Neues aus dem Römerkastell Saalburg – digitaler Saalburg-Guide geplant

Soldat mit den geltenden Hygieneregeln

Bad Homburg (kb) – Es hätte ein gutes Jahr für das Römerkastell Saalburg und seine Besucher werden können. Aber mit Beginn des ersten Lockdowns am 12. März und der Absage aller Veranstaltungen stand auch die Saalburg ganz im Bann der Corona-Pandemie. Immerhin besuchten während der Öffnungszeiten im Sommer und Herbst noch insgesamt 75.000 Besucher das Kastell am Limes.

Höhepunkt dieses an musealen Ereignissen armen Jahres bildete die Eröffnung der Sonderausstellung „Hammer! Handwerken wie Kelten und Römer“ am 26. Juni 2020. Wenn die Tore der Saalburg wieder öffnen, wird die Ausstellung noch bis zum 24. Oktober 2021 zu sehen sein.

Die Do-it-yourself-Bewegung machte es populär, Baumärkte liefern das Material: Das Heimwerken ist heute eine Lebensphilosophie. Werkzeuge, die ihr Dasein in so manch einem Hobbykeller fristen, können auf eine lange Geschichte zurückblicken. Denn Dinge des alltäglichen Lebens selbst herstellen zu können, war in der Vergangenheit eine Notwendigkeit. Die Entdeckung der Eisentechnologie in der keltischen Eisenzeit ermöglichte die Herstellung von Werkzeugen mit besonderen Eigenschaften. Auch bei ihrer Auswahl der Werkstoffe zeichneten sich die keltischen und römischen Handwerker durch Einfallsreichtum und Materialkenntnis aus.

Die vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain geförderte Sonderausstellung des Römerkastells Saalburg in Kooperation mit der Keltenwelt am Glauberg behandelt die Handwerkstechniken, wie sie sich seit der Verwendung von Eisenwerkzeugen in frühgeschichtlicher Zeit abzeichnen. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Rohmaterialien, Werkstoffen, Werkzeugen und handwerklichen Produkten. Die Darstellung umfasst die archäologischen Belege für handwerkliche Tätigkeiten mit ihren spezifischen Ausprägungen bei Römern und Kelten in unserer Region. Die vorhandenen Ähnlichkeiten der Werkzeugformen und Herstellungsverfahren zeigen große Gemeinsamkeiten. Deshalb werden vor allem die allgemeinen Techniken zur Aufbereitung der Werkstoffe und handwerklichen Arbeitsabläufe dargestellt. Erstaunlich ist die Kontinuität dieser Abläufe bis in die Neuzeit. Viele Handwerkstechniken und Werkzeugformen werden bis heute fast unverändert angewendet.

Ebenso wie in der Antike besteht auch für den modernen Menschen oftmals die Notwendigkeit, mit handwerklichen Mitteln Dinge selbst herzustellen, zu verändern oder zu reparieren. Den Einstieg in das Thema bildet der Hinweis auf die private Handwerksarbeit, das Heimwerken, mit seinen modernen Handwerkzeugen und Maschinen und dem Baumarkt als Bezugsquelle für die benötigten Materialien.

Die Ausstellungskonzeption gliedert das archäologische Fundmaterial in zehn handwerkliche Themenbereiche. Sie werden nach Werkstoffen unterschieden: Eisen, Buntmetall, Holz, Textil, Ton, Stein, Leder und Bein. Für die Römer wären zusätzlich die Baustoffe Ziegel, Putz und Mörtel mit den zugehörigen Handwerken relevant.

Die Besucher können sich je nach Interesse über die einzelnen Themen informieren. Den Zugang bietet eine Aufstellung moderner Werkzeuge, Maschinen und Materialien unter einem Oberbegriff. In der Abteilung Holz sind das beispielsweise ein Elektrohobel und eine Stichsäge sowie maschinell gefertigte Konstruktionshölzer – ganz wie im Sortiment eines Baumarktes. Davon ausgehend kann die inhaltliche Verbindung zu den allgemeinen Handwerkstechniken des Sägens und Hobelns etc. und schließlich den archäologischen Fundstücken mit entsprechender Funktion hergestellt werden.

