Laura will gleich ins Stadtparlament einziehen

Laura Jungeblut, Steinbach: „Es ist nicht gut, wenn man das Wahlrecht nicht nutzt.“

Hochtaunus (js). Für tausende junge Menschen im Kreis ist es eine Chance, aktiv in die Politik ihrer Heimatstadt einzugreifen. Sie dürfen erstmals ihre Kreuze auf Stimmzetteln machen. Am Sonntag, 14. März, ist Kommunalwahl. Wer zur Wahlurne geht, entscheidet mit, welche Personen, Parteien und Wählergemeinschaften in welcher Stärke in den Kommunalparlamenten, in den Ortsbeiräten und im Kreistag vertreten sind. In Bad Homburg wird zudem ein neuer Oberbürgermeister gewählt, in Oberursel und in Friedrichsdorf steht die Bürgermeisterwahl an. Von der Politik sind Erstwähler umworben, kommen sie in Massen, könnten sie politische Machtstrukturen verändern. Gelingt es, sie für Politik und ihr Mitspracherecht zu begeistern?

Laura will mehr als nur ein paar Kreuze machen. Benedikt hat sein Votum schon per Briefwahl abgegeben. Auch Greta wird auf jeden Fall wählen gehen und Bennet sowieso. Das sagen alle. Vier unter vielen im Hochtaunuskreis zwischen 18 und knapp 21 Jahren, die zum ersten Mal dürfen, die Ja sagen und ihr Wahlrecht unbedingt nutzen wollen. Ihr Recht und irgendwie auch ihre Pflicht, wie man heraushört. Denn wer nicht wählen geht, braucht sich hinterher auch nicht beschweren, so sehen sie das. Und so kommunizieren sie auch untereinander.

Laura Jungeblut wirbt gleich doppelt. Für den Gang zur Wahlurne und für sich. Die junge Frau aus Steinbach, die sich sehr wohl fühlt in ihrem Heimat- und Wohnort, will nicht nur durch Stimmabgabe mitreden. Sie will schon bald richtig mitreden, im Stadtparlament, an vorderster Front also. „Auf jeden Fall“ geht sie wählen, „ich möchte ja Einfluss haben.“ Vor ein paar Tagen ist die Studentin für das Grundschullehramt 21 Jahre alt geworden, das Wahlrecht fühlt sich bei ihr auch als Pflicht an. „Es ist nicht gut, wenn man es nicht nutzt“, sagt sie. Aus Politik als „abstrakt erlebtes jugendfernes Thema“ ist für Laura Jungeblut durch Engagement auf unterschiedlichen Ebenen mehr geworden. Jetzt will sie auch mehr, kandidiert als Nr. 18 auf der Liste der FDP, ohne Mitglied zu sein, „unabhängig von der Partei“, wie sie ausdrücklich betont.

„Verstehe die Skepsis“

Klare Sache das mit der Wahl und der Pro-Entscheidung. „Wenn ich was will, muss ich auch wählen“, so einfach ist das für Benedikt Stein. Der 19 Jahre alte Bad Homburger bereitet sich aufs Abi am Kaiserin-Friedrich-Gymnasium (KFG) vor, der Superwahlsonntag mit Kommunal- und OB-Wahl ist trotzdem ein wichtiges Thema für den jungen Mann, der offen bekennt, dass er „Identifikation am ehesten mit den Werten der SPD“ spürt. „Ich verstehe die Skepsis vieler Jugendlicher, Politik geht irgendwie an ihnen vorbei. Gerade in der Kommunalpolitik aber kann ich etwas bewegen“, glaubt er. Deswegen ist er jetzt bei den Jusos, „die Themen Bau- und Verkehrspolitik sprechen mich an“. Oh, sagen da manche und sind überrascht. Wenn er das erklären soll, ist das ganz einfach für Benedikt Stein. Was mit Jugendpolitik zu tun hat, berührt auch Bau- und Verkehrspolitik. Ob es um die stets und gerne von allen Parteien verfochtenen Einrichtungen oder Veranstaltungsräume wie Kino-Center und Clubs für Jugendliche und junge Menschen in der Stadt geht, um die fahrradfreundliche Stadt oder den ÖPNV. Benedikt Stein ist gut informiert, über „klassische TV-Sendungen“, wie er sie nennt, vor allem über Nachrichten-Apps und aktuell durch lokale Zeitungen, weil es ja um eine lokale Wahl gehe.

