Kronberg Academy feiert mit …

Yuri Bashmet mit der Geigerin Alena Baeva und den Moskauer Solisten bei seinem Geburtstagskonzert in der Stadthalle. Foto: Dan Hannen / Kronberg Academy

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Geige spielten außerdem Suyoen Kim, Christel Lee, die gerade beim ARD-Wettbewerb erfolgreich war, Jehye Lee, Mikhail Pochekin, Marcus Tanneberger, Viola spielten Ayane Kozasa, Hwayoon Lee und Daniel Röhn, Violoncello Matthew Allen und Anastasia Kobekina und Kontrabass Uxía Botana Martinez.

„Haben Sie schon einmal ein solches Kammerorchester gesehen? Das hat schon was“, meinte denn auch Daniel Röhn schmunzelnd, als er nach der Konzertpause gemeinsam mit Julia Fischer und Raimund Trenkler, dem Direktor und künstlerischen Leiter der Kronberg Academy, Ana Chumachenco ehrte. „Sie ist nicht nur eine große Künstlerin“, sagte Trenkler. „Sie ist eine Zauberin als Lehrerin und holt auf magische Weise das Beste aus ihren Schülern heraus.“ Er schilderte sie als aufrichtige, ehrliche und warmherzige Persönlichkeit von großer Bescheidenheit, als einen positiven Menschen mit klaren Vorstellungen und mit viel Humor, der eine Atmosphäre zu schaffen versteht, in der das Beste gedeiht.

„Sie hat uns dazu erzogen, eigenständig zu denken“, sagte Julia Fischer. Sie habe nie Druck gemacht, sei aber trotzdem immer sehr direkt gewesen. „Sie wollte immer, dass wir uns auf der Bühne wohl fühlen. Und wenn wir vor einem Wettbewerb nervös und aufgeregt waren, dann gab sie uns den Rat: Geht in die Fußgängerzone, da kennt euch keiner, und wenn es dort geht, dann geht es auch im Wettbewerb.“

Sie liebt jeden ihrer Schüler als ganzen Menschen. „Wir sind ihre Kinder“, so drückte es Daniel Röhn aus und bedankte sich bei der Kronberg Academy: „Denn, dass wir alle zusammen kommen, das hat es noch nicht gegeben.“ Daher sei es notwendig, regte er an, dass ein solches Treffen künftig einmal im Jahr stattfindet.

Der zum ersten Mal vergebene Kronberg Academy Preis, mit dem Ana Chumachenco für ihre pädagogische Lebensleistung geehrt wurde, besteht weder aus Geld noch aus einer Trophäe, sondern aus einer Urkunde mit den Unterschriften aller ihrer Schüler. Außerdem soll künftig alle zwei Jahre bei den Geigen Meisterkursen ein Ana Chumachenco Förderpreis vergeben werden, kündigte Trenkler an, erstmals 2015.

Zutiefst berührt bedankte sich die so Geehrte, vor allem bei all ihren Studenten, die diesen Tag möglich gemacht hätten. Als am Schluss des Konzerts alle Mitwirkenden, wie es Tradition ist, zum Dank eine rote Rose überreicht bekamen, trat ein Musiker nach dem anderen zu Ana Chumachenco und überreichte ihr seine Rose, sodass sie zum Schluss mit einem Riesenrosenstrauß auf der Bühne stand – ein bewegender Abschluss des ihr gewidmeten Tages.

Bewegende Momente gab es auch Sonntagabend, als mit einem besonders festlichen Konzert der 60. Geburtstag des großen Bratschers Yuri Bashmet gefeiert wurde. In fünf ganz unterschiedlichen Werken aus fünf Jahrhunderten mit fünf talentierten Interpreten unterschiedlicher Generationen stand der große Künstler auf der Bühne. Mit der erst 16-jährigen Bratscherin Ziyu Shen spielte er das sechste Brandenburgische Konzert von Johann Sebastian Bach. Danach erklang des Konzert zu dritt von Alfred Schnittke, wobei Itamar Zorman, Violine, und István Várdai, Violoncello, zwei Junge Solisten der Kronberg Academy, seine Partner waren. Als mitten in seinem Solo Itamars Bogen kaputt ging, reichte im Yuri Bashmet seinen, holte sich zunächst den von István, dann einen von einem der Musiker aus dem Ensemble, ehe ihm ein neuer Bogen zugereicht wurde. Das ganze ging ohne Unterbrechung der Musik so elegant und wie selbstverständlich über die Bühne, dass jemand sogar meinte, das habe Alfred Schnittke als Scherz so vorgesehen.

Nicht ganz ohne Panne ging auch die Uraufführung des Tripelkonzerts „Senza Volto“ von Igor Raykhelson über die Bühne, bei dem wieder Itamar Zorman und István Várdai seine Partner waren. Nach wenigen rhythmischen Takten gab Yuri Bashmet plötzlich den Befehl: „From the beginning“, noch einmal von vorne. Die Moskauer Solisten reagierten ebenso prompt wie seine Solisten-Partner und dann erklang das deutlich von Jazzelementen inspirierte Stück schwungvoll bis zum Schlussakkord. Das Publikum klatschte begeistert und feierte auch den Komponisten, der zu den Solisten und Musikern auf die Bühne kam. Die 17-jährige Bratscherin Hwayoon Lee aus Korea war seine Partnerin in Georg Philipp Telemanns Konzert für zwei Bratschen G-Dur. Beim fünften und letzten Werk, der Sinfonia Concertante Es-Dur KV 364 von Wolfgang Amadeus Mozart, war die 28-jährige Geigerin Alena Baeva aus Kasachstan seine Partnerin.

