Kronberg (hmz) – Der äußere Eindruck, dass es bei der Sanierung des Bahnhofsgebäudes nicht recht vorangeht, trügt. Im Innenbereich geht es schrittweise in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz weiter, unliebsame Überraschungen und Entwicklungen unabhängig von der technischen Instandsetzung inbegriffen. Als Frederik Roth, Geschäftsführer der Real KG, im Jahr 2020 das aus dem Jahr 1888 stammende Bahnhofsgebäude von der Stadt Kronberg kaufte, ging er davon aus, dass mit dem Ende des Jahres 2026 das Projekt und das Umfeld komplett abgeschlossen sein würden und die Pächter die Innen- und Außenbewirtschaftung übernehmen könnten. Daraus wird wohl nichts. „Als wir den Bahnhof und nur das Grundstück gekauft haben, hatten wir einen Betrag für eine einheitliche Umfeldgestaltung bezahlt.
Die Fläche zwischen Bahnhof und BASA Gebäude ist im Eigentum der Stadt verblieben, damit sie uneingeschränkt und dauerhaft der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen kann“, erläutert Roth. Im Rahmen des Masterplans und der Umfeldplanung sollte das Quartiers neu gestaltet und aufgewertet werden, damit ein Teil für eine Außengastronomie genutzt werden kann. „Das war der Deal mit der Stadt, der ihr erst erlaubt, Fördermittel für den Teilbereich Bahnhofsvorplatz zu erhalten.
Daran möchte ich die Stadtverordneten, die am 5. Dezember 2019 diesen Plänen zugestimmt haben, erinnern“, erklärt Roth. Wenn aber, wie jetzt zu vermuten, mit der Fertigstellung des Gesamtkomplexes Baufeld III erst Ende 2028 zu rechnen sei, „trifft mich das als Investor besonders hart, zumal wir den Kaufpreis für den Bahnhof auch für den flächenmäßig reduzierten Kaufgegenstand aufrechterhalten haben als unseren Beitrag“. Zumindest müsste es im Haushalt der Stadt endlich Planungssicherheit geben, dass das Umfeld professionell neu gestaltet werde und es eben den fertiggestellten Außenbereich ohne Abstriche an Qualität auch geben wird. „Davon gehen alle Pächter aus. Irgendwie muss ich ihnen die Verzögerung schließlich vermitteln.“
Mobilitätsdrehscheibe
Der geplante neue Busbahnhof als zentrale Mobilitätsdrehscheibe, die neue Bike & Ride-Anlage inklusive einer hochwertigen Gestaltung der Außenanlagen, das sogenannte Baufeld III „wird ein Mammutprojekt mit einem Gesamtvolumen von derzeit geplanten rund 13 Millionen Euro, das vermutlich das größte seit 30 Jahren ist. Wir rechnen mit zahlreichen Herausforderungen, wie etwa einer starken Belastung für die Wirtschaftsbetriebe, die Busbetreiber und die Bürgerschaft, weil mit einer langen Vollsperrung der Bahnhofstraße gerechnet werden muss“, so Erster Stadtrat Heiko Wolf mit einer Einschätzung, welche Schwierigkeiten wohl künftig zu erwarten sind. Das sogenannte Baufeld III wird per se die Politik wie die Verwaltung gleichermaßen vor Herausforderungen stellen, denn zahlreiche Detailfragen dürften es noch in sich haben. „Wir muten uns sehr viel zu und haben die Messlatte extrem hoch gehängt bekommen. Jetzt müssen wir darauf setzen, sie nicht zu reißen.“ Dieser sportliche Vergleich klingt optimistisch, dabei sind die gegenwärtigen Probleme noch nicht vom Tisch. Zwei wesentliche Puzzleteile fehlen noch, um an die begehrten Fördermittel durch HessenMobil zu gelangen: der Gestattungsvertrag durch die Deutsche Bahn und der genehmigte Bauantrag durch die Bauaufsichtsbehörde des Hochtaunuskreises. Hintergrund sind die von den Stadtverordneten durch den Haushaltsbeschluss 2024/25 postulierten 75 Prozent Förderquote und neun Millionen Euro Förderzusage. „Die Vereinigung der Grundstücke im Grundbuch als vorgegebene Voraussetzung einer Baugenehmigung ist formal noch nicht abgeschlossen, aber das Vermessungstechnische ist erledigt.“ Stadtrat Wolf hofft auf eine wohlwollende Prüfung, betont in dem Zusammenhang aber auch die „langwierigen Verhandlungen mit der Deutschen Bahn (DB)“.„Die zuletzt wahrnehmbare Unterstützung des Projekts von Frederik Roth aus der Landespolitik freut uns. Unsere Unterstützung – zuletzt Ende 2023 – an der Stelle verhallte leider wirkungslos. „Wir sind in dauerhaftem Austausch mit den Wirtschaftsbetrieben und darum bemüht, die Auswirkungen auf die Bürgerschaft so gering wie möglich zu halten.“ Der Spielraum der Rücksichtnahme auch gegenüber den Wirtschaftsbetrieben sei jedoch „sehr begrenzt und bis gegen Null hin tendierend“, so Erster Stadtrat Heiko Wolf abschließend.
