Saalburg zeigt eine weltweit einzigartige Sammlung

Groß waren sie nicht, die Pferde der römischen Hilfstruppen, aber die Soldaten der Truppen auf der Saalburg saßen gut ausgerüstet auf den wendigen Pferden. Archäologin Elke Löhnig, stellvertretende Museumsleiterin, und Saalburgdirektor Dr. Carsten Amrhein eröffnen die neue Dauerausstellung „Armamentaria“. Foto: a.ber

Hochtaunus (a.ber). Mit Kurzschwertern und Wurflanzen, Langschwertern und Stoßlanzen gingen die Hilfstruppen der Römer am Limes auf die Britannier los: So beschreibt es der römische Geschichtsschreiber Tacitus im 2. Jahrhundert nach Christus. Die Besatzung des Römerkastells Saalburg hatte noch mehr Power: Eine berittene Kohorte mit 600 Mann verteidigte ab etwa 135 nach Christus die Grenze des römischen Reiches nach Norden. 480 Fußsoldaten und 120 Reiter, Optio, Centurio und Signifer voran, stehen aufgereiht in der neuen Dauerausstellung – „Diese Armee ist eine Masse Mensch!“, sagte Dr. Carsten Amrhein, Direktor des Saalburgmuseums bei Bad Homburg, nachdrücklich und stolz bei Eröffnung der Schau auf der Saalburg.

Die „Cohors Raetorum Civium Romanorum Equitata“ nimmt freilich heute nicht so viel Platz ein wie früher: 600 Lego-Figuren, mit Hilfe der Spielzeugfirma speziell passend ausgerüstet und von den Mitarbeitern des Saalburgmuseums liebevoll zusammengebaut, nehmen Aufstellung in einer großen Vitrine. In der neuen Ausstellung „Armamentaria“, die jetzt eröffnet wurde, ist für Groß und Klein noch mehr zu sehen. In der ehemaligen Waffenkammer des Kastells werden erstmals alle elf Nachbauten römischer Geschütze ausgestellt, eine jetzt um zwei Geschütze erweiterte weltweit einzigartige Sammlung, die der Artillerie-Oberst aus Metz, Erwin Schramm, vor dem Ersten Weltkrieg herstellte und die im Besitz des Museums ist. Schramm hatte Kaiser Wilhelm II. nicht ohne Hintergedanken damals einen seiner ersten riesigen Geschütz-Nachbauten vorgeführt: Der Waffen-affine Wilhelm II. förderte daraufhin seine Arbeit. Die Kuratoren der neuen Dauerausstellung, allen voran die stellvertretende Museumsleiterin und provinzialrömische Archäologin Elke Löhnig, präsentieren mit Hilfe der Magazin-Bestände der Saalburg und Dauerleihgaben in einem „methodischen Feuerwerk der Museumsdidaktik“, wie Kenner der Materie betonen, die Bewaffnung der Soldaten und die Möglichkeiten einer Armee der damaligen Zeit. Glanzstück der Ausstellung: Die 2:1 Rekonstruktion eines Stein-Wachturms am Limes mit drei Stockwerken, in dem die Ausstellungsbesucher das Leben im Wachturm im originalähnlicher Größe am Modell und in zahlreichen Texten nachvollziehen können.

Begeistert zeigte Saalburg-Direktor Amrhein die Geschütz-Nachbauten. Oberst Erwin Schramm hatte Zeichnungen und schriftliche Quellen über Waffen aus hellenistischer Zeit seit dem 3. Jahrhundert vor Christus studiert; besonders Wissenschaftler aus Alexandria hatten Geschütze entwickelt und diese gezeichnet. Damals vollzog sich der Übergang von Pfeil und Bogen als Waffe zum Geschütz. Die neue Technik sah Waffen vor, die mit Luftdruck arbeiten, stationäre Bogen für große Steinkugeln oder Torsions-Geschütze, die durch die Verdrehung von Seil-Bündeln wie eine Art Maschinengewehr Munition schleudern konnten. „Dabei ging es darum, viel mehr Kraft zu erzeugen und besseres Zielen zu ermöglichen. Natürlich war die angedachte Technik nicht so umsetzbar wie heute, aber doch schon Vorläufer der modernen Waffentechnik“, so Carsten Amrhein. „Doch ein Geschütz, das 16 Schuss Munition pro Minute abgeben konnte, war damals richtig gefährlich für die es bedienende Mannschaft.“

Eine Wandmalerei im Ausstellungsraum zeigt ein riesiges, in der Antike im Irak eingesetztes Geschütz; in antiken Quellen beschreibt Flavius Josephus die Belagerung Jerusalems mit Geschützen, die Steinkugeln von 78 Kilogramm präzise schießen konnten. Mehrfach probierten Saalburg-Fachleute die nachgebauten Geschütze von Oberst Schramm schon aus: „Wir waren überrascht von ihrer Durchschlagskraft und Präzision“, sagt Amrhein, der auch schon Vertreter der Bundeswehr-Universität Hamburg zu Besuch hatte, die sich mit alten Geschützen beschäftigten.

An Medienstationen können Besucher sich über die Historie der Geschütze informieren und ein Torsions-Geschütz am Modell ausprobieren oder den Abguss eines Reliefs von der Markus-Säule aus Rom mit einem antiken Geschützwagen ansehen, auf dem auch Soldaten mit Kettenhemd und Schuppenpanzer zu sehen sind.

Ein Teil der Dauerausstellung widmet sich der Ausstattung des römischen Soldaten: Originalreste eines Schienenpanzers von der Saalburg, eine Reiterhelm-Maske aus Echzell aus dem 2. Jahrhundert nach Christus mit Schild und Speer sind in Vitrinen zu sehen, Kinder können ein Kettenhemd und Schwert anfassen und ein originales rostiges Kettenhemd bewundern. „Unser Bild von der römischen Armee als gleichförmig ausgerüsteter Truppe ist auch dank unserer Nachforschungen hier einem differenzierten Blick gewichen: Die Soldaten damals waren sehr unterschiedlich ausgerüstet“, sagt der Museumsdirektor. Ein tonnenschweres Relief, Grabstein eines römischen Vaters und Sohns in Waffenornat, hat das Stadtmuseum Wiesbaden als Dauerleihgabe beigesteuert.

Eindrücklich ist auch das von einem Tierpräparator ausgestopfte Pferd, flankiert von einem Infanteristen und einem Kavalleristen: „Römische Soldaten für die Saalburg-Kohorte wurden aus der Gegend von Augsburg rekrutiert, aber es gab auch Leute aus Frankreich, Gallien, Syrien und Nordafrika in den römischen Armeen“, so Dr. Carsten Amrhein. Die lebensgroßen Puppen sind von realistischer Anmutung. Dass die neue Dauerausstellung „Armamentaria“ in so reicher und anschaulicher Darstellung präsentiert werden kann, ist neben dem reichen Fundus des Saalburg-Museums nicht zuletzt dem Förderverein Saalburg und der Taunus Sparkasse Bad Homburg zu verdanken, die als Sponsoren besonders das Wachturm-Modell und die museumspädagogischen Stationen mitfinanzierten.

!Das Museum Römerkastell Saalburg, Am Römerkastell 1 in Bad Homburg, ist von November bis Februar dienstags bis sonntags von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.saalburgmuseum.de.

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