Aus Freude an der Musik und zu manchem Streich aufgelegt

Das Jugend-Streichorchester in St. Johann mit den Solistinnen Pauline Kaltenbach (mit der klingelnden Schreibmaschine vorne links), Lily Aimée Velten, Merle Geißler und Nicole Baltzer mit Orchesterleiter Erik Richter, der mit der Auswahl des Programms auch Sinn für Humor bewies.
Foto: Sura

Kronberg (aks) – Am Ende fehlte nur noch die Europa-Hymne, das wohl berühmteste Musikstück Beethovens, das an diesem sonnigen Europa-Wahlsonntag viele auf den Lippen hatten auf ihrem lauschigen Spaziergang durch das malerische Kronberg.

Die Euphorie in St. Johann war an diesem Nachmittag dem Konzert des Jugend-Streichorchesters mit 30 Nachwuchs-Talenten zu verdanken. Kooperationspartner waren die Musik-Akademie Wuppertal und das Emanuel Feuermann Konservatorium der Kronberg Academy, beide Garanten für musikalische Bildung auf höchstem Niveau. Sehr junge Musikbegeisterte von fünf bis 18 Jahren widmen sich hier intensiv einem Streichinstrument. Über den Instrumental- und Theorieunterricht hinaus gehören regelmäßige Konzerte, Kammermusik und die Teilnahme an verschiedenen Kursen, Jugendorchestern und Wettbewerben zum Unterrichtskonzept.

Die Künstlerische Leitung des Emanuel Feuermann Konservatoriums haben Erik Richter und Annette Ziegler inne. Das Programm dieses Sonntags hatte Erik Richter in seiner Funktion als Orchesterleiter im April in fünf Tagen mit den hochmotivierten jungen Streichern einstudiert, mit einem fleißigen Tagespensum von acht Stunden! Das Ergebnis war reinster Hörgenuss und viele Zuhörer in der voll besetzten Kirche waren überrascht, auch einige Kindergesichter im Orchester zu entdecken. Die Älteren, Teenager, durften ganz vorne spielen und verbreiteten zuversichtliches Selbstvertrauen statt flatternder Nervosität, was nur allzu verständlich gewesen wäre. Die Musikstücke waren abwechslungsreich und im besten Sinne unterhaltsam, vom Bach’schen Meisterwerk „das Brandenburgische Konzert Nr. 3“ über Haydn, bis hin zur modernen Klassik Sibelius, Dvorak, Britten und Piazolla.

Beim bekannten „Typewriter“ von Leroy Anderson, in dem die Solistin Pauline Kaltenbach schmunzelnd hinter der Schreibmaschine brillierte, durfte herzhaft gelacht werden. Das kam so gut an, dass es gleich noch einmal wiederholt wurde – „wegen der Tippfehler!“. Die Solisten wirkten alle selbstsicher und hatten sichtlich ihre helle Freude an der Musik. Junge Menschen, die nicht auf Handys starren, sondern auf Instrumente und so Hörgenuss bescherten – das machte Freude und zeigte ein verheißungsvolles wohlklingendes Bild der Jugend: Klassische Musik macht eben jung und alt Spaß. Merle Geißler meisterte ihr Cello-Solo fabelhaft mit einem Konzert für Violoncello und Orchester von Haydn. Lily Aimée Velten entlockte ihrer Violine schräge Töne: aus dem anfänglichen Kratzen entwickelte sich ein kraftvoller Tango von Astor Piazzolla, im Dialog mit Nicole Baltzer an ihrem Cello mit ruhigeren Passagen, beide getragen vom Orchester und dem unwiderstehlichen Rhythmus des Tango, der es dank des argentinischen Bandoneon-Spielers und Komponisten weltweit zur Konzerthausreife brachte.

Trotz schriller Töne der Solisten bei aufregenden Tempi nahm das Orchester die ungewöhnlichen Zwischentöne versöhnlich auf. Die Geige hatte dann aber doch den letzten Ton und endete mit einem Krächzen. Dass klassische Musik nicht nur ernst ist, dass spielerisch mit Noten umgegangen werden darf und Streicher nicht nur streichen, das hatte Orchesterleiter Erik Richter sicher auch im Sinn mit dem „playful pizzicato“ von Benjamin Britten, der hier auf die üblichen Wohlklänge der Celli und Geigen verzichtet – den jungen Streichern schien das Zupfen jedenfalls Spaß zu machen. Der Maestro Erik Richter führte seine jungen Musiker souverän durch das variantenreiche Programm, das die vielen Seiten und Saiten der Musik aufs Schönste zum Klingen brachte.

Wer die jungen Musiker wiederhören möchte, dem sei das Konzert am 5. Juni um 19 Uhr im Gymnasium Oberursel empfohlen.



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