Wenn der Zug nicht kommt ...

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Kelkheim (ju) – Was derzeit auf der Linie RB12 abgeht, erinnert einige Nutzer an Zustände in Dritte-Welt-Staaten. Zugausfälle noch und noch, gerade auch zu den stark frequentierten Zeiten. Trauriger Höhepunkt war der 25. April - als insgesamt 20 Züge ausfielen, ersatzlos gestrichen, manchmal auch noch mit der fehlenden Information für die Nutzer, dass die Züge nicht fahren.

Bürgermeister Albrecht Kündiger, der von seinem Wohnhaus aus einen Blick auf den Hornauer Bahnhof hat, weiß ähnliches zu berichten. Der erste Zug kommt nicht, am nächsten ist nur ein Wagen, die Menschen quetschen sich rein und die, die am Bahnhof in Mitte, Münster oder Liederbach warten, haben das Nachsehen. „Dass es so eskaliert, hätte ich nicht gedacht“, gibt er auch unumwunden bei einem Pressegespräch im Rathaus zu. Auch seine Rathauskollegen aus Liederbach, Eva Söllner und Leonard Helm aus Königstein sind alarmiert und stehen im ständigen Kontakt mit Kündiger. Die Protest- und Beschwerdeschreiben häufen sich auf dem Tisch des Rathauschefs. Dieser sieht bei der ganzen Angelegenheit auch seine Glaubwürdigkeit in Gefahr. „Wir fordern die Menschen auf, vom Auto auf die Bahn umzusteigen, unsere Politik ist darauf ausgelegt und dann passiert das, was uns bis heute begleitet: mehrere Zugausfälle pro Tag. Da werden wir doch nicht mehr erst genommen“, moniert Kündiger auch in Richtung von Maximilian Meyer, Sprecher des RMV, der ebenfalls zu dem Gespräch erschienen war.

Dieser weiß von den immensen Problemen, nicht nur auf der Strecke der RB12. „Der Hauptgrund hierfür ist vor allem eine äußerst angespannte Personalsituation, das heißt Fahrermangel bei der Betreiberin Start. Gleichfalls gibt es nach wie vor Fahrzeugprobleme“, erklärt er. In einer Pressemitteilung des RMV ist zu lesen, dass neben einem weiter „ungewöhnlich hohen Krankenstand“ insgesamt zwölf Zugführer in den vergangenen Wochen gekündigt hätten. Bei der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt ein Desaster. Meyer hat dafür auch eine Erklärung, denn schließlich müssten die Fahrer immer wieder auf die Ersatzzüge angelernt werden, „denn kein Zug entspricht dem anderen.“ Da die von Alstrom versprochenen Wasserstoffzüge, die eigentlich auf der Strecke fahren sollten, noch nicht geliefert wurden und die, die schon da sind, extrem anfällig sind, mussten Ersatzzüge her. Erst die blau-weißen aus Bayern, deren Nutzung am 1. April ausgelaufen war, jetzt wieder die moderneren der HLB, die vor START auf der Strecke fuhren. „Seit Dezember seien zum Teil bis zu vier verschiedene Zugtypen zum Einsatz gekommen. Eine hohe Belastung für die Zugführer, die sich dann einfach auf dem engen Markt einem anderen Bahnunternehmen angeschlossen haben“, so Meyer.

Für Kündiger sind das zwar alles Argumente, aber trotzdem hat er drei Forderungen an den RMV – die Probleme beseitigen, zeitgleich die Fahrgast-Informationen verbessern und dem Krisenmanagement mehr Gewichtung geben. „Wir werden lange daran arbeiten müssen, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. Für die Bürger ist die Politik dafür verantwortlich, auch wenn es nicht in meiner Hand liegt“, mahnte er nochmal eindringlich in Richtung Meyers.

Außerdem müsste das Unternehmen START nochmal dahingehend sensibilisiert werden, den Fahrermangel so schnell wie möglich zu beheben. So sieht es auch der RMV, der darauf dringt, dass besonders nachgefragte Fahrten wie die für Schüler und Berufstätige in der Morgenspitze zuerst besetzt werden. Angesichts der dünnen Personaldecke sind derzeit jeden Tag alle verfügbaren Fahrerinnen und Fahrer im Dienst. Kurzfristige Krankmeldungen können daher meist nicht mehr aufgefangen werden und kommt die Krankmeldung knapp vor Dienstbeginn, erschwert dies eine rechtzeitige Fahrgastinformation.

START ist gegenwärtig ebenfalls aktiv. Mit großen Anstrengungen und über gute Kontakte sei es gelungen, trotz des in der gesamten Branche vorherrschenden massiven Fachkräftemangels Fahrer und Fahrerinnen vertraglich überlassen zu bekommen, die derzeit auf die Fahrzeugtypen geschult würden. Die Schulungen werden zeitnah abgeschlossen, sodass die personelle Situation schrittweise in der kommenden Woche und bis Mitte Mai deutlich besser wird. Davon unabhängig läuft selbstverständlich auch die Rekrutierung weiterer festangestellter Personale auf Hochtouren.

Bleibt zu hoffen, dass dies alles nicht nur Lippenbekenntnisse sind, sondern sich die Situation entspannt. Bis Redaktionsschluss am Mittwoch trudelten aber bereits mehrere Meldungen über Zugausfälle auf der Linie RB12 ein.



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