Sie wollte alles und bekam sogar Kulenkampff als Trauzeugen

Viele Erinnerungen an Kollegen und Auftritte werden bei Schauspielerin Margit Wolff beim Stöbern in alten Unterlagen wach.Foto: fch

Friedrichsdorf (fch). Mehr als 50 Jahre war die Bühne ihr Arbeitsplatz und zweites Zuhause. Sie stand im Scheinwerferlicht mit Kollegen wie Hans-Joachim Kulenkampff, Elke Sommer, Gunther Philipp, Judy Winter, Günter Strack, Eva Pflug, Gunnar Möller, Barbara Wussow und Walter Renneisen. Sie spielte die New Yorker Hutmacherin Irene Molloy im Musical „Hello, Dolly“. 1968 machte sie politisches Theater, stand mit Pavel Kohout-Texten auf der Bühne und spielte die Doppelrolle der Shen Te/Shui Ta in „Der gute Mensch von Sezuan“ von Bertolt Brecht. Hörspielfans ist sie als taffe Privatdetektivin Jane Collins von John Sinclair ein Begriff. In vielen der insgesamt 107 Hörspielfolgen des „Tonstudios Braun“ ist sie die deutsche Stimme der Jane Collins. Zu sehen ist sie auch in Rosamunde Pilcher-Filmen und als „Sissi“ in einer EWG-Einspielung (Einer wird gewinnen) zu sehen. In ihrer Wahlheimat Friedrichsdorf trat sie 1982 mit Kollegin Ruth Fischlin bei einer Matinee mit „Gedichten, Balladen und Frauengestalten aus Goethes Werken“ im Rathaus auf. Bereits dieser Ausschnitt zeigt wie groß das Repertoire der Theater- und Filmschauspielerin Margit Wolff ist. Sie war in mehr als 120 Rollen zu sehen.

Dass sie einmal auf der Bühne stehen würde, war Margit Wolff in die Wiege gelegt worden. Beide Eltern waren am Theater. Ihre Mutter Mimi Gyenes als Schauspielerin und Sängerin, ihr Vater Heinz-Wolfgang Wolff als Intendant. „Meine Mutter war ein Star. Geboren bin ich in Thorn, das heute zu Polen gehört. Da hatte sie 1942 ein Engagement am Theater“, berichtet Margit Wolff. Für das in Plauen, Karlsruhe und Koblenz aufgewachsene Mädchen lautete die einzige Frage: Werde ich Sängerin, Tänzerin oder Schauspielerin? Sie entschied sich fürs Schauspiel, besuchte die Schauspielschule in Bern und die Berliner Max-Reinhardt-Schule. In den ersten 14 Jahren ihrer Karriere hatte sie feste Engagements an Stadttheatern in Kassel, Bern und Karlsruhe. Danach arbeitete sie als freie Schauspielerin bei Tournee-Theatern, in Musicalinszenierungen, Filmen und Fernsehproduktionen. Zu ihren Lieblingsrollen gehören Brechts Shen Te, die Doris aus der Komödie „Der Witwenclub“ von Dorothy Cannell, die Stella aus dem gleichnamigen Trauerspiel von Goethe und die Mademoiselle Colombe von Jean Anouilh. „Ich habe sehr gerne ernste Rollen gespielt. Die Böse zu spielen ist immer schöner, interessanter und facettenreicher als die Gute. Meine größten Erfolge hatte ich aber mit komischen Rollen wie etwa „Das Haus in Montevideo“ an der Seite von Gunther Philipp.“ Mit Hans-Joachim Kulenkampff (Kuli) spielte sie unter anderem in der Wiener Josefstadt „Des Teufels General“. Kuli war ihr Trauzeuge als sie ihren zweiten Mann, den Redakteur Horst Wolf in Friedrichsdorf heiratete. „Die Folge war, dass keiner die Braut beachtete“, berichtet sie schmunzelnd.

Zuletzt stand Margit Wolff vor fünf Jahren bei den Sommerspielen in Bensheim-Auerbach auf einer Theaterbühne. Fit hielt sie ihr stressiger Beruf „man muss zäh und diszipliniert sein“ und „ohne Lampenfieber ist man kein guter Schauspieler.“ Zu den Hobbys gehörte Wandern und Bergsteigen, heute Spazierengehen. Mit ihrem Mann ist sie viel gereist, „wir haben alle Reisen selbst organisiert und viel von der Welt gesehen“. Unter anderem reiste das Paar im Herbst 1987 sechs Wochen lang durch China. „Dort habe ich mir nach zähem Feilschen mit einer gerissenen Händlerin auf einem Nachtmarkt Masken von der Peking Oper gekauft.“

Bis heute liebt die Schauspielerin Sprechen und Sprachen. Gerade hat sie einen Spanischkurs belegt. Seit 2015 engagiert sich dievielseitige Schauspielerin sehr für Hilfsprojekte der Organisation „Sathi Friends für Nepal “ in Nepal. Einmal im Jahr ist sie dort, bringt Geld und Hilfsgüter zu den Bedürftigen. Im November 2021 besuchte sie 14 Waisen in einem Waisenhaus außerhalb von Kathmandu. Im Gepäck hatte sie unter anderem sechs Kilo Schokolade, Schulranzen und Schulmaterial. Mit Labrador Kevin „ohne Hunde kann ich nicht leben“, erkundet sie Köppern und Umgebung, mit Enkel Jay (11) besucht sie den Sportplatz. In Friedrichsdorf gefällt ihr alles bis auf den Bahnhof. Heute wird Margit Wolff 80 Jahre alt. Gefeiert wird getreu des Mottos ihres letzten Stückes in Auerbach „Was zählt ist die Familie“ im Familienkreis. „Ich wollte alles: Theater, Ehe, Kinder, Hunde, Kochen und Garten!“ Der Wunsch ging in Erfüllung.

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