Kosten für das Casals Forum steigen auf 58,5 Millionen Euro – mit 500.000 Euro soll Kronberg ein „starkes Signal“ für das Bauprojekt geben

Blick auf das Casals Forum im Mai 2020: Die Bauarbeiten für den Kammermusiksaal, das Casals Forum, schreiten voran und liegen im Zeitplan. Allerdings hängt mit einer Deckungslücke von 15,75 Millionen Euro eine nicht unerhebliche dunkle Wolke über dem Bauprojekt mit weltweiter Ausstrahlung. Foto: Stephan Cropp

Kronberg (mw) – Zu später Stunde sollte es im Haupt- und Finanzausschuss (HFA), der nach der coronabedingten Sitzungsunterbrechung mit 14 Tagesordnungspunkten bis punkt Mitternacht in der Stadthalle tagte, noch einmal spannend werden. Vorbereitet worden war ein interfraktioneller Antrag von CDU, FDP, SPD und UBG, der vorsieht, dass die Stadt Kronberg die Kronberg Academy Stiftung beim Bau des Kammermusiksaals, nebst Studienzentrum, mit einem Zuschuss in Höhe von 500.000 Euro unterstützt. Vorausgegangen war am 26. Mai ein Gespräch der Kronberg Academy und ihres Gründers Raimund Trenkler mit allen Fraktionsvorsitzenden, Bürgermeister Temmen und Erstem Stadtrat Robert Siedler als Vertreter für den Magistrat sowie dem Stadtverordnetenvorsteher Andreas Knoche, in dem Trenkler die Mandatsträger darüber informierte, dass sich die Kosten für den Bau des Casals Forum am Kronberger Bahnhof erhöht haben. Zum Spatenstich war das über die Region hinaus viel beachtete Großbauprojekt 2017 noch mit 36 Millionen Euro veranschlagt worden. 2018 lagen die berechneten Baukosten dann jedoch bei rund 46 Millionen Euro. „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen werden die Gesamtkosten bei 58,5 Millionen Euro liegen“, informiert Raimund Trenkler, Vorsitzender der Kronberg Academy Stiftung, nun dazu.

Erhebliche Baukostensteigerung

Neben den „besonderen technischen Herausforderungen“ für die Errichtung des klimaneutralen Konzertsaales trage die anhaltende „Sonderkonjunktur in der Bauwirtschaft zu einer unvorhersehbaren, erheblichen Baukostensteigerung bei“. Diese beinhalte auch die Baukonstruktion, insbesondere die Schaffung einer einzigartigen Akustik im Kammermusiksaal sowie die Baunebenkosten. Die Fertigstellung des Casals Forums ist für Mai 2022 geplant. „Aufgrund der Kostensteigerungen hatte der Vorstand der Kronberg Academy Stiftung einen sechsmonatigen Ausschreibungsstopp verhängt, um in dieser Zeit eine intensive Kostenanalyse – unter Einbindung eines Expertenteams – vorzunehmen, die Vergabestrategie zu überprüfen und anschließend die Aufstellung eines neuen Budgets zu erarbeiten“, erklärt er zur aktuellen Sachlage und versichert: „Die privaten Förderer wie auch die öffentliche Hand stehen mehr denn je hinter dem für die Kultur und für die Stadt Kronberg wichtigen Bauvorhaben.“

Leuchtturmprojekt

Die Kronberg Academy Stiftung sei daher in „intensiven Gesprächen“ mit „privaten Förderern sowie der öffentlichen Hand, einschließlich der Stadt Kronberg, zur Abdeckung der Mehrkosten“. Trenkler betont: „Die Bereitstellung weiterer Mittel durch die öffentliche Hand und die Spendenbereitschaft von privaten Förderern ist zunehmend an die Frage geknüpft, inwieweit sich auch die Stadt Kronberg an dem Bauvorhaben beteiligt.“ Und er führt aus: „Für die Stadt Kronberg ist die hohe internationale Reputation der Kronberg Academy sowie jährlich tausende Konzertbesucher aus aller Welt auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein großer Zugewinn. Wie eine Studie untermauert, profitiert die Stadt Kronberg auch monetär davon, dass die Kronberg Academy Stiftung hier ihren Sitz hat. Der Bau des Kammermusiksaales ist ein anerkanntes Leuchtturmprojekt, das weit über die Region hinaus wirkt und zahlreiche Besucher anziehen wird.“