Problem Vordach
Die Probleme mit der Deutschen Bahn sind Thema bei Roth, seitdem er mit der aufwändigen Sanierung des Projekts begonnen hat. Das Vordach des Bahnhofsgebäudes steht auf dem Gelände der Deutschen Bahn, die als Eigentümerin zur Instandhaltung verpflichtet ist, aber passiert ist nichts, obwohl der Bahnbetrieb und die Sicherheit durch den Zustand des Daches und der gerissenen Säulen akut gefährdet ist. „Das Dach ist undicht, die defekten Fallrohre und Schalungen haben nicht nur die historischen Träger, sondern auch das Gebälk des alten Bahnhofsgebäudes beschädigt. Wir mussten mit einem immensen Aufwand Balken und Decken im Innenbereich sanieren, da deren Tragfähigkeit nicht mehr gewährleistet war“, erläutert Roth. Um weiteres Eindringen des Regenwassers zu verhindern, leiten derzeit Rohre auf dem Dach provisorisch das Wasser ab. „Das ist aber keine Dauerlösung. Unsere Dachentwässerung auf der Bahnsteigseite muss vollständig und dauerhaft über das Bahnsteigdach der Bahn erfolgen, das ist durch die Konstruktion bedingt.“ Das Arbeits- und Schutzgerüst um das Vordach stehe seit einem Jahr, passiert sei weiter nichts. Die Platten würden verwittern und daher bald keine Sicherheit mehr bieten. „Das Gerüst und der Werkplan zur Vordachsanierung wurden durch uns geplant, von der DB verwendet und ausgeschrieben. Auch die Detailplanung zur Sanierung der gusseisernen Stützen haben wir erarbeitet und diese liegen der DB-Baukoordination seit dem Jahr 2021 vor. Derzeit befindet sich ein Leistungsverzeichnis für die Bauaufgaben bei der DB Baukoordination in Erstellung um eine Ausschreibung zu beginnen.“ Inzwischen sei ihm signalisiert worden, dass das Bahnhofsmanagement Anfang April nach Kronberg kommen und sich über Konzept und Umbaumaßnahme informieren wolle.
Bahnhof der Zukunft?
Dabei kommt sicher auch die Schwierigkeit mit den defekten Fundamenten bei der Bahnsteigerhöhung zur Rede, die bei der Sanierung der gusseisernen Säulen und des Vordachs berücksichtigt werden müssen. Im Anbau des Bahnhofs befindet sich das Bäckereigeschäft, im Bereich dahinter die Backstube, aufgrund von Leitungen und Fundamenten der Bahn kann dieser Bereich nicht unterkellert werden und der ursprüngliche Bauantrag muss umgeplant werden. „Für den restlichen Keller bleibt die Stehhöhe von 1,75 Metern, also ein Kriechkeller, der aufgrund der Tatsache, dass der Bahnhof im Überschwemmungsgebiet des Winkelbachs und Westerbachs liegt, nicht für die Gastronomie genutzt werden kann. Ursprünglich sollten hier die Sanitäranlagen untergebracht werden, aufgrund der besonderen Situation muss nun auch hier umgeplant werden“, erläutert Roth. Trotz mancher Rückschläge zeigt er sich zuversichtlich. „Wenn wir mit der DB alles einvernehmlich geklärt haben, geht es zügig voran, zumindest im Innenbereich. Und für den Außenbereich lässt sich sicher auch eine Lösung finden, die Kooperation mit dem Bauamt ist konstruktiv und zielführend.“ Die DB InfraGo wirbt auf ihrer Plattform damit, dass eine starke Schiene starke Bahnhöfe braucht. Denn sie seien das Zugangstor zur nachhaltigen Mobilität und die Visitenkarte einer jeden Stadt und Gemeinde. Konkretes politisches Ziel für den Personenverkehr sei die Verdoppelung der Reisenden auf der Schiene bis 2030. Wörtlich heißt es: „Die erfolgreiche Entwicklung der Zukunftsbahnhöfe kann uns nur über starke Kooperationen und gemeinsames Handeln aller Beteiligten vor Ort gelingen.“ Ob der Kronberger Bahnhof in die Kategorie Zukunftsbahnhof fällt, sei dahingestellt, aber eine deutlich bessere Kooperation wäre allemal wünschenswert.