tempo 30 zunehmend Schwierigkeiten. Es sei hilfreich, dass am Standort Marxstraße zehn städtische Angestellte der Abteilung Brand- und Zivilschutz ihren Arbeitsplatz haben, die gleichzeitig Mitglied der Feuerwehr und sofort startklar seien. Allerdings beruhe das auf Freiwilligkeit, erklärte Reuter dieses besondere Konstrukt. Es sei daher dringend erforderlich, die Feuerwehr personell besser auszustatten, damit sie die ihr übertragenen Aufgaben erfüllen kann. Grundlage sei das Hessische Gesetz über Brandschutz, Allgemeine Hilfe und Katastrophenschutz.

Hochwasserschäden wie im Ahrtal drohten in Oberursel nicht. Aber der jüngste Starkregen habe für zahlreiche Einsätze wegen unter Wasser stehenden Kellern gesorgt. Der Klimawandel mit extrem trockenen Sommern sorge für Waldbrände und beschere den Oberurseler Wehren vermehrt Einsätze zwischen Hohemark und Feldberg. Betroffen seien auch Waldgebiete, die sich im Besitz der Stadt Frankfurt befinden. Durch den Kahlschlag in abschüssigen Gebieten könne es auch zu Hangabrutschen kommen, für die die Wehren bisher nicht ausreichend ausgestattet seien.

Eine wichtige Lehre zieht die SPD aus der Ahrtal- Katastrohphe: Das Alarmsystem in Oberursel müsse verbessert, dazu die Einsatzzentrale weiter ausgebaut und rund um die Uhr besetzt werden. Dafür gebe es am Standort Mitte jedoch kaum Platz. Das Haus, Baujahr 1977, sei stark sanierungsbedürftig, es platze aus allen Nähten, überall herrsche qualvolle Enge. Einsatzfahrzeuge und Material könnten nicht mehr sachgerecht gelagert werden. In diesem Zustand entspreche es nicht mehr den Anforderungen des technischen Prüfdienstes des Landes Hessen. Schon lange hätten die Feuerwehrkräfte auf dieses Problem hingewiesen. Seit Jahren sei daher ein neues Gebäude in Planung, das an der Lahnstraße gebaut werden soll. Das neue Gefahrenabwehrzentrum (GAZ) sollte ursprünglich 2022 seinen Betrieb aufnehmen. Jetzt sei der Baubeginn für 2023 geplant. Durch den zeitlichen Verzug werde es immer teurer. „Wir wissen jetzt aber sehr gut, warum es unbedingt erforderlich ist“, zog Fraktionsvorsitzende Elenor Pospiech nach gut zwei Stunden Bilanz und dankte Reuter für seine Lehrstunde in Sachen Feuerwehr, Zivil- und Katastrophenschutz: „Sie haben uns sehr deutlich die Schwachstellen offengelegt, gleichzeitig aber aufgezeigt, wie hoch das Engagement und der Einsatz der ehrenamtlichen Feuerwehr ist.“



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