Den Mehrwert der Kronberg Academy beschreiben auch CDU, SPD, UBG und FDP in ihrem interfraktionellen Antrag, dem im HFA schließlich auch einstimmig bei Enthaltung der Grünen stattgegeben wurde. Doch zunächst sah es in der emotional geführten Debatte nicht danach aus. Michael Dahmen (CDU) bekannte, man wollte zwar eine Unterstützung für die Kronberg Academy gewähren und damit auch andere Geldgeber bestärken, wollte sich aber durch einen möglichen Änderungsantrag vorbehalten, die Kronberg Academy auf irgendeine Art und Weise zu einer regelmäßigen „Kontrolle“ über die weitere Kostenentwicklung zu verpflichten. Mit einer quartalsmäßigen Bestätigung des Finanzplans oder Ähnlichem wolle man allen Bedenkenträgern eine Brücke bauen. Sein Parteikollege Stefan Möller unterstützte Dahmens Forderung nach Kontrollen und einer „Magistratsbewertung“ mit dem Hinweis, dass auch die anderen Parteien noch Diskussionsbedarf sähen und Änderungsanträge eingebracht hätten.

KfB fordert verbindliche Zusagen

So hatte die KfB einen Änderungsantrag (der mit 2:7 Stimmen abgelehnt wurde) im Gepäck, der alle möglichen weiteren Eckpunkte forderte wie beispielsweise eine verbindliche Zusage, eine weitere Baukostenüberschreitung auszuschließen, eine Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer auf dauerhafte Deckung der laufenden Betriebskosten sowie eine Mittelauszahlung nur bei Nachweis, dass die Deckungslücke in Höhe von 15,75 Millionen Euro zu 100 Prozent finanziert ist. Außerdem sollte die Stadt Kronberg dem weltweit renommierten Landschaftsarchitekten zwecks Beauftragung mit der Umfeldplanung um den Kammermusiksaal zwecks städtischer Gegenfinanzierung eine Absage erteilen.

FDP: „Sie bekommen weiche Knie!“

Für Dietrich Kube (FDP) war das Grund genug, sich aufzuregen: „In dieser heiklen, kritischen Phase bekommen sie jetzt weiche Knie“, kritisierte er zunächst die Argumentation der CDU-Ausschussvertreter und Mitunterzeichner des schnell gestrickten interfraktionellen Antrags. „Wir machen uns doch lächerlich.“ Die Entscheidung, die es zu treffen gelte, laute: „Lassen wir die Academy im Regen stehen oder ziehen wir jetzt mit, wohlwissend, dass es eine hundertprozentige Sicherheit nicht gibt?“ Die KfB setze dem Ganzen allerdings „die Krone auf“, echauffierte er sich, indem sie Forderungen stelle, wie eine hundertprozentige Zusicherung, dass das Budget nicht überschritten wird. „Forderungen, von denen jeder weiß, dass sie nicht zu erfüllen sind“, so Kube.

Starkes Signal setzen

Ausschussvorsitzender Christoph König (SPD) empfahl den Mitgliedern, „ein starkes Signal“ für das Casals Forum zu geben, indem „die Fraktionen hinter ihrem Antrag stehen“. Alle formulierten Einschränkungen, implizierten nur: „Wenn dies oder jenes nicht zutrifft, dann bin ich raus!“ Doch es sei genau jetzt an der Zeit, dass die Stadt, die sich in puncto Unterstützung des Bauprojekts Kronberg Academy „einen schlanken Fuß gemacht hat“, unterstützend eingreift.

Im interfraktionellen Antrag heißt es: Die Kronberg Academy sei „unstreitig“ eine weit über die Region hinaus, ja weltweit bekannte, international wirkende Kulturinstitution zur Ausbildung und Förderung junger hochbegabter Musiker. Mit einem Baukostenzuschuss in Höhe von 500.000 Euro wolle man ein „starkes Signal für den Kammermusiksaal und die Kronberg Academy in Richtung der weiteren Geldgeber senden“. „Die Schaffung der komplexen akustischen Voraussetzungen, erhebliche Mehraufwendungen für den Rohbau sowie unvorhersehbare jährliche Baukostensteigerungen haben in Kombination mit der Notwendigkeit zur europaweiten Ausschreibung sämtlicher Gewerke zu einer deutlichen Baukostenerhöhung geführt“, heißt es darin weiter.

