Mara ist ein Tennisass mit Bodenhaftung

Der Tennisplatz ist für Mara Beyerle praktisch ein zweites Zuhause, dennoch hat die junge Frau beruflich ganz andere Pläne. Sie möchte am liebsten Medizin in Heidelberg studieren. Repro: HB

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Es gibt gute Sportlerinnen in dieser Stadt und eine davon ist Mara Beyerle. In den vergangenen Jahren hat sie Hessentitel am Stück gesammelt. Mit der Jugendmannschaft des Tennisclubs und im Einzel. Erst in der Altersklasse U14 und gerade erst wurde sie Landesmeisterin bei den Jugendlichen unter 16 Jahren. Jetzt steht sie sogar auf der deutschen Damen-Rangliste. Doch bei allem Talent, trotz Disziplin und genügend Ehrgeiz bleibt Tennis für sie die herrlichste Nebensache. Sie will Ärztin und kein Profi in der Womens Tennis Association (WTA), also der Damenliga im Tennis werden.

Sie steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Das liegt auch an ihrer Mutter Heide, von Beruf Geographin und Naturpädagogin, die im Vorstand des Tennisclub als Betreuerin für die Jugendteams fungiert. Heide Beyerle ist außerdem auch für das Clubheft verantwortlich, in dem ihre Tochter aus gutem Grund mehrfach zu sehen ist. Um überhaupt eine Chance auf eine Profikarriere zu haben, müsste Mara ihr Leben allerdings komplett auf Tennis umstellen. Anstatt wie bisher sechs müsste sie bestimmt die doppelte Stundenzahl trainieren und in ein Sportinternat wechseln. Das ist für die junge Frau aber kein attraktives Lebensmodell.

Mara kann noch viel mehr, als auf den Filzball eindreschen. Im Halbjahreszeugnis der zehnten Klasse der Kronberger Altkönigschule kommt sie auf einen Notenschnitt von 1,2. In Englisch, Spanisch und Deutsch steht sie auf Eins, in lediglich vier Fächern auf Zwei. Doch wer Medizin studieren will, unterliegt einem Numerus Clausus von 1,3 und deshalb ist Mara zufrieden, dass es momentan für einen Studienplatz an der Universität Heidelberg reichen würde. Das ist ihr Maßstab.

Profitennis ist kein Lebensmodell

Etwas ganz besonderes ist die Siegesserie ihrer Jugendmannschaft, die in der Hessenliga fünf Jahre ungeschlagen war und in der letztjährigen Freiluftsaison lediglich Meister Schwalbach unterlag. Nachdem Carina Sommer in Florida ein Studium begonnen hat und nunmehr im Collegeteam spielt, ist Mara zur Mannschaftskapitänin gewählt worden. Die Spielgemeinschaft mit Kronberg bleibt konkurrenzfähig, denn Steinbach ist nicht alleine wegen seiner wunderschön im Wald gelegenen Sandplätze, sondern auch wegen des Trainerstabs um den einstigen ATP-Profi Laurence Matthews, eine begehrte Adresse.

Der gebürtige Engländer, mit einer Steinbacherin verheiratet und mittlerweile deutscher Staatsbürger ist, hat ein feines Händchen bei der Förderung talentierter Spieler.Er bringt Mara kontinuierlich nach vorne, hat sich zuletzt vor allem um deren Aufschlag gekümmert. Um ihren Schläger sorgt Mara sich schon selbst und kann nach einem Schülerpraktikum im Steinbacher Tennisshop den Rahmen eigenhändig bespannen. In 35 Minuten ist diese Arbeit getan. Zielstrebig verfolgt sie den Plan, als Trainerin zu arbeiten. Mara besitzt bereits die Qualifikation zur Übungsleiter-Assistentin. Vieles von dem, was die 16-Jährige anpackt, führt sie zu einem guten Ende. Den letzten Hessentitel gewann sie auf der Offenbacher Rosenhöhe nach vier Siegen ohne Satzverlust. Den allerersten holte sie als Sechsjährige – also vor zehn Jahren.

Zum Abi ohne „Satzverlust“

Im kommenden Winter wird sie keinen Hallentitel gewinnen, denn es scheint so, als erlaube Corona endlich den ersehnten Schüleraustausch nach Neuseeland. Mara hat die Zusage, bei einer Familie in der Nähe der Hauptstadt Wellington wohnen und dort ein halbes Jahr lang die Schule besuchen zu dürfen. Tennisplätze gehören auch dort zum Campus, aber Mara will auch Neues kennenlernen. Sie hat sich vorgenommen Angebote wahrzunehmen, die es hierzulande auf dem Lehrplan nicht gibt. Zum Beispiel Kanufahren, Reiten und Frisbee. In den hiesigen Weihnachtsferien, wenn in Down Under Sommer ist, wird sie ihre Familie in Steinbach besuchen. Ab April nächsten Jahres steht Mara dann wieder auf dem Tennisplatz im Stadtwald und im Herbst beginnt der Endspurt bis zum Abitur. Den wird sie, um es in der Tennissprache auszudrücken, auch ohne Satzverlust schaffen.

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