Unterwegs mit dem Blick des Fotografen

Lächelnd erinnert sich Dieter Nebhuth an die Entstehungsgeschichte dieser zwei besonderen Fotos: Das eine entstand während eines Chesna-Rundflugs über Steinbach, und um den Trachtenumzug in Steinbach in Thüringen besser aufs Bild zu bekommen, kletterte Nebhuth aus einem Fenster auf den Balkon eines Cafés an der Straße. Fotos: ach

Von Bettina Müller-Ifland

Steinbach . Wenn in der Stadt oder im Umland jemand mit der Kamera in der Hand gesichtet wird, dann stehen die Chancen gut, dass es sich um Dieter Nebhuth handelt. Seit 47 Jahren begleitet der Steinbacher mit seinen Fotografien die Stadt und ihre Menschen. Er dokumentiert damit auch ein Stück Zeitgeschichte.

Seit einer halben Stunde geht das schon so: Die Feuerwehr hält mal hier, mal da in Steinbach, die Drehleiter wird ausgefahren, in Position gebracht, der Mann im Leiterkorb späht hinunter, beugt sich hierhin und dorthin und – fotografiert.

Das war einer der ganz besonderen Momente in Dieter Nebhuths Leben, als seine Kameraden von der Steinbacher Feuerwehr ihm diesen fotografischen Ausflug mit der Drehleiter schenkten. Nicht ganz einfach zu organisieren, musste doch die Stierstädter Feuerwehr hinzugezogen werden, denn nur diese besitzt im gesamten Umkreis eine Drehleiter. Doch die Kameraden unterstützten bereitwillig diesen ungewöhnlichen fotografischen Ausflug, der zahlreiche einzigartige Bilder hervorbrachte, bis der zunehmende Regen die Rundfahrt beendete. Höher hinauf kam Nebhuth nur beim Rundflug mit einer Chesna in Begleitung einer Dame, die diesen Flug gewonnen hatte. Sie saß hinten, während er vorn neben dem Piloten Platz nehmen durfte und direkt hinunter fotografieren konnte. Der Pilot umkreiste Steinbach immer wieder, bis Nebhuth es von allen Seiten aufgenommen hatte – und ihm ein wenig schwindelig geworden war. Aber auch am Boden fand Dieter Nebhuth immer wieder spannende Motive und fing berührende und erstaunliche Momente ein.

Schlangen und rasende Radler

Unvergessen die Schlange im Kindergarten, ein echtes, lebendiges Reptil, das Arbeitskollege und Geflügelzuchtvereinsmitglied Norbert Voigt den Kindern zeigte. Die begeisterten Kinderaugen und die ausgestreckten Hände der Kleinen, die keine Scheu vor der doch recht großen Schlange zeigten, diese Momente fing Nebhuth ebenso ein mit dem Auge der Kamera, wie diese kurzen Momente, diese Sekunden, in denen eine Horde Radfahrer durch Steinbach saust, früher „Rennen rund um den Henninger Turm“ genannt, heute unter dem Namen „Radklassiker Eschborn- Frankfurt“ bekannt. Mit einer einfachen Kamera ohne technischen Schnickschnack gelangen Dieter Nebhuth stimmungsvolle, rasante Bilder, die ganz ohne Nachbearbeitung auskommen. Der 80-Jährige erklärt, alle seine Fotos bleiben grundsätzlich unbearbeitet, einen Computer besitzt er nicht.