Deckungslücke

Deshalb sieht der interfraktionelle Antrag vor, die von dem Fachbüro Drees & Sommer, einem international tätigen Beratungsunternehmen für Bau- und Immobilienprojekte, errechnete Deckungslücke in Höhe von 15,75 Millionen Euro, die zur Sicherstellung des laufenden Vergabeprozesses durch einen Überbrückungskredit der Taunus Sparkasse in Höhe von 5 Millionen Euro abgefedert werden konnte, zu schmälern.

„Die Deckungslücke soll in Form einer Drittlösung über private Förderer, den Bund, das Land, den Landkreis und die Stadt Kronberg im Taunus ausgefüllt werden“, erklären die Antragsunterzeichner CDU, SPD, FDP und UBG darin. Zu prüfen sei noch, in welcher Form die Stadt einen solchen Zuschuss gewähren könne. Es seien sowohl die haushaltsrechtlichen Vorschriften zu beachten wie auch das EU-Beihilferecht. Der Magistrat wird außerdem gebeten, diese formalen und rechtlichen Gesichtspunkte zu prüfen, die Stadtverordnetenversammlung über die Prüfungsergebnisse zu unterrichten und eventuell notwendige weitere Beschlüsse vorzubereiten, die zur Gewährung des Zuschusses an die Stiftung notwendig sind. Die Deckung des Zuschusses könne über die eingegangen Gewerbesteuermehreinnahmen erfolgen.

Die KfB wehrte sich bei der Diskussion im HFA gegen die Behauptung der FDP, sie seien von Anfang an gegen den Bau des Casals Forum gewesen. Man sei allein gegen den Bau des Hotels gewesen und beim Casals Forum habe man sich, ähnlich wie jetzt auch, einfach mehr Transparenz gewünscht.

Grüne sehen Diskussionsbedarf

„Dass wir hier binnen einer Woche durchgaloppieren sollen, verstehe ich nicht, das sehe ich nicht ein“, so die frisch gewählte stellvertretende HFA-Vorsitzende Alexa Börner (KfB). Die Grünen erklärten, sie hätten noch „viel Diskussionsbedarf“ über den interfraktionellen Antrag. Mechthild Schwetje (Grüne) dazu: „Uns war damals doch allen der Aspekt wichtig, dass keine städtischen Gelder in das Projekt fließen. Gleichzeitig ist das Bauprojekt in vielerlei Hinsicht ein gutes Projekt“, sagte sie. „Vielleicht wäre zur Kostendeckung ein Rückkauf eines Teilgrundstücks eine gute Idee?“, fragte sie in die Runde. Jedenfalls könne man die Mehrkosten, die entstehen, keinesfalls mit der Außenanlagengestaltung verknüpfen, wie es die KfB in ihren Änderungsantrag vorschlägt. Aber über genau solche Ideen müsse in der Fraktion noch Zeit zur Beratung bleiben. Schwetje fragte auch bei Bürgermeister Klaus Temmen nach, ob denn die finanzielle Unterstützung von Bund und Land unter dem Vorbehalt stände, dass sich die Stadt Kronberg finanziell ebenfalls beteiligt. „Es wird jedenfalls von Land und Bund ganz genau geschaut werden, ob die Stadt Kronberg hier ein Zeichen setzt“, so Temmens Entgegnung auf diese Frage. Alle schauten auf die Stadt Kronberg und würden ihn nicht erst seit gestern fragen, was denn der städtische Beitrag zu diesem Leuchtturmprojekt sei. Und natürlich sei jetzt Eile geboten. Letztendlich stellte die CDU keinen Änderungsantrag im HFA, verlieh jedoch ihrem Wunsch Nachdruck, alle weiteren Änderungsanträge sollten zur Beratung rechtzeitig eine Woche vor der Stadtparlamentssitzung am 25. Juni vorliegen.

Noch liegt der Bau des Casals Forum trotz der bekannten Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie den Informationen der Kronberg Academy zufolge im Zeitplan. Wird es im Stadtparlament tatsächlich ein „starkes Signal“ für die Academy Kronberg geben, bleibt zu hoffen, dass die weiteren Geldgeber, Land und Bund und auch private Unterstützer dem Großbauprojekt die Treue halten und helfen, die entstandene finanzielle Lücke zu schließen. Dann dürfte Raimund Trenkler mit seiner Ankündigung hoffentlich richtig liegen, dass im Herbst 2022 nach der Durchführung eines Probebetriebes die feierliche Eröffnung des Kammermusiksaal stattfinden soll.



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