Zu jedem Thema werden drei inhaltliche Ebenen angeboten: Zunächst gibt es einen einführenden allgemeinen Texte zum Werkstoff und dem zugehörigen Handwerksbereich, des weiteren Erläuterungen zur konkreten Handwerkstechnik und Arbeitsweise und schließlich die Exponate ggf. Repliken, die das antike Handwerk illustrieren und erklären. Zu jedem Thema ist eine Minds-On-Station vorhanden, an der auf einem Monitor eine kurze Filmsequenz der praktischen Handwerksarbeit gezeigt wird. Hands-On-Stationen machen die jeweiligen Werkstoffe, spezifischen Werkzeuge oder passenden Handwerksprodukte erfahrbar.

Für die Darstellung des römischen Handwerks stammen die Exponate aus den reichen und einzigartigen Sammlungen des Römerkastells Saalburg. Teilweise zum ersten Mal öffentlich ausgestellt sind Werkzeuge ebenso wie Produkte, Werkabfälle und Halbfabrikate zu sehen. Ergänzt wird die Präsentation durch Funde der Keltenwelt am Glauberg und Leihgaben. Darüber hinaus wurden für die einzelnen Themenbereiche Repliken, Anschauungsmaterialien und Modelle im benötigten Umfang zusätzlich angefertigt.

Museumsbetrieb in Corona-Zeiten

Während der Öffnung vom 2. Mai bis zum 1. November kamen viele Besucher gerne in das Kastell und den archäologischen Park. Als Freilichtmuseum konnte die Saalburg den daheimgebliebenen Familien und Einzelbesuchern ein bisschen Urlaubsgefühl an der frischen Luft und Abwechslung im durch Kurzarbeit, Homeoffice und digitalem Schulunterricht geprägten Alltag bieten. Dabei erwiesen sich das Hygienekonzept und die verschiedenen baulichen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Besucher und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Museum, dem Musemsrestaurant Taberna und dem Shop als erfolgreich. Mit Hilfe zweier Römerfiguren, des neu eingerichteten Besucherservices durch freiberufliche Museumsführer*innen und der entsprechenden Aushänge konnte der Museumsbetrieb für alle Beteiligten störungsfrei ablaufen. „Dies war aber vor allem auch dem Verständnis für die getroffenen Maßnahmen und dem Verantwortungsbewusstsein der Besucher zu verdanken“, so das Saalburg-Team. Während der Schließungszeiten nutzte das Team der Saalburg die Zeit nun, um all die Arbeiten zu erledigen, die im geschäftigen Museumsalltag manchmal unerledigt bleiben: Vitrinen wurden gereinigt, die Fußböden aus Eichenbohlen gewachst, archäologische Funde inventarisiert, neue Ausstellungen vorbereitet und neue Veranstaltungsformate geplant.

Digitalisierung

In den Zeiten der Pandemie und der Lockdowns geht auch bei den Römern die Digitalisierung in großen Schritten voran: Auf der Homepage www.saalburgmuseum.de findet sich mittlerweile die „Digitale Sammlung“ mit ausgewählten Funden im Foto, 3d-Scan und einigen Videosequenzen zur Verwendung und Herstellung der beschriebenen Exponate. Vielleicht haben die Leser ja Lieblingsobjekte, die sie trotz Schließung des Museums gerne ansehen würden? Dann können sie eine Mail an das Römerkastell Saalburg senden und auch diese Funde können noch aufgenommen werden. Ein digitaler Saalburg-Guide ist auch bald fertig und wird die Besucher mit eigenem Smartphone nach der Wiedereröffnung durch Kastell und Ausstellungen führen.

Ein Jahresprogramm 2021 konnte zwar wegen der unsicheren und nicht planbaren Situation noch nicht aufgestellt werden, aber alle, Mitarbeiter*innen und freiberuflichen Museumsführer*innen, hoffen auf die baldige Wiedereröffnung, bei der es sicher wieder Neues im Römerkastell Saalburg zu entdecken geben wird.

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