Johannes Klarmann und sein „Sonnengesang“

Johannes Klarmann bei der Demontage seines „Sonnengesangs“ im ehemaligen Pfarrzentrum St. Franziskus. Foto: Judith Ulbricht

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Johannes Norbert Klarmann hat wie kaum ein anderer seine Handschrift in Kelkheim hinterlassen: Ganz gleich, ob der Hanseklingerbrunnen in Fischbach, die Schutzmantel-Madonna im Kloster, die Innenausstattungen der Martins-Kirche in Hornau, der St. Johanneskirche in Fischbach und der Trauerhalle am Hauptfriedhof in Kelkheim, die Bronze „Hochsaacher“ in der Stadtmitte, die Großskulptur des Bürokratius im Rathaus – die Bildhauerkunst von Johannes Klarmann hat ihren festen Platz in Kelkheim.

Kurz nach dem Krieg kam der 1936 im Rheingau geborene Künstler in die Möbelstadt Kelkheim. Nach der Holzbildhauerlehre bei Rudolf Schmidt – einem Ornamentiker, der auch im Kelkheimer Möbelhandwerk arbeitete – besuchte er als 15-Jähriger die Stuttgarter Meisterschule und wurde bald selbständig. Er beschreibt sich als „Handwerker, der nie auslernt“.

Für das Foyer des 1964 erbauten Pfarrzentrums Sankt Franziskus in der Feldbergstraße entwarf Johannes N. Klarmann 1979 das anspruchsvolle Holzrelief „Sonnengesang“, das mit Keramiken des Designers Franz Wittekind ergänzt wurde.

Es thematisiert die Schönheit der Schöpfung, vor der der Heilige Franziskus verzückt und ergriffen auf die Knie sinkt. Das Relief soll in der Werkstatt des Künstlers aufgefrischt und zukünftig im großen Saal angebracht werden. Mit der Verlegung des „Sonnengesangs“ in einen Konzertsaal erweitert sich das thematische Spektrum von der Huldigung der Schöpfung um das Lob der Kreativität und Vielfalt der Kultur, die in diesem Kulturzentrum im Museum und auf der Bühne zum Ausdruck kommt.

„Der Sonnengesang ist sicherlich das bekannteste Gebet des heiligen Franziskus. Es ist eine Hymne auf die von Gott ins Leben gerufene Schöpfung, und zugleich fordert es dazu auf, den Schöpfer selbst zu loben. Franziskus dichtete das Lied in Altitalienisch; es ist das wichtigste Zeugnis für die Volkssprache des 13. Jahrhunderts in Italien. Der Sonnengesang ist gleichermaßen Gebet und Lyrik. In viele Sprachen übersetzt, gehört er heute zur Weltliteratur.

Im Sonnengesang zeigt sich die Naturbeziehung des heiligen Franziskus. Der Sänger lobt Gott und tut dies gemeinsam mit allen Geschöpfen, besonders mit ‘Bruder Sonne‘, in dem er ‘ein Sinnbild‘ des Schöpfers sieht. Franziskus fühlt sich in die Natur eingebunden, mit der er einen geschwisterlichen Umgang pflegt. Die Gestirne, Wasser, Feuer, den Wind und die Erde, ja sogar den Tod spricht er mit Schwester oder Bruder an. Wer heute den Sonnengesang liest oder betet, wird herausgefordert, die Natur zu lieben, ihr Ehrfurcht zu erweisen und sich für ihren Erhalt einzusetzen.“

(aus: www.franziskaner.net)



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