Bad Homburg (hw). „Service-Clubs wie Rotary unterstützen gesellschaftlich wirksame Projekte mit beträchtlichen finanziellen Mitteln“, sagt Jürgen Seibert, Präsident des Rotary Clubs Bad Homburg-Schloss. „Sie haben aber auch die Aufgabe, Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft zu erkennen und sich für deren Beseitigung oder Minimierung einzusetzen.“
Der Rotary Club Bad Homburg-Schloss habe die zuletzt gestiegenen Zahlen der Kindeswohlgefährdung in Deutschland und Hessen mit großer Sorge betrachtet. Für Jürgen Seibert war diese Entwicklung Anlass, die Politik, insbesondere politisch Verantwortliche in Hessen, auf diesen Missstand aufmerksam zu machen und Hilfe einzufordern.
In Zusammenarbeit mit dem Inner Wheel Club Bad Homburg und deren Präsidentin Dr. Beate Gießler-Münker wies er im Rahmen einer Anhörung im Hessischen Landtag in Wiesbaden beim CDU-Landtagsabgeordneten Holger Bellino auf den alarmierenden Zuwachs der Kindeswohlgefährdung in Hessen hin. Dabei machte er zugleich auf die hervorragende Arbeit der medizinischen Kinderschutzambulanz der Universitätsklinik Frankfurt am Main unter der Leitung von Professor Dr. Matthias Kieslich und Oberarzt Dr. Marco Baz Bartels aufmerksam. Beide Mediziner stellten bei diesem Besuch ausführlich ihre Arbeit vor, die sie bereits seit 2010 für den Kinderschutz mit nur unzureichender finanzieller Kostendeckung leisten.
Dieser Einsatz hatte Folgen: Die Hessische Landesregierung hat mittlerweile erklärt, die Kinderschutzambulanz mit 800 000 Euro zu fördern. „Hier hat die Politik zugehört, geprüft und gehandelt“, sagt Seibert. „Namentlich Herrn Bellino, der CDU Landtagsfraktion und Ministerpräsident Volker Bouffier sowie der Hessischen Landesregierung gebührt ein großes Lob und unser Dank für diese großartige Unterstützung.“ Der Förderbetrag erlaube der Kinderschutzambulanz, der steigenden Zahl von Kindeswohlgefährdungen wirksamer begegnen zu können.
Hierzu wolle auch der Rotary Club Bad Homburg Schloss seinen Beitrag leisten. Mit einer Spende von 5000 Euro, die zur Finanzierung eines Pan-Ophthalmoskopen sowie dem notwendigen Zubehör dient, könne in Zukunft die Untersuchung des Augenhintergrunds bei Kindern und Jugendlichen erfolgen und mögliche Verletzungen könnten erkennbar gemacht werden; so zum Beispiel auch die typischen retinalen Einblutungen bei geschüttelten Säuglingen.
Unter Kindeswohlgefährdung versteht man die Vernachlässigung, sexuellen Missbrauch, psychologische, emotionale und körperliche Misshandlung von Kindern und Jugendlichen. Allerdings spricht man auch von Kindeswohlgefährdung, wenn beispielsweise Babys durch kräftiges Schütteln ein Schütteltrauma erfahren, weil Eltern durch Überforderung nicht mehr wissen, wie sie das Schreien des Kindes stoppen können. Dies führt nicht selten zu schwersten Schädigungen des Hirns, schweren Seh-, Hör- und Sprachstörungen bis hin zum Tod des Kindes.
„Bei Verdachtsfällen von Kindeswohlgefährdungen, gleich welcher Art, sind wir alle gefordert, diese Fälle nicht zu ignorieren, sondern zu melden, sei es von Nachbarn, Freunden oder Verwandten. Aber auch Ärzte und Kinderärzte dürfen hier einer möglicherweise unangenehmen Situation nicht aus dem Weg gehen, sondern müssen im Interesse aller Beteiligten, vor allem natürlich des Kindes, potenzielle Fälle von Kindeswohlgefährdung zur Anzeige bringen. Es ist außerordentlich wichtig, dass diese Fälle nicht totgeschwiegen werden, sondern aus der Tabuzone geholt werden“, sagt Seibert.
„Wir gehen davon aus, dass die Anzahl der registrierten Kindeswohlgefährdungen weiter zunehmen werden – nicht, weil es tatsächlich mehr Fälle gibt, sondern weil mehr Fälle bekannt werden und es mittlerweile zuständige Anlaufstellen gibt. Die erhöhte Aufmerksamkeit für diese Thematik ist sehr positiv, auch wenn die vielen Fälle uns natürlich betroffen machen“, betont Dr. Marco Baz Bartels.
Aufgrund der Corona-Pandemie erfolgte die Übergabe der Spende, mit der unter anderem ein Gerät zur Untersuchung des Augenhintergrunds erworben wurde, online. „Die Freude auf den Gesichtern der Beteiligten lässt sich dennoch gut erkennen“, meint Seibert.