Auf Schusters Rappen durch das „Pompeji der Steinzeit“

Der „Archäologische Rundweg“ am Kapellenberg oberhalb von Hofheim ist nun offiziell eröffnet. Projektleiter Detlef Gronenborn, ein Vertreter von hessenArchäologie, Bürgermeister Christian Vogt und Jutta Nothacker (v. l.) dürfen das rote Band durchschneiden. Foto: js

Main-Taunus (js). Am Kapellenberg werden 6000 Jahre Geschichte auf dem Archäologischen Rundweg lebendig. Am Sonntag wurde der rund vier Kilometer lange Weg mit Informationstafeln und Stelen mit vielen Gästen und viel Prominenz am Wegesrand eröffnet. Bei der ersten offiziellen Führung mit Archäologie-Professor Detlef Gronenborn erfuhren die interessierten Besucher viel über die Heimatgeschichte der Steinzeit.

Keiner kennt den Kapellenberg oberhalb von Hofheim am Taunushang so im Detail wie Detlef Gronenborn. Mal abgesehen vielleicht von Männern wie Heimatforscher Rolf Kubon und Carl August von Cohausen, der einst die rund 6000 Jahre alte Wallanlage samt archäologisch verwertbaren Resten des Wachtturms aus der Steinzeit entdeckt hat. Männer, die noch keine 3D-Scanverfahren zur Verfügung hatten wie Archäologie-Professor Gronenborn heute. Natürlich wird den Forschern der frühen Jahre auf dem jetzt eröffneten „Archäologischen Rundweg“ auf den Informationstafeln ein Denkmal gesetzt. Professor Gronenborn indes hat das Privileg, als Mann der Neuzeit seit einem Dutzend Jahren, aufbauend auf den alten Erkenntnissen, mit modernen Mitteln im „Pompeji der Steinzeit“ zu forschen.

Ein archäologischer Schatz

So nennt der Archäologe und Projektleiter vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum (RGZM) in Mainz den Kapellenberg mit Wallanlage aus der Michelsberger Kultur, die auf über drei Kilometern Länge 45 Hektar Land einschließt, auf dem reichlich Spuren früherer Besiedlung zu finden sind. Ein erst kürzlich identifizierter Großgrabhügel verweist auf die Bretagne, ein gefundenes Jadebeil in den westalpinen Raum, spätere Zuwanderer aus der russischen Steppe kommen ins Spiel, Gronenborn spricht in seiner Begeisterung von einer „einzigartigen archäologischen Fundstätte“ mit wissenschaftlicher Bedeutung weit über das Rhein-Main-Gebiet hinaus. Allein die Erhaltung der Wälle für eine Anlage dieses Alters sei in ganz Europa einzigartig. Er kann Artikel aus britischen Zeitungen dazu zitieren, die zig Millionen Mal im Internet gelesen worden sind.

Hofheims Bürgermeister Christian Vogt schätzt die „glückliche Lage, direkt auf unserem Hausberg einen der größten archäologischen Schätze der Region zu haben“. Der illustrierte Rundweg nach dem Muster anderer Regionalpark-Routen soll helfen, diesen Schatz vielen Menschen zugänglich zu machen. Ein „wunderbarer neuer Mosaikstein in unserer so vielfältigen Region“, sagte Andrea Koenecke vom Regionalpark RheinMain beim Durchschneiden eines roten Bands zur Eröffnung des Rundwegs. Zur Finanzierung von Tafeln und Stelen hat die Stiftung Flughafen Frankfurt knapp 13 000 Euro beigetragen, sie wurde von der früheren Glashüttener Bürgermeisterin Jutta Nothacker vertreten. Rund 60 Menschen, darunter auch Ex-Bürgermeisterin Gisela Stang, viel Ortsprominenz und Hobbyforscher waren dazu und zum ersten geführten Rundgang mit Gronenborn an den Waldrand unterhalb des Meisterturms gepilgert. Immer wieder wurde die Gesellschaft am Fuß des Bergs, wo der Aufstieg zum Meisterturm beginnt, von Joggern und Waldläufern durchkreuzt, bei denen der Kapellenberg hoch in Kurs steht.

„Man könnte mit dem Berg sorgsamer umgehen“, mahnt prompt Professor Gronenborn und meint damit diejenigen, die wohl eher aus Unwissenheit über komplexe geschichtliche Zusammenhänge fahrlässig im Wald unterwegs sind. Wunderbar eignen sich die noch bestehenden Wälle als Rampen für wilde Flow Trails von Mountainbikern. Muss man gar nichts extra bauen. Die historischen Wälle aber leiden unter der Nutzung, die dereinst so nicht vorgesehen war.

Die Premieren-Wanderer rücken dem Wall nur behutsam näher, lassen sich lieber von der lauschigen Stimmung im morgendlichen feucht-warmen Regenwald und von den Worten des Experten inspirieren als vom sportlichen Rausch. Oben am so ziemlich höchsten Punkt der Strecke etwa, beim „Königsteiner Kreuz“, das darauf verweist, dass der Kapellenberg auch außerhalb von Hofheim von Bedeutung ist im Main-Taunus-Kreis bis hin in den Hochtaunus. Das Kreuz aus rotem Sandstein wurde 1792 am alten Königsteiner Weg aufgestellt, es ist noch heute jedes Jahr am ersten Sonntag im Juli Treffpunkt von Wallfahrern aus den umliegenden Gemeinden, um ein Gelöbnis von 1666 zu erfüllen. Damals, so heißt es, hätten Bürger Hofheims gelobt, jährlich eine Wallfahrt durchzuführen, wenn sie von der Pest verschont blieben. Ziel ist immer die Bergkapelle unterhalb des Meisterturms.

Zusätzliche Informationen:

Der „Archäologische Rundweg“ beginnt am Aufgang zum Meisterturm, abzweigend vom Kreuzweg. Er ist etwa 4,2 Kilometer lang, knapp 300 Höhenmeter sind zu bewältigen. Inklusive Studium der Tafeln und Stelen sollte man zwei Stunden einplanen. Einen Pausenort bietet die Waldgaststätte „Meisterturm“.

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