Mit den Fingern das Römerkastell begreifen

Yon-Hi Yim-Siegels vom IWC und Saalburg-Direktor Dr. Carsten Amrhein enthüllen das Tastmodell des Römerkastells am Eingang zur Saalburg, das in Zukunft Menschen mit Sehbehinderung und allen anderen Besuchern eine Orientierung ermöglichen wird. Foto: a.ber

Hochtaunus (a.ber). Wenn man den Worten von Saalburg-Direktor Dr. Carsten Amrhein folgt, wird uns das neue Tastmodell, das nun am Eingang des Römerkastells steht und sehbehinderte und blinde Menschen einlädt, die Saalburg zu erfühlen und zu begreifen, lange überdauern. „Wir als Archäologen wissen, dass Bronzefunde fast unverwüstlich sind“, sagte Amrhein bei der Präsentation der dreidimensionalen Darstellung der heutigen Saalburg. Gemeinsam mit Yon-Hi Yim-Siegels vom International Women’s Club Frankfurt (IWC) und vielen weiteren Clubmitgliedern enthüllte der Saalburg-Direktor das Tastmodell aus Bronze, das der IWC Frankfurt gespendet hat.

„Der Mensch begreift etwas, wenn er es wortwörtlich begreift und ertastet, besonders gut“, so Dr. Carsten Amrhein. Das Tastmodell im Maßstab 1:250 steht auf einem auch mit Rollstühlen unterfahrbaren Sockel und bietet eine realistische Darstellung des Kastells mit vielen erfühlbaren Details: Die sechs großen Gebäude der Saalburg und das ganze Areal mitsamt der umlaufenden Mauer sind in sogenanntem Corten-Stahl nachgebildet; die Bezeichnungen der Gebäude sind in erhabenen Großbuchstaben und darunter laufender Braille-Blindenschrift geschrieben. Mit den Fingern können nicht nur Menschen mit Sehbehinderung, sondern alle Besucher über die Mauern, Häuser und das Gelände streichen, Feinheiten der Bodenbeschaffenheit begreifen. Sogar die Abschüssigkeit des gesamten Bauwerks, „das auch heute noch ein bisschen nach Norden hin ins ‚Barbaricum Hintertaunus‘ schief herunterhängt“, wie der Saalburg-Direktor erklärte, ist dargestellt. Das Tastmodell gibt nun allen Besuchern die Möglichkeit, sich schon vor dem Eintritt durch das große Tor der Saalburg im Museumsareal zu orientieren.

Yon-Hi Yim-Siegels, die 2020 als damalige Clubpräsidentin des IWC die Idee zu diesem Spendenprojekt hatte, probierte gemeinsam mit Clubfreundinnen begeistert die Möglichkeiten des Modells aus, das Spezialisten der Kunstgießerei Pfeifer aus Stadtallendorf nach exakter Darstellung des Geländes mittels Drohnen-Scans und den Bauplänen der Gebäude anfertigten. „Ich hatte mir damals, in der Coronazeit, das Motto ‚Begegnungen‘ für mein Präsidentschaftsjahr gewählt. Mit dem Bronze-Tastmodell der Saalburg, für das wir alle kräftig gespendet haben, wollte ich zu etwas beitragen, das einen starken sozialen Aspekt hat und allen Altersstufen zugute kommt“, sagte Yim-Siegels. Für die Muse-umspädagogen der Saalburg, Rüdiger Schwarz und Gerd Herrmann, ist das Tastmodell ein wichtiger Fortschritt für die Wissensvermittlung über die Römerzeit im Taunus. Bisher mussten sie bei ihren speziellen Führungen für blinde und sehbehinderte Besucher mit kleinen betastbaren Papp-Folien arbeiten. „Das Tastmodell gibt uns ganz neue Möglichkeiten. Man kann sich auch mit ganzen Schulklassen oder Gruppen um den Tisch stellen und Orientierung geben“, so Rüdiger Schwarz. Direktor Carsten Amrhein dankte den Spenderinnen des IWC „für die großherzige Stiftung“ und lud alle Damen zu einer schmackhaften Römer-Mahlzeit in die „Taverne“ ein.

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