Mit Velomobil für die Verkehrswende

Stefan Legner (vorn 2. v. l.) aus Steinbach erregte mit seinem blauen Velomobil viel Aufmerksamkeit bei der Sternfahrt. Angeführt wurde die Gruppe von Bengt Köslich von der ADFC-Ortsgruppe Oberursel/Steinbach. Foto: Jürgen Streicher

Von Jürgen Streicher

Steinbach. Hunderte Radfahrer aus dem Hochtaunuskreis haben sich am Sonntag von mehreren Startpunkten aus der großen Hessensternfahrt nach Wiesbaden angeschlossen. Gemeinsames Ziel: Eine bunte Demonstration für eine „zeitgemäße Verkehrswende“, für die sie mit behördlicher Genehmigung auch rund 35 Kilometer auf der Autobahn fahren durften. Einer dieser Startpunkte war das Apfelweinbrückchen.

In einer Parkanlage der Landeshauptstadt wurden am Nachmittag bei einem „Verkehrswende-Festival“ mit tausenden Besuchern Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir rund 70 000 Unterschriften für ein Volksbegehren zur Verkehrswende überreicht. Ein breites Bündnis hat diese ein Jahr lang gesammelt. Nötig gewesen wären etwa 44 000.

So bunt und vielfältig, wie es sich die Organisatoren gewünscht haben, ging es allerorten zu. Menschen mit Tourenrädern, Lastenrädern, E-Bikes und Sitzrädern, Räder mit und ohne Anhänger, wie es halt gefällt. An der Apfelweinbrücke am Ortsrand von Steinbach war die „Delegation“, die sich dem Aufruf des ADFC Hochtaunus angeschlossen hatte, um 11 Uhr schon auf rund 100 Radler mit den unterschiedlichsten Modellen unter dem Hintern angewachsen. Die ersten waren bereits eine Stunde zuvor in Friedrichsdorf am Landgrafenplatz gestartet, über Treffpunkte an den Bahnhöfen in Bad Homburg und Oberursel ging es zur Westgrenze des Hochtaunuskreises.

Wo an der Brücke unter den Weidenbäumen Stefan Legner aus Steinbach mit dem absoluten Hingucker vorgefahren war. Sein himmelblaues Velomobil Modell Milan im schnittigen Design dürfte später auch dem Verkehrsminister gefallen haben. Nur noch mit dem Kopf lugte der Lenker aus seiner schmalen Fahrerkabine. Im Verbund mit den anderen schlug aber auch er eine geruhsame Gangart ein, zu der „Gruppenführer“ Bengt Köslich bei der Vorbesprechung mahnte. Das war so mit der Polizei ausgemacht, die dem Tross der Radler Richtung Frankfurt voran fuhr. Es sollte eine gemütliche Tour nach Wiesbaden werden, trotz erlaubter Nutzung ungewohnter Pisten.

An der Apfelweinbrücke übernahm Bengt Köslich von der ADFC-Ortsgruppe mit Wimpel am Lenker die Führung, stets in Kooperation mit der Polizei, die als Begleitschutz ihre Aufgabe als Freund und Helfer perfekt erfüllte. Die 11-Uhr-Kolonne hatte sich den Umweg über Frankfurt vorgenommen, um bei der großen Auftaktveranstaltung in der Friedrich-Ebert-Anlage vor der Messe ab 12 Uhr dabei zu sein, wo auch die Sternfahrer aus Hanau, Friedberg und Darmstadt zum großen Trip nach Wiesbaden starteten. Erst über die A 648, dann über die A66, die extra für den Autoverkehr gesperrt wurde. Eine zweite geführte große Gruppe aus dem Hochtaunus mit späteren Abfahrtszeiten in Oberursel, Königstein, Kronberg stieß an der Anschlussstelle Höchst beim Main-Taunus-Zentrum auf der A 66 zum großen Peloton.

Natürlich war auch Patrick Schneider-Ludorff dabei, der Oberurseler Vorsitzende des ADFC Hochtaunus. „Wie dringend wir die Verkehrswende benötigen, wollen wir zeigen, indem wir diese wichtige Pendler-Autobahn symbolisch für einige Stunden zum längsten Radschnellweg Hessens machen“, so Schneider-Ludorff. Trotz gemütlicher Fahrt mit etwa 15 Stundenkilometer Geschwindigkeit. Denn „auch für Ältere und für Familien mit Kindern entsteht so für eine kleine Weile eine leicht und sicher nutzbare Radroute über viele Kilometer“, wirbt der leidenschaftliche Radfahrer für die Verkehrswende im Hessenland.

Ein „zeitgemäßes Verkehrswendegesetz“ ist das Ziel, das ADFC und BUND, VCD und der Fachverband Fußverkehr Deutschland (FUSS e.V.) anstreben, dafür wollen sie mit ihren gesammelten Unterschriften ein Volksbegehren erreichen. Damit irgendwann mindestens 65 Prozent des Verkehrs vor allem in den Ballungsräumen zu Fuß, per Rad oder mit dem Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) abgewickelt wird. Die Veranstalter hatten für die Sternfahrt bis zu 20 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet, zeitweilig dürften es bis zu 10 000 gleichzeitig auf der Autobahn gewesen sein, schätzten auch Polizeisprecher. Am späten Nachmittag meldete die Polizei etwa 8 500 Radler auf der Autobahn, am Abend einigte man sich auf rund 10 000 Radelnde.

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