Ein Ort, um Kraft zu tanken und neuen Mut zu finden

Hochtaunus (how). Grund zum Feiern hatte das Diakonische Werk Hochtaunus: Seit 25 Jahren gibt es die Tagesstätte für Menschen mit einer seelischen Behinderung. Auf das Jubiläum angestoßen wurde in der Englischen Kirche in Bad Homburg. Schirmherrin der Veranstaltung war Bad Homburgs Sozialdezernentin Lucia Lewalter-Schoor.

Wolfgang Kleemann vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt moderierte ein gemeinsames Gespräch mit Psychiatrie-Erfahrenen und den Gästen zum Thema „Was ist schon normal?“. Marta Kociolek, eine ehemalige Tagesstättenbesucherin, die jetzt künstlerisch aktiv ist, beschrieb, wie es ihr im Alltag mit einer seelischen Behinderung oft geht. Sie äußerte in ihrem Text auch den Wunsch, dass sie Menschen kennenlernt, die keine Scheu vor ihr haben, sondern neugierig auf sie sind. Weiterer Gast war Lutz Überschär, der ebenfalls in vielen Texten eine Form der Verarbeitung gefunden hat. Zwei Lieder, die er geschrieben hatte, wurden vom Musikworkshop des Offenen Ateliers aus Wehrheim anlässlich des Festes vorgetragen.

Arnold Langlotz, ebenfalls ein Nutzer der Tagesstätte, beschrieb, wie wertvoll ein Ort sei, an dem er wieder den Mut gefunden habe, seinen Alltag zu gestalten. Er wies auch darauf hin, wie wichtig es sei, sich rechtzeitig Hilfe zu holen.

Dr. Jens Wenke, Leitender Arzt der Vitos-Klinik, wünscht sich für Menschen mit einer seelischen Behinderung mehr Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Dr. Tobias Krohmer, Referent für Gesellschaftliche Verantwortung im Evangelischen Dekanat Hochtaunus, beschrieb aus philosophisch-theologischer Sicht, wie in der Perspektive Gottes jeder Mensch wertvoll sei und insofern für Gott Kategorien wie „normal“ und „unnormal“ keine Rolle spielten.

Christine Herbig, Mitarbeiterin der Tagesstätte, stellte dar, wie in der Tagesstätte ein respektvoller Umgang und die Achtsamkeit vor jeder Persönlichkeit geübt werde. Oft erlebe man aber auf dem Weg zur Arbeit, dass der Umgang untereinander alles andere als rücksichtsvoll sei. Diese Impulse regten auch die Gäste zum Diskutieren an. „Der Auftakt, miteinander ins Gespräch zu kommen, ist gelungen und lädt ein, weiterhin Dialoge zu gestalten und neugierig aufeinander zu sein.“

Rückblick: Die Psychiatrie-Enquete wurde von der Bundesregierung 1975 verabschiedet, um Menschen, die in der Psychiatrie viele Jahre versorgt wurden, eine Möglichkeit zu geben, in eigenen Wohnungen zu leben und den Tag selbständig zu gestalten. In den 80er-Jahren entstanden die ersten Beratungsstellen, Tagesstätten und Betreutes Wohnen.

Den Alltag bewältigen

Die Tagesstätte Bad Homburg wurde am 1. Oktober 1994 eröffnet. Die Tagesstätten für Menschen mit einer psychischen Erkrankung sind ein teilstationäres Angebot mit dem Ziel der sozialen Rehabilitation. Sie haben die Aufgabe als ein Teil der gemeindenahen Versorgung, die Betroffenen zum einen bei der Alltagsbewältigung zu unterstützen sowie Fähigkeiten durch verschiedene Arbeits- und Beschäftigungsangebote zu erproben und zu erweitern. Menschen, die an einer chronischen psychischen Erkrankung leiden, können sich für dieses Angebot anmelden. Sie benötigen ein fachärztliches Gutachten für die Aufnahme in die Tagesstätte. Die Tagesstätten sind von Montag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr geöffnet.

Die vier Tagesstätten des Diakonischen Werkes Hochtaunus in Bad Homburg, Wehrheim und Friedrichsdorf werden über den Landeswohlfahrtsverband finanziert. Zwei weitere Tagesstätte speziell für ältere Menschen mit einer psychischen Erkrankung, werden über den Hochtaunuskreis finanziert.

Die gruppenpädagogische Arbeit spielt in den Tagesstätten eine wichtige Rolle. Das soziale Lernen in der Gemeinschaft soll die Beziehungsfähigkeit fördern und zu einem stärkeren Selbstbewusstsein führen. Der Aufbau von Beziehungen hilft aus der Isolation, die durch die chronische Erkrankung oft entstanden ist. Gemeinsam können auch Aktivitäten außerhalb der Tagesstätte geplant werden.

Weitere Informationen gibt es bei Stefan Erb, Bereichsleiter der Tagesstätten des Diakonischen Werkes Hochtaunus, unter Telefon 06172-177750.



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