„Er hat die Bratsche als Soloinstrument populär gemacht“, lobte Raimund Trenkler Yuri Bashmet. Vor 15 Jahren war er zum ersten Mal in Kronberg und ist der Kronberg Academy seitdem als regelmäßiger „Senior“ beim Kammermusikprojekt Chamber Music Connects the World und als Mitglied im künstlerischen Beirat treu geblieben. Zudem seien die Studios in der Kronberger Streitkirche einer der wenigen Orte, an denen sich der Künstler regelmäßig Zeit zum Unterrichten nimmt. Das spiegele seinen besonderen Einsatz für den Nachwuchs, hob Trenkler hervor.

Als Geburtstagsgeschenk hatte er sich etwas Besonderes ausgedacht: Das Buch, das Yuri Bashmet vor zehn Jahren zu seinem 50. Geburtstag veröffentlichte und das inzwischen längst vergriffen ist, hat er ins Deutsche übersetzen lassen und um Yuri Bashmets Kronberger Erfahrungen ergänzt. „Ich bin wirklich überrascht und bewegt“ bedankte sich der sichtlich verblüffte Bratscher, wendete das Buch hin und her und meinte erstaunt, im russischen sei der Band viel dünner. Er sei kein Schreiber, erzählte er dann, habe aber früher während seiner vielen Flüge und Zugfahrten seine Erinnerungen diktiert und ebenfalls bei diesen Gelegenheiten die Texte gelesen, korrigiert und ergänzt, die ihm seine Schreiber schickten. So sei das Buch damals entstanden. Er habe auch nur die positiven Erlebnisse und Erfahrungen seines Lebens erzählt, meinte Bashmet schmunzelnd, denn sonst wäre das Buch zehnmal dicker geworden. „Das ist das schönste Geschenk, einfach fantastisch“, freute er sich und bedankte sich von Herzen.

Sonntag war zudem ein Tag der Ur- und Erstaufführungen. Im Konzert um 12 Uhr in der Johanniskirche spielte die Cellistin und Studentin der Kronberg Academy Ella van Poucke als deutsche Erstaufführung des Werk „Celloconcert Dragonfly“ des finnischen Komponisten Ulias Pulkkis. Das Werk über die Libelle, ein gemeinsames Auftragswerk der Kronberg Academy und der Amsterdam Cello Biennale, hat die Satzbezeichnungen On the Ground, Above the Lake und The Eye Reflection. Das Publikum applaudierte begeistert der Solistin, die vom Hába Quartett und Solisten des hr-Sinfonieorchesters begleitet wurde, und dem Komponisten.

Im Konzert um 17 Uhr in der Johanniskirche erklang zum ersten Mal Paul Hindemiths Sonate für Violoncello und Klavier, die der türkische Pianist und Komponist Fazil Say vollendete. Hindemith hatte den Cellopart, der von Nicolas Altstaedt gespielt wurde, vollständig geschrieben, den Klavierpart aber nur für den zweiten Satz vollendet, berichtete Say. Aus überlieferten Bruchstücken habe er den Klavierpart für die anderen beiden Sätze geschrieben. Auch ihn und Nicolas Altstaedt feierte das Publikum begeistert. Die beiden bedankten sich mit einem weiteren Werk von Fazil Say mit dem Titel „Ankara“.

Noch dreizehn Konzerte bietet das Kronberg Academy Festival „Cello plus“ von Donnerstag bis Samstag, davon elf in Kronberg. Gleich das erste Konzert am Donnerstag um 11 Uhr in der Johanniskirche wartet mit vier besonderen Solisten auf: der ARD-Preisträgerin dieses Jahres Yura Lee, Viola, der Geigerin Hyeyoon Park, die 2009 den ARD-Wettbewerb gewann, beide Junge Solisten der Kronberg Academy, und mit den weltberühmten Cello-Stars Gary Hoffman und Mischa Maisky. Begleitet werden sie von der Kremerata Baltica unter der Leitung von Christian Kluxen.

In Musik schwelgen kann man am Nachmittag um 15 Uhr in der Stadthalle, wenn der Cellist Lynn Harrell und der Pianist Pavel Gililov Werke von Mendelssohn Bartholdy, Chopin und Prokofiev spielen. Um 20.30 Uhr in der Johanniskirche steht dann wieder eine Uraufführung auf dem Programm, die Cello Sonata von Stephen Hough, die er als Pianist gemeinsam mit dem Cellisten Steven Isserlis aufführen wird. Dass sich das Cello auch als Comedy-Partner hervorragend eignet, beweisen Rebecca Carrington und Collin Brown Donnerstag um 22 Uhr im Lokschuppen. Das Programm der beiden letzten Festivaltage erfährt man im Foyer der Stadthalle oder im Internet unter www.kronbergacademy.de.



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