Parkplatzpläne verderben Osterfeiertage

„Beteiligung statt Bevormundung“, „Sofortiger Maßnahmestopp“ und „Diskussion geplanter Maßnahmen“ fordern die Mitglieder der Bürgerinitiative auf Plakaten, mit denen sie vors Rathaus gezogen sind. Foto: fk

Oberursel (gt/ach). Aus heiterem Himmel kam vorige Woche die Ankündigung von Markierungsarbeiten ab 20. April und der drohende Wegfall von etwa drei Vierteln aller Parkplätze im Bereich der Goethestraße, Hans-Thoma-Straße, Pfingstweidstraße, Ernst-Lüttich-Straße und Liebigstraße. Die Nachricht verhagelte den Anwohnern gehörig das Osterfest. Aus einer Welle der Entrüstung bildete sich spontan eine Bürgerinitiative, die am Dienstag im Rathaus einen dicken Umschlag mit Unterschriften übergab. Doch da hatte Bürgermeisterin Antje Runge schon alle Maßnahmen gestoppt.

„Was passiert denn ab 20. April? Da ab dann Halteverbot gilt. Weiß da jemand was?“ fragte Daniel Herr am 12. April im Oberurseler Forum auf Facebook. Zu diesem Zeitpunkt war auch noch nicht die Presse über die bevorstehenden Arbeiten informiert. Die Bürgermeisterin erklärte: „Es beginnen Markierungsarbeiten für Parkplätze, damit Gehwege, Kurvenbereiche oder Einfahrten freigehalten werden und Fußgänger sowie Rettungsfahrzeuge passieren können.“ Die Anwohner zeigten wenig Verständnis. Dass die Arbeiten in den Osterferien – ein Schelm, wer Böses dabei denkt – stattfinden sollten und Anwohner, die im Osterurlaub waren, keine Chance hatten, rechtzeitig ihre Fahrzeuge wegzufahren, setzte dem Ganzen die Krone auf.

„Wenn die Müllabfuhr problemfrei die Straße passieren kann, ist dies der Feuerwehr ebenso möglich. Wir hatten letzten Herbst sogar einen Vorfall mit Wasser im Haus, zu dem die Feuerwehr mit einem Großaufgebot kam. Sie sind dabei so gut durchgekommen, dass wir in der Wohnung darüber erst am Ende des Einsatzes davon mitbekommen haben. Das Argument ist wenig überzeugend“, antwortete Mia Sulzbach. Aileen Valdez wies darauf hin: „Es gab keinerlei Austausch mit den Bewohnern hier, die meisten haben erst jetzt davon Wind bekommen – als alles feststand. Man hat das Gefühl, jemand der nur Fahrrad fährt, hätte diesen Plan erstellt, ohne Rücksicht auf die hier seit Jahren lebenden Bewohner.“ Die Oberurseler Bürgergemeinschaft griff das Thema auf und lud die Anwohner vor der nächsten Gremienrunde zu einem Ortstermin ein, der am Samstag, 30. April, um 15 Uhr stattfinden soll.

Inzwischen kamen erste Infos aus dem Rathaus. Im Herbst 2021 habe es massive Probleme durch geparkte Fahrzeuge gegeben, die eine Durchfahrt von Feuerwehr und Sanitätsdiensten unmöglich machten. Drei Meter seien die für diese Fahrzeuge erforderliche Durchfahrtsbreite. Deshalb fänden im Quartier Markierungsarbeiten für kostenlose Parkbuchten statt. In nicht markierten Bereichen dürfe dann nicht mehr geparkt werden.

Von sinnloser Geldverschwendung sprach Daniel Herr. Es habe nie Probleme gegeben, die Kurvenradien seien groß genug für einen Sattelzug, auch wenn Autos dort stehen. Am Gründonnerstag trat die „Bürgerinitiative Liebfrauenquartier“ in Aktion und startete eine Unterschriftenaktion. Die Bürger warfen der Bürgermeisterin und dem Verkehrsdezernenten Christof Fink mangelnde Bürgerbeteiligung vor. Der Plan in seiner aktuellen Form mache das Viertel für den Schleichverkehr noch attraktiver. „Die Goethestraße zum Beispiel wäre dann nur noch einseitig zugeparkt und würde dadurch für den Durchgangsverkehr zur idealen Rennstrecke.“

Außerdem befürchten sie, dass Lehrer und Schüler vor allem des Gymnasiums Oberursel (GO), aber auch anderer Schulen, die wenigen verbliebenen Parkplätze wie bisher weiter belegen werden, obwohl das GO eine eigene Tiefgarage hat. Sie forderten die Stadt dazu auf, die Anwohner kurzfristig in einer öffentlichen Anhörung über die geplanten Maßnahmen zu informieren und bis dahin das Halteverbot und die Markierungsarbeiten auszusetzen. Am Donnerstagnachmittag zeichnete sich die Wende ab. Die Stadt kündigte an, zeitnah nach den Osterferien eine Bürgerinformationsveranstaltung durchzuführen. Die Markierungsarbeiten sollten trotzdem stattfinden. Allerdings blieben die neuen Halteverbotsschilder zunächst abgedeckt. „Die neu markierten Parkplätze können dann testweise schon beparkt werden, um erste Erfahrungen

zu sammeln“, so die Stadt.

