hr1-Journalistin Ulla Atzert hat sich bestens vorbereitet auf ihren Ausstieg auf Zeit, der sie auf eine Pferdefarm in Namibia führen wird.Foto: hr

„Best-Agerin“ aus dem Taunus

tauscht Schreibtischstuhl gegen Sat
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Kronberg/Falkenstein (el) – Es soll nur ein Ausstieg auf Zeit sein, aber ein sehr wohl überlegter, der die hr1-Journalistin Ulla Atzert in die einstige deutsche Kolonie, ins afrikanische Namibia führen wird. Ein weites Land, dessen Name sich von der Wüste Namib ableitet und in dem auf 1.000 Einwohner 1.384 Rinder kommen. Noch ein höchst interessanter Fakt, auf den die im Taunus lebende Redakteurin und Buchautorin bei ihrer gründlichen, vorbereitenden Recherche gestoßen ist: Die höchste Erhebung Namibias ist der Brandenberg mit dem Gipfel „Königstein“ auf 2.606 Metern. Wenn das mal kein gutes Omen ist?

Für Ulla Atzert wird es in den kommenden drei Monaten „back to basics“ heißen und das bedeutet nicht etwa nur, dass der nächste Supermarkt 250 Kilometer entfernt ist und dass sie sparsam mit dem mitgeführten Vorrat an Lieblingsshampoo umgehen und stets einen Sunblocker auftragen muss. Ihr Job ist der eines Volonteers (Freiwilligen) auf der ältesten deutschen Farm Namibias – der „Buellssport“ (Bullenpforte), 250 Kilometer von der Hauptstadt Winhoek entfernt.

Hier wird sie gegen Kost und Logis die Gäste und die Pferde betreuen und dafür körperlich hart arbeiten müssen nach dem Motto „tausche Schreibtischstuhl gegen Sattel“. „Wenn nicht jetzt, wann dann“ – dieser Gedanke brachte den Stein ins Rollen und führte dazu, das Abenteuer in der Ferne wagen zu wollen und das gerade in einem eher gesetzten Alter, in dem die meisten von uns es bevorzugen, ihr gewohntes Umfeld nicht zu verlassen, um Neues zu wagen.

Mit 55 Jahren sagte sich Ulla Atzert: „Die Andersartigkeit dieses Lebens auf der Ranch reizt mich“. Freunde treffen, Cappuccino trinken, zum Friseur oder aber ins Kino gehen – all das wird sie sicherlich während ihres Namibia-Aufenthalts vermissen. So viel ist schon im Vorfeld klar – im Vordergrund steht die neue Herausforderung, der es sich zu stellen gilt. Schließlich lasse Routine den Geist ermatten. Sich eine Weile lang abseits der vertrauten Pfade zu bewegen, kann da nur eine willkommene Abwechslung und Anregung sein, man wird wieder beweglicher, dachte sich die sportliche Best-Agerin.

„Aufregung, Angst“, auch diese Gefühle machten sich in den Tagen vor der Abreise, begleitet von Zweifeln wie, „Schaff ich das?“ oder „Kann ich auch mal anders als Routine?“ bemerkbar. Vor allem will sie sich nicht vorwerfen lassen, so etwas wie dieses Abenteuer nicht einmal probiert zu haben.

