Die „Tage Alter Musik“ – Vergangenheit „belcanto“ mit neuer Interpretation von Hildegard von Bingens „Ordo Virtutum“

Mit diesem Konzert, bestritten von „belcanto“ unter Dietburg Spohr gingen nicht nur die diesjährigen Konzerte Alter Musik zu Ende, sondern diese Konzertreihe überhaupt. Die „Tage Alter Musik“ gehörten elf Jahre lang zum herbstlichen Programm der Kulturgemeinde in der Alten Martins-Kirche in Hornau. Sie waren wegen der Kosten und auch teilweise nicht immer befriedigender Zuschauerzahlen in die Kritik derjenigen geraten, die das Geld für die Kosten lieber an anderer Stelle der Kulturgemeinde gesehen hätten.

Dietburg Spohr fühlt sich „irgendwie befreit“, denn die Diskussionen für ein Nein oder ei n Ja zogen sich schon einige Zeit hin. Und nachdem Peter Heß sein Amt als Vorsitzender der Kulturgemeinde aufgab, verloren die „Tage Alter Musik“ wohl auch einen ihrer wichtigsten Fürsprecher.

Natürlich, Dietburg Spohr, in den vielen Jahren immer begleitet von FAZ-Redakteur Koch, der immer wieder auf Inhalte und Gehalt der Konzerte und der teilweise spektakulären Installationen einging, ist in gewisser Weise traurig. Wie es weitergeht, kann sie noch nicht sagen. Sie hat sich aber vorsichtshalber die Alte Martins-Kirche in Hornau für das kommende Frühjahr an vierzehn Tagen reservieren lassen. Was sich dann mit Hilfe von „belcanto“ und eventuell aus der Klangwelt des Mittelalters verwirklichen lässt, kann sie noch nicht sagen. Sie spricht es nicht aus, aber ohne Geld und die Hilfe von Sponsoren hat sie noch einige Überlegungen vor sich.

Und der schnöde Mammon, das Geld, waren letztlich ausschlaggebend, dass die Tage „Alter Musik“ in Zukunft nur in der Erinnerung fortleben werden.

Natürlich, so sagte sie den Gästen des „Ordo Virtutum“ der Äbtissin und Visionärin Hildegard von Bingen, sind elf Jahre eine gute Zeit. Und wörtlich: „Definieren – und im Kontext mit neuer Musik vitaler zu verstehen. So habe ich in der Regel ein Konzert mit meinem „Belcanto“-Ensemble gemacht – und damit nicht wenigen Hörern ungewöhnliche und aufregende Hör-Erfahrungen vermittelt: Stockhausens Vokalsextett „Stimmung“ von 1968 bleibt eines der spannendsten Beispiele experimenteller Musik und quasi religiöser Entgrenzung.“ Und weiter: „Vorgestellt haben wir hier auch nicht wenige eigens für uns geschriebene Werke zentraler Komponisten der Gegenwart: Wolfgang Rihms „Séraphin“, Dieter Schnebels „Amazones“, ebenso Stücke von Konrad Boehmer, Adriana Hölszky, Younghi Pagh-Paan, Claudio Ambrosini, Volker Ignaz Schmidt und Nikolaus Brass.“

Ich denke, dass es mir gelungen ist, in diesen elf Jahren ein ungewöhnlich breites Spektrum von Musik der verschiedensten Epochen, Regionen, Gattungen und Stile – von uralt bis ganz neu – vermittelt zu haben. Das erfüllt mich mit Freude und Stolz.“¨Und sie schloss: „Nicht verhehlen will ich allerdings, dass es mir auch sonst nicht leicht gemacht worden ist. Dass die Kultur-Etats immer knapper werden, ist bekannt. Auch die Gelder der Kelkheimer Kulturgemeinde wurden geschrumpft. Unser Anteil, ohnehin bescheiden, erst recht. Konnte ich zu Anfang relativ frei jedes Jahr bis zu acht Konzerte und auch Kurse organisieren, so wurde dieser Betrag auf einen Zuschuss von 500 bis 700 Euro - sämtliche Nebenkosten wie Werbung und anderes mehr eingeschlossen –pro Konzert reduziert. Damit diese Konzerte zu organisieren, grenzte eigentlich an ein Wunder. Nun hat die Kulturgemeinde Kelkheim sogar diesen Rumpf-Anteil gestrichen. Ein Weitermachen ist schlicht so nicht mehr möglich. Dabei geht es übrigens nicht nur ums Geld - sondern auch um die Würde: nicht zuletzt der Kunst.

Ich verabschiede mich dennoch ohne Groll. Dazu waren die elf Jahre zu schön. Und: In irgendeiner Weise gedenke ich hier in Kelkheim künstlerisch weiterzumachen.“ (Siehe oben). Dieburg Spohr ist ganz links im Bild.



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