Ein idyllisches Plätzchen, direkt am Fuße der Burgkapelle und der Burg gelegen: Der Garten des Ehepaares Dr. Ursula und Hans Robert Philippi, den sie selbst so schön angelegt haben.
Foto: Westenberger
Kronberg (mw) – Anlässe zum Feiern gibt es im Haus Philippi derzeit ständig. Gerade haben sie beide kurz nacheinander für ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement in Kronberg die städtische Ehrenplakette erhalten. Und was steht diese Woche an? Am Donnerstag, den 25. Oktober, feiern sie Goldene Hochzeit. Dafür haben die beiden eigentlich wirklich keine Zeit: Schließlich sind sie inmitten der Vorbereitungen für den Weihnachtsmarkt: Dr. Ursula Philippi hat Walnusslikör hergestellt, der für die Museumsgesellschaft zusätzlich zu den stadtbekannten selbst gebackenen Plätzchen und dem Bratapfelstollen verkauft werden soll. Gerade steht sie in ihrer Küche und kocht Quittengelee. Das wird ebenfalls für den guten Zweck verkauft, jedoch gehen die Einnahmen hier an die Alzheimer Stiftung, die sie ebenso regelmäßig unterstützt. Aber ein Stündchen lässt sie sich vielleicht von der kostbaren Zeit doch „abknapsen“, um sich gemeinsam mit ihrem Mann Hans Robert Philippi zurückzuerinnern, an die Zeit vor circa 52 Jahren, als sie sich kennen und lieben lernten.
Auf Ursulas Abiparty war es, wo sie sich das erste Mal gesehen haben. Ein Klassenkamerad von Ursula hatte Hans Robert zur Abifeier in den Waldhof mitgebracht. Die Begegnung war so prägend, dass sich die beiden nicht mehr aus den Augen verlieren sollten: „Und das, obwohl ich bald danach erst einmal weit weg war“, sagt sie. „Um Apothekerin zu werden, musste man damals vor dem Studium ein Zweijahrespraktikum absolvieren. Das habe ich in der Nähe von Osnabrück gemacht“, erzählt sie. Trotzdem sollte der Kontakt zwischen ihnen nicht abreißen: Die Freundschaft wuchs und wurde zu einer festen Beziehung. Damals sei es noch verhältnismäßig abenteuerlich gewesen, alle zwei Wochen so weit durch Deutschland zu reisen, um sich zu sehen. Aber sie stellten sich abwechselnd dieser Herausforderung, und als die zwei Jahre geschafft waren, war für die waschechte Kronbergerin und den in Bad Soden aufgewachsenen, gebürtigen Berliner, Hans Robert Philippi klar, dass sie gerne zusammenziehen wollten. Das allerdings war damals unverheiratet noch nicht üblich. Da machten die beiden kurzen Prozess und heirateten und das gleich dreimal, um die ganze Familie zufrieden zu stimmen: Denn Ursula stammt aus einem evangelischen Elternhaus, Hans Robert aus einem streng katholischen. So heirateten sie zunächst freitags standesamtlich in Kronberg, Samstagmorgens in der katholischen Kirche in Bad Soden und am Nachmittags noch einmal in Kronberg in der evangelischen Kirche. Danach bezogen sie gemeinsam in Rüsselsheim eine kleine Wohnung. Kinder standen bei ihnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem Plan. Zunächst einmal wollten sie sich auf Studium und Ausbildung konzentrieren. Trotzdem hatten sie vom ersten Tag ihrer Ehe an mit den vielfältigen Herausforderungen des Lebens zu kämpfen. Sechs Wochen nach der Hochzeit brach bei Hans Robert Philippi eine schwere Infektion aus, die er sich bei einem Einsatz im Job eingefangen hatte. „Das war eine schwierige Situation damals, er war ein dreiviertel Jahr außer Gefecht gesetzt.“ Die nächste Herausforderung, die die beiden in jungen Jahren zu meistern hatten, war den Schwiegereltern in Bad Soden, die alleine nicht mehr zurechtkamen, im Haushalt zu helfen, bevor sie nach Bau des Altkönigstiftes schließlich dort einzogen. „Jedes Wochenende sind wir von Mainz, wo ich einen Studienplatz erhalten habe, mit einer langen To do-Liste nach Bad Soden gefahren“, erinnert sie sich zurück.
Was ihnen bis heute gelungen ist, meistern nicht viele Paare: Sich in ihrer Unterschiedlichkeit anzuerkennen und sich in den Fähigkeiten zu ergänzen. „Vielleicht funktioniert es bei uns ganz gut, weil wir beide eher Pragmatiker als Theoretiker sind“, meint sie lächelnd. „Mein Mann ist allerdings wirklich unstrukturiert, ja eigentlich chaotisch“, verrät sie. Dazu sein trockener Kommentar: „Und meine Frau regt sich über jedes Staubkorn auf!“ Hier müssten sie sich eben beide Mühe geben, dem anderen nicht zu sehr ins Gehege zu kommen. Doch die Gemeinsamkeiten überwiegen: „Mein Mann hat ein tolles musisches Gehör und ich mache gerne Musik“, erzählt sie, die beim Neuen Orchester Geige spielt. Beide sind kreativ, die eigenen Arbeiten im Wohnzimmer dokumentieren es. Zeichnungen von ihr, Malerei von ihm, hängen gleichberechtigt nebeneinander. „Ja, man könnte es wohl so ausdrücken, dass wir zwei Alpha-Tierchen sind“, bestätigen sie. Zumindest geworden seien sie es, was wohl mit den stetig wachsenden Aufgaben zusammenhänge. Wer Verantwortung übernimmt, und sich wie Philippis als Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Kronberg-Ballenstedt (sie) oder als Stadtverordneter und Vorsitzender der Museumsgesellschaft (er) in die erste Reihe aufstellen lässt, muss früher oder später Entscheidungen treffen und Verantwortung für sein Handeln übernehmen.