Über das Osterwochenende sammelte die Bürgerinitiative bereits 50 Unterschriften, die sie am Dienstag zusammen mit weiteren nach einem Zug durch die Stadt im Rathaus übergab. „Wir sind gerne bereit, mit der Stadt Oberursel konstruktive Lösungen zu finden, dies geht aber nicht bis zum 19. April um Mitternacht, denn dann müssten alle Autos entfernt sein“, schrieben die Anwohner in ihrem Brief an die Bürgermeisterin. „Wir müssen Sie daher dringend bitten, die Maßnahmen zunächst auszusetzen und die Schilder noch am 19. April abholen zu lassen.“

Doch es sollte deutlich schneller gehen. Zur Übergabe der Unterschriften hatte sich die Bürgermeisterin eine Stunde Zeit freigeschaufelt, um zusammen mit Dr. Uli Molter von der Stadtentwicklung, Bernd Strobehn von der Verwaltungssteuerung und dem Leiter der Straßenverkehrsbehörde, Frank Weil, mit den Bürgern zu sprechen. Deren Anwalt Ulrich Warncke unterstrich die Bereitschaft zum konstruktiven Dialog, denn „es muss was getan werden, um brenzlige Situationen zu verhindern“. Doch die Aktionen der Verwaltung seien „nicht zu Ende gedacht“. Was 30 oder 40 Jahre geduldet worden sei, könne nun noch vier Wochen warten im Interesse einer gemeinsamen Suche nach einer Lösung. Anwohner Werner Libbert plädierte für schraffierte Flächen etwa in Kurven und – einig mit der Verwaltung – Strafzettel für jene, die dort parken. Ungünstig seien Poller, die Platz wegnehmen, der gewonnen werden soll.

Runge entschuldigte sich für die Kommunikation, die „nicht gut“ war. Es sei auch nicht gut, bei der Umsetzung des großen Verkehrskonzepts eine Maßnahme unkoordiniert mit den anderen vorzuziehen. In Koordination mit der für 2023 vorgesehenen Einführung des Anwohnerparkens sehe die Situation schon anders aus. „Deshalb werden bis dahin keine Markierungen angebracht und die Schilder werden noch heute (Dienstag) abgeräumt.“ Die Stadt habe unverändert die Sicherheit im Blick, wolle sie aber durch koordinierte Maßnahmen erreichen. So stellten sich das auch die Anwohner vor, antwortete Warncke, die unglückliche Kommunikation sei „ein Ausrutscher, ein Unfall“ gewesen. Selbstverständlich sollten Kontrollen durchgeführt werden.

Der Ring wurde freigegeben für Fragen der etwa 50 Bürger, die mit ins Rathaus gekommen waren, und schon wurde in sachlichem Ton über Einzelmaßnahmen diskutiert. Die Straßenverkehrsbehörde will vorerst das „Gehwegparken“ mit zwei Rädern dulden, sofern ausreichend Platz für Doppelkinderwagen bleibt, Vor- und Nachteile des Anwohnerparkens wurden angesprochen, ebenso sehr deutlich das häufig nicht den Verkehrsregeln entsprechende, rüpelhafte Verhalten von Radfahrern. Der Ruf nach Kontrollen wurde laut. Als Warncke darum bat, das Protokoll der Feuerwehrbegehung im Herbst vorigen Jahres, auf dem die umstrittenen Maßnahmen basieren, zu erhalten, um zu sehen, wo genau die Probleme liegen, stellte sich heraus, dass es ein solches Protokoll vermutlich nicht gibt. Die Bürgermeisterin versprach, diese Frage zu klären.

Schließlich verwies die Verwaltung darauf, dass die zu einem künftig koordinierten Vorgehen erforderlichen Beschlüsse in der nächsten Sitzungsrunde der parlamentarischen Gremien gefasst werden sollen. Die Sitzungswochen eröffnet am Mittwoch, 4. Mai, um 17.45 Uhr im großen Sitzungssaal des Rathauses der Bau-, Umwelt- und Klimaschutzausschuss.

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