Reform des Sonntagsgottesdienstes

Friedrichsdorf (fw). „Hat der Sonntagsgottesdienst eine Zukunft?“ so fragten sich Kirchenvorsteher der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Seulberg zu Beginn des Jahres nach einem Gottesdienst, der von gerade einmal sieben Personen besucht war. Man war sich einig: Corona hält einige davon ab, einen Gottesdienst im geschlossenen Kirchraum zu besuchen. Der Gesang fehlt. Die Maske stört. Der Abstand konterkariert die Zusammenkunft. Die Kirchengemeinde wich lange Zeit auf digitale Formate aus. Seit dem Sommer aber hat die lutherische Kirchengemeinde einige alternative Gottesdienstformen in Präsenz angeboten: einen Picknickgottesdienst, einen Mehrgenerationengottesdienst, einen Outdoor-Gottesdienst an Erntedank und am Heiligen Abend.

„Diese Gottesdienste waren deutlich besser besucht als der traditionelle Sonntagsgottesdienst und sind auf gute Resonanz gestoßen. Familien meldeten zurück, dass sie den 11-Uhr-Termin für den Mehrgenerationengottesdienst gut wahrnehmen könnten. Fast 300 Besucher erfreuten sich an den kurzweiligen Outdoor-Krippengottesdiensten am Heiligen Abend. Die traditionelle Christvesper war sehr gut besucht. Und auch Experimente wie der Epiphanias- und der Musikgottesdienst wurden gerne angenommen. Das endlich wieder gefeierte traditionelle Abendmahl bot eine intensive spirituelle Erfahrung“, schreibt Pfarrer Thomas Krenski.

Im Kirchenvorstand gab man im Anschluss an ein Buch des Theologen Thomas Kirsch-Hüffel die Parole aus: „Die Zukunft des Gottesdienstes beginnt jetzt.“ Der Kirchenvorstand hat in seiner Januar-Sitzung im Blick auf die sehr verschiedenen Bedürfnisse der bunten Seulberger Bevölkerung eine Reform des Sonntagsgottesdienstes beschlossen, die ab Februar greift. Sie soll den verschiedenen Bedarfen und Möglichkeiten, den diversen Lebensgefühlen und -welten entgegenkommen.

So lädt die Gemeinde für jeden ersten und vierten Sonntag im Monat zu den traditionellen agendarischen Gottesdiensten am Sonntagmorgen ein. Nicht mehr aber um 9.45 Uhr, sondern – wie nahezu überall in der evangelischen Welt – um 10 Uhr. Am ersten Sonntag feiern die Seulberger Christen Abendmahl. Am vierten und fünften Sonntag steht die Predigt im Mittelpunkt. Am zweiten Sonntag im Monat bietet man einen Sonntagabendgottesdienst um 18 Uhr an. Die abendliche Atmosphäre lädt zur Besinnung, zur Meditation und Einkehr ein. „Wir denken an Taizé-, Literatur-, Musik- und Meditationsgottesdienste. Aber auch das Modell der sogenannten ‚Thomasmesse‘ – ein Gottesdienst für „Zweifelnde“ – hätte hier Platz“, so Krenski. Am dritten Sonntag im Monat haben alle Generationen, insbesondere Kinder und ihre Familien, um 11 Uhr im Kirchenschiff oder um die Kirche Platz.

Die Kirchengemeinde lädt nicht nur ihre Mitglieder, sondern alle Mitbürger ein, auf ganz verschiedene und inspirierende Weise Gottesdienst zu feiern. „Die Zukunft des Gottesdienstes beginnt jetzt…“



X