Alle wollen eine stärkere Stadtpolizei, aber…

Hauptamtsleiter Sebastian Köhler verfolgt mit großem Interesse, wie das mobile Radargerät am Rathausplatz von Stadtplizist Florian Reus „scharf“ gemacht wird. Foto: HB

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Die Stadtpolizei hat Heimvorteil. Die Uniformträger werden von den Steinbachern als „unsere Polizei“ wahrgenommen. Im Gegensatz zur der in Oberursel ansässigen Landespolizei kennt man ihre Namen. Aus Sicht der Bürgerschaft haben die Ordnungshüter jedoch einen Nachteil: Man sieht sie zu selten. Das ist kein Wunder, denn im Verhältnis zu den vielfältigen Aufgaben ist die Stadtpolizei dürftig besetzt. Die CDU will das in Windeseile ändern und die Planstellenzahl von 2,6 auf vier erhöhen. Die anderen Parteien werfen den Christdemokraten vor, sie machten mit diesem Thema schnöden Wahlkampf.

Innenminister Peter Beuth stand im Frühherbst im ersten Stock des Bürgerhauses, um die Stadt für ihre Teilnahme am kommunalen Sicherheitsprogramm „Kompass“ zu loben. Das hörten auch die Stadtpolizisten Thomas Ruhl und Florian Reus. Die Kollegin Beate Moog hatte dienstfrei, ansonsten wäre das komplette Team präsent gwesen. Zwei Vollzeitkräfte und die Kollegin auf 23-Stunden-Basis. Die Stadtpolizei gehörte da hin, denn sie wird es sein, die das Konzept umsetzen soll. Doch reichen dafür 2,6 Stellen?

Das „Kompass“-Projekt befindet sich noch in der Frühphase. Derzeit wird eine Fragebogenaktion ausgewertet, an der sich knapp 100 Personen beteiligt haben. Bevor nicht klar ist, wo die Steinbacher der Schuh drückt, sollten keine Beschlüsse gefasst werden, stellt Sabine Schwarz-Odewald, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtparlament, fest. „Wir warten erst einmal ab.“ Die CDU sieht das anders.

Beim Meinungsaustausch der Fraktion mit Bürgermeister Steffen Bonk zeigte der Rathauschef die personellen Defizite bei der Stadtpolizei auf. „Die Leute rufen überall nach ihr“, weiß auch Hauptamtsleiter Sebastian Köhler. Beschwerden über Falschparker seien das tägliche Brot der Stadtpolizisten. Sie regeln den Verkehr, wenn Ampeln ausfallen oder Einsatzorte der Feuerwehr abzusperren sind. Sie kümmern sich um Schrottautos und Anhänger, die Parkplätze blockieren. Sie sollen das Stadtgebiet möglichst regelmäßig bestreifen, Jugendcliquen im Zaum halten, neuerdings die Corona-Regeln durchsetzen und das mobile Radargerät positionieren. Dazu kommt auch noch die Aufenthaltsermittlung von Personen, die von der Justiz gesucht werden.

Der Ton wird rauer

Bei Patrouillen in peripheren Stadtlagen, etwa am Grünen Weg oder auf den Bolzplätzen im Norden und Süden der Gemarkung, „ist der Ton deutlich rauer geworden“, berichtet Thomas Ruhl und spricht von Provokationen. Deshalb sind die Ordnungshüter in solchen Fällen zu zweit unterwegs. Grundsätzlich arbeiten sie in zwei Schichten von 6.30 bis 22 Uhr. In den Diensträumen unter dem Rathausdach sei noch Platz für zusätzliche Kollegen, die es erlauben würden, bei Radarkontrollen und an der Grundschule Schwerpunkte zu setzen.

Die CDU ließ sich vom Bürgermeister noch dahingehend informieren, dass die Stadtpolizei auf rücksichtslose Radfahrer achte und Einwohner zur Rede stelle, wenn aus ihrem Garten Büsche auf Gehwege wucherten. Aus dieser Bestandsaufnahme folgerte Fraktionschef Holger Heil: „Wir brauchen sobald wie möglich vier volle Stellen.“ Die Christdemokraten haben es derart eilig, dass sie bereits jetzt einen Etatantrag auf den Weg bringen, obwohl der Haushalt – mithin auch eine Gegenfinanzierung – noch gar nicht vorliegt.

Der Ausbau der Stadtpolizei würde rund 60 000 Euro kosten. Bei einem Etat von 20 Millionen Euro werde man die Finanzierung hinbekommen, meint der Stadtverordnete Heino von Winning. Das Verhalten der CDU wird in den anderen Fraktionen als schwerer Verstoß gegen parlamentarische Gepflogenheiten gewertet. „Die CDU will sich Vorteile im anstehenden Kommunalwahlkampf verschaffen,“ heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Koalitionspartner von FDP und SPD. In der nächsten Gesprächsrunde der Fraktionsvorsitzenden, das darf man vorhersagen, wird es frostig zugehen.

Die Prozedur stößt auf Ablehnung, aber in der Sache sind die Fraktionen ziemlich nahe beieinander. Alle Fraktionen wissen, dass Vertrauen in die Politik von einer funktionierenden Stadtpolizei abhängt. „Wir sind unbedingt dafür, mehr Ordnungspolizisten in Steinbach zu erhalten“, formuliert FDP-Fraktionsvorsitzende Astrid Gemke. Doch zunächst müsse der Haushaltsentwurf auf den Tisch. Und die „Kompass“-Befragung abgewartet werden, ergänzt ihr Kollege Jürgen Galinski von der SPD. Stadtverordnete fragen sich, warum der Haushaltsentwurf des Magistrats nicht bereits vier Planstellen für die Stadtpolizei vorsehe. Die Antwort sollte im Parlament gegeben werden.

Weitere Artikelbilder



X