Kronberg im Blick der Künstler: Natur und ländliche Idylle

Nelson Gray Kinsley (1863-1945) stellte den aufragenden Burgturm ins Zentrum seiner tonigen Winterdarstellung. Fotos: privat

Kronberg. – Noch bis zum 27. Februar 2022 zeigt das Museum Kronberger Malerkolonie, Heinrich-Winter-Straße 4 a, eine sehenswerte Schau über unser Heimatstädtchen Kronberg. Der Titel der Sonderausstellung „Kronberg – gestern und heute“ verspricht Gegenüberstellungen von historischen und zeitgenössischen Perspektiven auf Kronberg. Mit aktuellen und persönlichen Fotoaufnahmen der Taunusstadt treten die Fotografin Patricia Truchsess und der Fotograf Andreas Malkmus mit den historischen Gemälden der „alten“ Meister der Kronberger Malerkolonie in Dialog. Dabei zeigen die ausgestellten Exponate die ununterbrochene Wertschätzung der Künstler und Künstlerinnen für die Schönheit Kronbergs und seine besondere Naturlandschaft. Waren es doch die Maler, die in den 1830er Jahren als erste die reizvollen Blicke Kronbergs entdeckten und auf die Leinwand bannten.

Vor allem der sogenannte „Malerblick“ – von der damaligen Chaussee, der heutigen Bundesstraße 455 aus – auf die Silhouette Kronbergs deutet auf die Verbundenheit der Künstler der Kronberger Malerkolonie mit der Natur hin. Neben Alfred von Schönberger (1845-1912) hielten viele Maler diesen Blick auf das liebliche, zwischen den sanften Taunushügeln eingebettete Städtchen im Bild fest. Verlor sich der Blick über Kronberg hinweg in die Mainebene einstmals an der weit entfernten Stadtsilhouette Frankfurts, rücken heute bei klarer Sicht die Hochhäuser der Mainmetropole deutlich an den Taunus heran. Die einstmals alles überragende mittelalterliche Burg Kronberg hat ihre beeindruckende Höhe an die Bankentürme längst verloren. Das großformatige Panorama „Hipstorama“ von Patricia Truchsess zeigt, wie die Hochhäuser aus der Ebene heute herausragen und die benachbarten Städte Schwalbach und Eschborn die Bebauung beinahe schließen.

Adolf Hoefflers (1825-1898) sommerliche Komposition mit Kindern entlang der Talstraße wiederum erinnert an das einstige ländliche Flair Kronbergs. Das Gemälde lebt von dem reizvollen Spiel mit Licht und Schatten. Im Vordergrund überschattet ein ausladender Baum die Szene und lässt nur einzelne Lichtreflexe durch sein üppiges Laubwerk fallen. Der Blick fällt auf zwei kleine Kinder, die auf der Talstraße an Häusern entlanglaufen. Gekonnt lenkt der Künstler den Blick des Betrachters zum Lichtspiel zwischen den Häusern am Straßenrand und den Baumkronen, die den blauen Himmel durchscheinen lassen. Hoeffler verbindet hier Architektur und Natur, indem er den Betrachter mit Hilfe von Wegen und Figuren in detaillierte Naturdarstellungen hineinführt.

Auch der aus vermögendem Hause stammende Amerikaner Nelson Gray Kinsley (1863- 1945), der mit fünfzehn Jahren seine Ausbildung in Kronberg bei Anton Burger begann, fängt besondere Blicke zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten ein. Regelmäßig begleitet er seinen späteren Schwiegervater Burger zur Jagd und wandert bald allein täglich mit dem Skizzenblock durch die Taunuslandschaft, um direkte Natureindrücke umzusetzen. Kinsley kommt es weniger darauf an, topografisch reale Landschaften zu zeigen. Vielmehr bilden die Jahreszeiten, das Werden und Vergehen der Natur, den Mittelpunkt seiner Bildaussage. So stellt Kinsley den aufragenden Burgturm ins Zentrum seiner tonigen Winterdarstellung, die gekonnt mit den feinsten Farbabstufungen von Weiß- und Grautönen spielt.

Fritz Wucherer (1873-1943), ebenfalls ein Schüler Burgers, ließ sich 1899 endgültig in Kronberg nieder und führte in einer nahezu unüberschaubaren Fülle von Landschaftsbildern die traditionelle Malweise der Kronberger Künstlerkolonie ins 20. Jahrhundert. Von seinem zweijährigen Aufenthalt in Paris und Auvers-sur-Oise geprägt, pflegt er einen lockeren, mitunter nicht flächendeckenden Pinselstrich in der Art eines gemäßigten Impressionismus, der jedoch stets am Gegenstand festhält. Zu seiner Zeit in Kronberg hielt Wucherer nicht nur die idyllische Natur, sondern auch einzelne Gebäude und ganze Straßenzüge der Kronberger Altstadt fest, unter anderem auch die im 17. Jahrhundert errichtete Synagoge. Der zweigeschossige Fachwerkbau stand in der heutigen Kleinen Mauerstraße (bis 1935 Synagogenstraße) und wurde 1926 abgerissen.

Die Ausstellung veranschaulicht, wie städtebauliche und landschaftliche Veränderungen einhergingen mit einem soziokulturellen und wirtschaftlichen Wandel der Stadt. Die Künstler der Kronberger Malerkolonie zeigen Augenblicke der Sehnsucht nach Natur und ländlicher Idylle. Mehr noch als die Künstler vergangener Epochen visualisieren Patricia Truchsess und Andreas Malkmus einen zwischen Urbanität und Natur oszillierenden Blick. Begleitend zur Ausstellung lädt das Museum alle Kreativen, Kunstinteressierten, Kronberger und insbesondere Kinder und Jugendliche ein, selbst auf Erkundungstour durch ihre Stadt zu ziehen und malerische Ansichten oder auch kritische Momente im Foto festzuhalten. Die Ergebnisse werden dann am Ende des Projekts in die Ausstellung integriert und digital präsentiert.

An Heiligabend, am 1. Weihnachtsfeiertag, an Silvester und Neujahr bleibt das Museum geschlossen. Am 2. Weihnachtsfeiertag sowie sonntags ist von 11 bis 18 Uhr, samstags von 12 bis 18 Uhr sowie mittwochs von 15 bis 19 Uhr geöffnet. Der Einlass erfolgt nach den aktuellen Corona-Einschränkungen, derzeit nach der 2-G-Regelung. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Der Eintritt in die Ausstellung beträgt pro Person 6 Euro, ermäßigt 5 Euro, Kinder bis zwölf Jahre erhalten kostenlosen Eintritt.



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