„Ich fühle mich gut und ausreichend informiert“, sagt Bennet Wienand, Sport- und BWL-Student aus Oberursel, der zum ersten Mal Bürgermeister und Stadtparlament wählt. Nicht der Wust aus Wahlplakaten, mit denen in Oberursel an Plakatwänden, Gartenzäunen und zum Teil über mehrere Stockwerke um Stimmen geworben wird, interessiert den 20-Jährigen dabei. Auch der ausgefallene Straßenwahlkampf, bei dem man sonst in der heißen Phase permanent „angesprochen wird, auch wenn man es nicht will“, fehlt ihm nicht. Er ist „eher online“ unterwegs, „Websites, Nachrichten-Apps, Social Media-Kanäle“ sind Quellen für Informationen. Und die lokale Presse gewinnt wie bei Benedikt Stein an Gewicht, wegen der lokalen Themen bei der lokalen Wahl.

Dass er wählen geht, war für Bennet Wienand eine klare Entscheidung. „Weil ich mehr Einfluss habe auf das, was bei mir vor der Haustür passiert. Das Ergebnis ist spürbar.“ Da brauchte es „keine Beeinflussung von außen“, schon gar keine Aufforderung aus den Reihen der Parteien. Auf seiner Agenda stehen Themen wie Sport und die dazu gehörende Infrastruktur, Einsatz für eine attraktivere Innenstadt mit Treffpunkten, Cafés und Gastronomie sowie Nachhaltigkeit in möglichst vielen Bereichen weit oben.

Wahlprogramme, Kurzvorstellungen, Online-Auftritte, auch Social Media und Youtube – Greta Wachsmuth hat sich über viele unterschiedliche Kanäle über die Wahlen in Friedrichsdorf informiert. Kennt die Kandidaten der Bürgermeister- und der Kommunalwahl, „ich denke schon, dass ich gut informiert bin“, sagt die 18-jährige Erstwählerin. Geht sie zur Wahl? „Auf jeden Fall, das war für mich sofort klar.“ Leistungskurs Politik und Wirtschaft im Abi-Jahrgang an der Philipp-Reis-Schule (PRS), daraus könnten das Gefühl der Verpflichtung und der Satz stammen: „Wählen ist der erste und einfachste Schritt zum politischen Einmischen.“ Wer ihn nicht wahrnimmt, könne sich auch nicht beschweren. „Wahrnehmen, sich gut informieren, Chancen nutzen“, so pragmatisch sieht Greta Wachsmuth ihr erstes Wahlrecht. Keineswegs aber würde sie damit „missionieren“ gehen. „Das muss jeder für sich wissen.“ Zu tun gebe es genug. Die Themen soziale Gerechtigkeit und sozialer Wohnungsbau etwa, „da ist noch Luft nach oben“.

Bei Laura Jungeblut beherrscht ein möglicher Einsatz für Jugend-, Freizeit- und Bildungsthemen das politische Gewissen. Über Instagram, Facebook, Websites und soziale Medien kommt der hauptsächliche Input, aus eigener Erfahrung weiß sie um die Schwächen der Kommune bei den Themen, die junge Menschen bewegen. Da fehlt es eklatant an Räumen und Flächen, die Fahrradmobilität lässt zu wünschen übrig, einen Traum davon hat sie gerade aus der „Fahrradstadt Münster“ mitgebracht. „Sehr enttäuscht“ wäre sie inzwischen, wenn sie nicht „reinkommt“ ins Parlament. Hängt vielleicht auch ein bisschen von ihrer Altersgruppe und deren Motivation für einen Wahlgang ab. Da hat sie viel getrommelt und was „Hochkumulieren“ bedeutet, weiß sie auch. Hält die FDP ihr Wählerpotenzial oder gewinnt gar noch ein bisschen dazu, könnte Laura Jungeblut demnächst Stadtverordnete im Steinbacher Parlament sein.

Weitere Artikelbilder



X