„Die Gedanken sind frei“

Staatsminister Axel Wintermeyer durfte sich nach „getaner Arbeit“ noch in das Goldene Buch der Stadt Kelkheim eintragen.Fotos: Judith Ulbricht

Kelkheim (ju) –

„Die Gedanken sind frei

Wer kann sie erraten?

Sie ziehen vorbei

Wie nächtliche Schatten.

Kein Mensch kann sie wissen,

Kein Jäger sie schießen;

Es bleibet dabei,

Die Gedanken sind frei.“

Mit diesem Lied eröffnete der Kinderchor der Paulus- und Stephanusgemeinde den so lange herbeigesehnten „Tag des Liedes“, der auch gleichzeitig den „Kelkheimer Kultursommer“ einläutete. Das Lied war nicht zufällig gewählt, stand doch das Thema „Freiheit – Die Gedanken sind frei“ im Mittelpunkt dieser Veranstaltung. Im Jubiläumsjahr „175 Jahre Nationalversammlung“ drehten sich viele Lieder und Musikstücke um die Freiheit, die nur in einer Demokratie gegeben ist. Dies betonte auch Schirmherr Axel Wintermeyer, seines Zeichens Staatsminister in Wiesbaden, der in seiner Rede die Begriffe Glück, Freiheit und Demokratie miteinander verband.

Geschichte

1838 trafen sich Tausende von Sängern in Frankfurt am Main zum Ersten Allgemeinen Deutschen Sängerfest. Das gemeinsame Singen unter dem Motto „Gesang im Freien, Freies im Gesang“ verband die Teilnehmer aus ganz Deutschland und bekräftigte zugleich eindrucksvoll die politischen Forderungen nach nationaler Einigung, Bürger- und Freiheitsrechten.

Seit den Karlsbader Beschlüssen und dem Zeitalter Metternichs war „Die Gedanken sind frei“ ein beliebtes Protestlied gegen politische Repressionen und Zensur, insbesondere bei den verbotenen Burschenschaften. Nach der gescheiterten deutschen Revolution von 1848, in deren Mittelpunkt als Präsident der Nationalversammlung Heinrich von Gagern stand, wurde das Lied verboten. Und trotzdem könnte es in den heutigen bewegten Zeiten nicht aktueller sein.

„Tag des Liedes“

Der „Tag des Liedes“ in Kelkheim zählt zu den einzigartigen Chor- und Musikfestivals in unserer Region. Er wurde im Jahr 1997 auf Wunsch der Gesangvereine von der Stadt Kelkheim ins Leben gerufen. Wahrzeichen der Veranstaltung ist die Skulptur des Heinrich von Ofterdingen am „Ofterdingenbrunnen“ auf dem Rathausvorplatz. Der Sage nach lebte der berühmte mittelalterliche Gesangsstar, der am Sängerwettstreit auf der Wartburg teilnahm, am Liederbach.

Das erfolgreiche Traditionsfest präsentiert seit mittlerweile 26 Jahren alle zwei Jahre ein ausgewähltes Repertoire der rund 20 Kelkheimer Gesangvereine, Chöre und Orchester im Gutshof des Rettershofes. Mit dabei: Kulturreferentin Dr. Beate Matuschek, die den Tag nicht nur organisiert, sondern auch moderiert. Die Chor-, Orchester- und Gesanglandschaft in Kelkheim ist vielseitig: Ob Kirchen-, Kinder-, Pop-, Gospelchöre oder große Gesangvereine – der „Tag des Liedes 2023“ in Kelkheim präsentiert ein weites Spektrum an Lied- und Konzertbeiträgen vom Volkslied über Film- und Musicalmelodien bis zum Popsong.

In Zeiten von Krieg in Europa und dem Freiheitsgedanken im Hinterkopf bestimmten gerade Songs wie „Imagine“ von John Lennon oder „Über den Wolken“ von Reinhard May das Repertoire der Chöre. Passend dazu auch der Auftritt des Internationalen Ensembles mit der Chorleiterin Dzuna Kalnina. Sängerinnen und Sänger aus den verschiedensten Nationen wirken hier mit wie z.B. Iran, Eritrea und Ukraine. Die besondere Herausforderung: alle bei verschiedenen Sprachen unter einen Hut zu bringen. Der Gesang ist das verbindende Element. Highlight war das Lied „Ukraina“ mit der aus Kiew geflüchteten Sopranistin Daria Tymoschenko. Und so verbindet sich die Geschichte mit der Gegenwart, der Demokratiegedanke der 1848er mit dem Freiheitsgedanken der Europäer, der von einem machthungrigen Diktator mit Füßen getreten wird. Es gilt, standhaft zu bleiben und die Völkerverständigung zu pflegen. So passte auch das Abschlusslied „Flieg mit mir um die Welt“ aus dem Musical Aladdin, das alle Chöre und die Zuschauer zusammen sangen: Denn wir alle sind die WELT!

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