Ein Projekt, das alle miteinander verbindet

Von Noemi El Manshi

Steinbach. Ein intensiver Abend im Evangelischen Gemeindehaus. Unter dem Titel „Echt jetzt?“ präsentierte eine Mehrgenerationengruppe aus zwölf Jugendlichen sowie aus 25 Erwachsenen ein lebendiges Programm aus Musik und Theater, das die St. Georgsgemeinde im Rahmen ihrer Reihe „Musik für alle“ auf die Bühne brachte. „Musik für alle“ steht seit 2005 für musikalische Vielfalt in Steinbach.

Der Saal war gut gefüllt, die Reihen nahezu voll, und die Mischung aus Eltern, Freunden, Angehörigen und Interessierten saßen aufmerksam und erwartungsvoll auf ihren Stühlen, getragen vom Gedanken, dass hier nicht Perfektion, sondern Echtheit zählt. Geleitet und organisiert wurde der Abend sowie das gesamte Projekt von Ellen Breitsprecher und Annika Baumgart, die gemeinsam mit ihrem Team ein Repertoire zusammenstellten, das Jahrhunderte musikalischer Geschichte vereinte und von Klavier, Flöte, tollem Gesang sowie spürbarer Spielfreude erfüllt wurde. Vom Renaissance-Chorstück „Je Ne L’ose Dire“ von Pierre Certon über den Comedian-Harmonists-Klassiker „Mein kleiner grüner Kaktus“ bis hin zu Popsongs wie „Believer“ und „Happy“ verbanden sich Stile und Epochen zu einem zugänglichen Klangbild, das Jung und Alt zusammenbrachte. Zwischen den verschiedenen Musiknummern setzten kurze Theaterszenen pointierte Akzente, viele davon eigens von der Leitung des Projekts und zum Teil von Jugendlichen entwickelt. Das Thema „Was ist echt, was ist fake?“ wurde immer wieder spielerisch, dialogisch und mit Augenzwinkern umgesetzt. Gleich zu Beginn wurden humorvoll die Regeln für das Publikum eingeführt. Die Kinder in der Schule überlegten im ersten Akt nach den Worten des Bürgermeisters Steffen Bonk, der selbst einen kurzen Gastauftritt hatte, der das Motiv „Gemeinsam geht das Leben besser, jede und jeder trägt sein Päckchen“ unterstrich, ob „Drama“ zunächst kennengelernt werden müsse, um nicht darin zu versinken. Eine Mitmachaktion ließ später die „Gerüchteküche“ hörbar werden. Ein geflüstertes Gerücht wanderte reihum und machte Klatsch und Lästern als soziale Dynamik erlebbar – passend zur gesellschaftskritischen Perspektive des Abends.

In szenischen Miniaturen wurden unterschiedliche Blickwinkel aufgezeigt: Lehrkräfte, die keine Roboter sind, Schulleitungen, die Belastungen im Blick behalten und Schüler, die oft funktionieren müssen, aber sich Raum zum Atmen, mehr Gelassenheit und weniger Fixierung auf Noten wünschen. Der rote Faden blieb die Frage nach dem „echten“ Leben jenseits von Leistungsdruck, dem ständigen „mehr wollen“ und der Sehnsucht nach Momenten, in denen einfach durchgeatmet und Alltag genossen werden kann – nicht nur in den Ferien. Damit führte das Projekt seine gesellschaftskritische Linie konsequent fort. Schule, Erwachsenwerden, Lästern, Gerüchte und das schwer fassbare Ziel „glücklich sein“ wurden zugänglich, stark humorvoll und nachdenklich zugleich inszeniert. Die Präsentationsarten machten das Musical besonders lebendig, unter anderem gab es auf der Bühne Zitate, einen Podcast, eine Therapiesitzung und vieles mehr, was das klassische Theater um einiges

erweiterte.

Miteinander auf Augenhöhe

Die Idee zum Projekt entstand durch den Erfolg des Musicals „Kwela, Kwela“, das 2024 den Auftakt zum „Steinbach Open Air“ bildete und den Wunsch befeuerte, eine Bühne zu schaffen, auf der Generationen einander begegnen und voneinander lernen. Seit März wurde wöchentlich geprobt, oft getrennt nach Gruppen, um Lerngeschwindigkeiten zu berücksichtigen, aber immer mit dem Ziel eines Miteinanders auf Augenhöhe. Ein Ansatz, den Breitsprecher als zentrales Qualitätsmerkmal der Arbeit beschreibt . Ob eine Fortsetzung folgt, bleibt offen. Der sichtbare Enthusiasmus und die positiven Erfahrungen sprechen allerdings für eine erneute Zusammenarbeit in der Reihe „Musik für alle“ der St. Georgsgemeinde. Das gesamte Team bedankte sich bei seinen Förderern, Spendern, Sängern, Helfern und bei der Stadt.

Bürgermeister Steffen Bonk erzählt bei seinem Gastauftritt, dass alle Sichtweisen in der Schule berücksichtigt werden müssen, dass Kinder jedoch ein Recht auf Freizeit haben und ohne großen Druck aufwachsen sollten. Die anderen Performer goutieren das.Foto: nel

Der Projektchor „Echt jetzt?“ präsentiert verschiedene, ganz unterschiedliche Stücke, die zum Thema passen.Foto: nel

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