Für Ulla Atzert schien die Zeit reif. Ihre Jungs sind groß genug und sie kann jetzt auch mal anfangen, ein wenig mehr an sich zu denken. Nicht ohne jedoch alles andere organisiert zu haben, bevor sie ihre Zelte für eine Weile im Taunus abbricht. Dazu gehörte außer sich keine Sorgen um die Lieben zu Hause machen zu müssen auch das frühzeitige Gespräch mit dem Arbeitgeber. Also galt es Volonteering-Angebote, die es im Internet zuhauf gibt, auszusieben und nach Tauglichkeit zu überprüfen. Im Zirkus arbeiten oder Traktorfahren wollte sie nicht. Westernreiten kam für die Pferdenärrin auch nicht in Frage. Also schieden auch die Vereinigten Staaten aus. Ein weiteres Auswahlkriterium: Wenn schon körperlich hart arbeiten, dann bitte in der Wärme. Das sollte man sich zumindest aussuchen können, und: Es sollte ein Land sein, das die Pressefreiheit achtet. Schließlich stieß sie auf eine Seite im Internet, deren Philosophie ihr auf Anhieb gefallen hat. „Gute Pferde für gute Reiter“ hieß es hier und so stellte sie sich zum Pfingstturnier am Stand der Buellssport-Farm als künftige Arbeitskraft vor.

Anfangs gab es schon das eine oder andere Fragezeichen in den Augen der Ranchbetreiber. Was wollte eine Frau in den besten Jahren auf einer Pferderanch am Fuße des Naukluft-Gebirges? Der hr1-Journalistin gelang es, ihre innere Überzeugung – „Ich mache das für mich“ – auch nach außen zu tragen. Sie habe sich aber damit getröstet, dass auch der andere bzw. in diesem Fall die Ranchbetreiber etwas von diesem Austausch hätten, „dann ist es keine Frage des Alters“, so Atzert, die sich jetzt schon sicher ist, dass sie sich noch aus einem anderen Grund auf der Ranch wie zu Hause fühlen wird: Die Besitzerin stammt aus Hessen, aus Friedberg.

Zum Teil stieß Atzert jedoch auf ein gemischtes Echo aus dem eigenen Umfeld. Die Reaktionen spannten den Bogen zwischen „Toll, dass Du das machst!“ bis hin zu „Was soll das bringen?“

Für die Redakteurin war von Anfang an klar, dass sie das Ganze für sich macht, aber umso besser, wenn sie ihr Heimatsender hr1 dabei unterstützt und daran interessiert ist. Er war es – denn genau diese Zielgruppe wird angesprochen – Menschen, die gesettled sind, aber gleichzeitig neugierig und aufgeschlossen bleiben. So werden auch die Hörer von hr1 von ihrer Auszeit in Namibia profitieren können. Martina Regel wird für die Sendung „10 bis 12“ drei Gespräche mit Ulla Atzert führen und dabei am 17. und 20. Februar sowie zu einem weiteren Sendetermin im Monat Februar Themen wie die Vorbereitung auf eine solche Auszeit, was man sich persönlich von so etwas verspricht und den Erfahrungsbericht von vor Ort behandeln. In der letzten dieser Sendungen werden auch Hörermails beantwortet. Die Hörer sind eingeladen, Fragen aus der Heimat zu stellen unter studiomail[at]hr1[dot]de. Wie man hört, werden Fragen aus Königstein und Kronberg bevorzugt beantwortet.

Wenige Tage vor der Abreise war der Volonteerin schon ein leichter Anflug von Reisefieber anzumerken. Sie werde leicht packen müssen, sagte sie, das zulässige Reisegepäck sei begrenzt und Stiefel und Reiterhelm müssten auch noch verstaut werden. Dazu noch die acht Flaschen Shampoo und die Schokolade. Bevor sie eine Pferdebox in Namibia ausmistet, hat sie auch noch weitere Ordnung in ihrem Leben geschaffen. Auch das gehörte zur Vorbereitung, laufende Kosten zu verringern, unnötige Versicherungen auszusieben. „Ich freue mich auch auf den Sternenhimmel“, sagte die abenteuerlustige Journalistin kurz vor dem Sprung ins große Abenteuer, die sich hat sagen lassen, dass man in Namibia die Sterne hören könne. Das behauptet zumindest der südafrikanisch-britische Autor Laurens van der Post. Ihm zufolge verständigen sich die Himmelskörper mit Lauten, so dass das Wild aufgespürt werden könne.



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