Und wie einigen sich zwei Alpha-Tiere im gemeinsamen Alltag? Meistens lässt sich der eine vom anderen mit der nächsten Idee anstecken, selbst wenn er der zunächst skeptisch gegenübersteht. Das sei schon toll, denn langfristig würden sie sich dann gegenseitig trotzdem unterstützen und gemeinsam angefangene Dinge zu einem guten Ende bringen, freuen sie sich: Und zeigen stolz die entworfenen Etiketten für den Nusslikör und die kleinen Weihnachtsstollen, die ein echter Hingucker geworden sind.
Damit es nicht vergessen geht: Die schließlich promovierte Apothekerin und der im höheren Dienst angelangte Polizeirat Philippi haben auch zwei Kinder großgezogen: Florian und Judith, die 1978 und 1984 zur Welt gekommen sind. Dass sie ihr Haus in Kronberg bauen konnten, war ein Glücksfall, vor allem für Ursula, die hier die treibende Kraft war, weil sie unbedingt nach Kronberg zurück wollte. Der Zufall wollte es, dass Ursula Philippis Tante gerade ihr Grundstück unterhalb der Burg verkaufen wollte und das Geld reichte, es zu kaufen und den Hausbau zu finanzieren. Was folgte, war wiederum gelungene Arbeitsteilung: „Sie hat kalkuliert und ich habe geschippt“, erzählt er lachend. Das soziale Gewissen, und dass man sich für das Gemeinwohl engagiert, wurde anscheinend beiden in die Wiege gelegt. Ob in der Schule oder in der Ausbildung, immer gab es etwas zu tun, ob innerhalb der Schülerzeitung oder auch politisch, in Mainz wurden sie beide SPD-Mitglieder, bei der Polizei hatte Hans Robert Philippi eine Betriebsgruppe gebildet, die schließlich erreichte, dass man als Polizist heute auch eine akademische Ausbildung machen kann.
Ihr Engagement innerhalb der Stadt wuchs, beginnend mit der Kindergartenzeit ihrer eigenen Kinder. Erst war es nur der Elternbeirat und die Bastelgruppe. Doch mit der Öffnung der Deutsch-Deutschen Grenze gewann ihr Engagement innerhalb der Stadt an Fahrt. Noch kurz davor hatten sie es sich politisch nicht vorstellen können, dass es wieder ein Gesamtdeutschland geben könnte. Begeistert meldeten sie sich beim damaligen Bürgermeister Möller, der vorgeschlagen hatte, die Kronberger mögen eine Kerze ins Fenster stellen, wenn sie einen Gast aus Ballenstedt im Harz aufnehmen wollten. Bei Philippis fanden spontan zwei Familien mit jeweils einem Kind Platz und zum Weihnachtsmarkt schließlich beherbergten sie elf Ballenstedter. Und als es einige Zeit später darum ging, für den Ballenstedter Partnerschaftsverein einen neuen Vorsitzenden zu finden, meldete sich Ursula Philippi. „Bis dahin war ich eigentlich eher schüchtern und zurückhaltend, aber den Kassiererposten im Vorstand hatte ich bereits übernommen.“ Helga Michaelis, selbst im Vorstand, war es, die Hans Robert Philippi ansprach, ob er die Kronberger Sozialdemokraten nicht unterstützen wolle. So begann das, was in den letzten beiden Berichten über „die Philippis“ schon alles hinreichend beschrieben wurde, ihr bis heute andauerndes umfangreiches ehrenamtliches Engagement innerhalb der Burgstadt.
Und was macht ihr gemeinsames Glück aus? Da müssen sie erst einmal nachdenken. Ein Rezept dafür? Nein, ein Rezept gebe es da nicht, meint Hans Robert Philippi, und doch zählt er einige Zutaten auf, die der Chance auf eine funktionierende Ehe sicherlich nicht abträglich seien: Gemeinsamkeiten, eine gewisse Anhänglichkeit, sich aufeinander verlassen können und die Eigenheiten des anderen aushalten können.
Begeisterungsfähig sein, und etwas gemeinsam schaffen, dafür konnten sie viele weitere Beispiele nennen, beispielsweise auch die Osterkränze, die sie viele Jahre für den Partnerschaftsverein zum Verkauf band und die noch schicker wurden, als ihm die Idee kam, sie mit Eiern in den passenden Farben zu verschönern. Es gibt aber auch Gegenbeispiele, gestehen sie schmunzelnd: „Wir haben zehn Jahre gebraucht, um uns für einen neuen Fußboden im Wohnzimmer zu einigen.“ Zeit, sich deswegen ausgiebig zu streiten, hatten sie bei all ihren selbst gesteckten Aufgaben glücklicherweise nicht so viel. So dauerte es eben mit dem neuen Boden eine Weile. Und am Ende fand sich auch hier, was ihnen an anderer Stelle schon oft sehr gut gelungen ist: eine konstruktive Lösung!