In drei Jahren kann Dieter Nebhuth ein ungewöhnliches Jubiläum feiern. Seit 50 Jahren wird der Steinbacher dann durch den Sucher der Kamera auf seine Umgebung geblickt und so fotografierend das Zeitgeschehen dokumentiert haben. Mittlerweile ist seine fotografische Leidenschaft schon so bekannt, dass er bei Treffen mit Freunden und Bekannten gleich gefragt wird: „Wo hast’n dein Foto?“ Die winzig kleine Digitalkamera ohne viel Schnickschnack, die er immer bei sich trägt, kam schon oft zum Einsatz. Derzeit zeigt das Schaufenster von Elektro-Windecker in der Bahnstraße/Ecke Gartenstraße eine kleine Auswahl an Aufnahmen von Spazierwegen und Bäumen in den vielen unterschiedlichen Grüntönen des Sommers. Die Aufnahmen zeichnen dabei einen Rundweg um Steinbach nach, der vielen Bürgern vertraut ist. Das ist vielfach bei seinen Aufnahmen der Fall, sie bilden Ereignisse, Landschaften und Stadtansichten ab, die Nebhuths Mitmenschen vertraut sind, die ihre Heimat zeigen und sie an wichtige Ereignisse erinnern.

Fotos von Schutt und Staub

Ein ganz besonderes Ereignis und auch Erlebnis war für Dieter Nebhuth, als das alte Steinbacher Schwimmbad abgerissen wurde und er fotografierend Zeuge dieser Aktion wurde. Diese beeindruckenden Bilder und viele weitere sorgen immer wieder für Gesprächsstoff unter den Steinbachern, manchmal rätseln sogar Alteingesessene, was da eigentlich zu sehen ist. Das ist manchmal auch bei seinen vielen Aufnahmen von den Einsätzen mit der Feuerwehr der Fall. Nebhuth ist seit 1973 Mitglied der Steinbacher Feuerwehr, 1974 kam ihm erstmals die Idee, während eines Einsatzes zu fotografieren. Rückblickend betrachtet er diese Idee mit einem Schmunzeln: „Daraus wurde nichts, ich hatte ja schließlich was zu tun beim Einsatz!“. Doch die Idee, bei Einsätzen zu fotografieren, ließ ihn nicht los, und in den folgenden Jahren nahm mit zunehmender Routine auch die Anzahl der fotografisch festgehaltenen Momente bei den Einsätzen zu. Schließlich entstanden viele der mittlerweile über 1000 Fotos bei der Wehr und da diese keinen eigenen Pressewart hatte, übernahm Nebhuth diese Funktion über 25 Jahre hinweg gleich mit.

Erfolgreich mit dem „Frühschoppen“

Für seine Entwicklung als Fotograf war die Zeit, in der er für die Taunuszeitung fotografierte, eine wichtige Station. Damals wurden ihm in der Redaktion immer zwei Schwarz-Weiß-Filme ausgehändigt, die mit Aufnahmen zu füllen waren. „Da wurde das Interesse und auch die Traute geweckt, Menschen zu fotografieren“, erinnert sich Nebhuth an diese Zeit. Dass eine seiner spontanen Aufnahmen von Menschen in ihrer Freizeit einmal im Hessischen Landtag ausgestellt werden würde, ahnte er freilich nicht. Doch 1996 suchte die Hessische Staatskanzlei zum Jubiläum des Landes Bilder für die Ausstellung „Menschen sehen Hessen – 50 Amateurfotos aus 50 Jahren“. Nebhuth schickte, wie er sagte, „aus Spaß an der Freud halt auch was hin“. Tatsächlich wurde sein an einem Kerbemontag wie nebenbei geknipstes Foto „Frühschoppen Steinbach 95“ ausgewählt und hing dann im Landtag, beim Hessentag in Gelnhausen und auch auf der Kasseler „documenta-Halle“.

Das war sicher eine herausragende von den zahlreichen Ausstellungen des Hobby-Fotografen, der seine Kamera immer dabei hat und nicht nur in Steinbach, sondern überall, wo er hinkommt, fotografiert. Oft kann man seine Werke im Seniorenheim in der Sodenerstraße bewundern, wo ihm eine komplette Wand zur Verfügung gestellt wird. Eine größere Auswahl seiner Werke in seinem Standart-Maß von 20 mal 30 Zentimeter, die er immer wieder austauscht, ist auch in dem Glaskasten zu sehen, den ihm der Radsportverein schenkte, als dieser den Kasten nicht mehr anderweitig benötigte. Er befindet sich bei Elektro-Windecker um die Ecke in der Gartenstraße.

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