Steinbach. Die Spitze des rot-blauen Zirkuszelts war schon von Weitem zu sehen. Auf der Wiese hinter dem Friedhof hatte der Zirkus ZappZarap“ Station gemacht. Das letzte Mal war das Projekt 2019 zu Gast beim Betreuungszentrum Geschwister-Scholl-Schule. Jetzt durften die 175 Jungs und Mädchen, die die Einrichtung derzeit besuchen, wieder Zirkus machen.
Am Wochenende waren die Eltern, Geschwister, Omas und Opas, Freunde und jeder, der noch eine der wenigen Restkarten ergattern konnte eingeladen, die Show der Kinder zu besuchen. Voller Begeisterung und sichtlich stolz zeigten sie, was sie innerhalb von fünf Projekttagen einstudiert hatten. Den Grundschülern war nichts zu schwer. Vormittags Schule, nachmittags Zirkustraining und schließlich der Höhepunkt, Generalprobe und großes Finale mit Lampenfieber und Vorstellung in der Manege.
„Die Kinder sind förmlich über sich hinausgewachsen“, zieht Birgit Katona, Leiterin des Betreuungszentrums, Bilanz nach einem geglückten Auftritts-Marathon am Freitag und Samstag. „Unermüdlich haben die Jungs und Mädchen in ihren jeweiligen Workshops geübt, und das zeigt, wie wichtig ihnen dieses Projekt war“, freut sie sich. Die Kinder konnten sich nach einer Einführungsveranstaltung entscheiden, welche Nummer sie gern wollten. Um diese Qual der Wahl etwas einfacher zu machen, führten die 16 Betreuer in einer kleinen Vorstellung alles einmal vor. „Da haben wir uns ganz schön blamiert“, lacht Birgit Katona beim Gedanken an die kleine Show. Anschließend wurden die Kinder auf die insgesamt 13 Workshops aufgeteilt. Da gab es Zauberei, Clowns, Feuer und Fackel, Akrobatik, Kugellauf, Jonglage, Seilspringen und vieles mehr. Statt Kompetenzen, die normalerweise im Schulalltag gefragt sind, ging es hier um ganz andere Fähigkeiten. „Da wurden auch stille Kinder plötzlich sichtbar und haben sich ganz groß gemacht. Das war sehr schön mitzuerleben“, freut sich Katona.
Jeder jubelte jedem in der Manage unterm Zirkuszelt zu, egal ob die Nummer nun geklappt hatte oder nicht. Viermal ausverkauftes Haus – es mussten sogar potentielle Zuschauer, die auf Restkarten gehofft hatten, wieder nach Hause geschickt werden. „Wir haben es sehr genossen, dass wir hier einfach zusammen sein konnten“, fasst die Leiterin des Betreuungszentrums die Atmosphäre in Worte. Der neunjährige Ronas, der ganz mutig das Publikum als Fakir verzauberte, fasste sein Zirkusabenteuer wie folgt zusammen: „Ich wusste gleich, das ist meins, und ich habe es auch nicht bereut“, so der Drittklässler. Sein Geheimrezept für die spektakuläre Nummer: „Einfach trauen“. Auch die neunjährige Saskia war mutig und legte sich als Fakirin aufs Nagelbrett. „Mein kleiner Bruder hatte Angst, ich könnte mir blutige Füße holen. Das fand ich schon sehr süß“, berichtet sie gerührt. Elias und Anton, beide zehn Jahre alt, hatten eine Fackel-Show einstudiert. Gemeinsam hatten sie mit ihrer Gruppe trainiert, um sicherer im Umgang mit dem Feuer zu werden und vor allem das Drehen der Fackeln synchron hinzubekommen. „Über dem Kopf drehen ist besonders schwer“, verrät Elias. „Und vor dem Körper sieht es besonders gut aus“, ergänzt Anton.
Damit das Projekt überhaupt starten konnte, hatte der Förderverein des Betreuungszentrums durch viele Aktionen fleißig Geld gesammelt. „Die Summe eines Kleinwagens brauchen wir, damit wir das hier machen können“, verrät Birgit Katona. Ziel sei es, dass der Zirkus alle vier Jahre nach Steinbach kommt, sodass jedes Kind des Betreuungszentrums in seiner Grundschulzeit diese großartige Erfahrung machen kann.
Leuchtende Kinderaugen und der tosende Applaus der Zuschauer im Zirkuszelt waren der Lohn für diese Mühe.